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Wasserwerfer gegen die Demonstranten. Die Polizei nahm zahlreiche Menschen in Hongkong fest.
© Tyrone Siu/Reuters
Update

Proteste gegen Sicherheitsgesetz und China: „Das Ende von Hongkong, wie die Welt es kannte“

Mit dem Sicherheitsgesetz weitet China die Macht über Hongkong weiter aus. Es gibt bereits Dutzende Festnahmen, die Polizei geht sogar mit Wasserwerfern vor.

Das neue Gesetz zum Schutz der nationalen Sicherheit in Hongkong ist noch schärfer als erwartet. Es gibt Chinas Organen weitreichende Vollmachten in der Sonderverwaltungsregion. Als Höchststrafe für Verstöße gegen das Gesetz ist lebenslange Haft vorgesehen, wie am Mittwoch aus dem vorliegenden Text hervorgeht.

Die ehemalige britische Kronkolonie wurde 1997 an China zurückgegeben. Entgegen der damals garantierten Freiheitsrechte und Autonomie des Territoriums können chinesische Stellen in Hongkong künftig eigenmächtig Ermittlungen ausführen und Rechtshoheit ausüben.

Einen Tag nach dem Inkrafttreten des umstrittenen Sicherheitsgesetzes in Hongkong ist die Polizei in der chinesischen Sonderverwaltungszone mit Wasserwerfern gegen Demonstranten vorgegangen. Um die Proteste aufzulösen, feuerte die Polizei mehrfach auch mit Tränengas aus den Wasserwerfern auf die Demonstranten, wie Reporter der Nachrichtenagentur AFP am Mittwoch berichteten. Dabei wurden Demonstranten sowie Journalisten getroffen, darunter auch AFP-Reporter

Bereits wenige Stunden nach Inkrafttreten gab es bei Protesten gegen das neue Gesetz mehr als 30 Festnahmen, teilte die Polizei mit. Die Einsatzkräfte gingen auch mit Wasserwerfern gegen die Demonstranten vor. Um die Proteste aufzulösen, feuerte die Polizei mehrfach auch mit Tränengas aus den Wasserwerfern auf die Demonstranten, wie Reporter der Nachrichtenagentur AFP am Mittwoch berichteten. Dabei wurden Demonstranten sowie Journalisten getroffen.

Die Menschen hatten sich in kleinen Gruppen im beliebten Einkaufsviertel Causeway Bay versammelt. Die Polizei hatte die Proteste verboten. Als Gründe wurden Verstöße gegen das neue Gesetz, das Versammlungsverbot oder auch Behinderung der Polizei genannt, wie Hongkonger Medien berichteten.

Die erste Festnahme nach dem neuen Gesetz war nach Polizeiangaben ein junger Mann, der im Stadtviertel Causeway Bay eine Flagge mit der Forderung nach einer Unabhängigkeit Hongkongs gezeigt hat. Ein Großaufgebot von Sicherheitskräften riegelte mehrere Blocks in dem belebten Einkaufsviertel ab, um die Demonstranten zu vertreiben. Augenzeugen berichteten unter anderem vom Einsatz von Pfefferspray.

Ein Gesetz, das polarisiert. Bereits am Mittwoch gab es erste Festnahmen, aber auch Feierlichkeiten.
Ein Gesetz, das polarisiert. Bereits am Mittwoch gab es erste Festnahmen, aber auch Feierlichkeiten.
© Wang Shen/dpa

Zeitgleich mit dem Inkrafttreten des neuen Gesetzes beging die Metropole am Mittwoch den 23. Jahrestag des Souveränitätswechsels am 1. Juli 1997. Auf einem weiträumig abgesperrten Areal am Hafen wurden die Flaggen der Volksrepublik und Hongkongs gehisst.

Regierungschefin Carrie Lam äußerte die Hoffnung, dass mit dem neuen Sicherheitsgesetz wieder „Frieden“ einkehren werde. Die Polizei hatte das Verbot der Proteste mit der Corona-Pandemie und der „anhaltenden soziale Unruhe“ in der asiatischen Hafenstadt begründet.

Parlament in China trotzt weltweiter Kritik

Ungeachtet weltweiter Kritik hatte der Ständige Ausschuss des nicht frei gewählten chinesischen Parlaments in Peking das – bis zu seinem Inkrafttreten in der Nacht zum Mittwoch – geheim gehaltene Dekret einstimmig verabschiedet.

„Es markiert das Ende von Hongkong, wie die Welt es kannte“, meinte der bekannte Hongkonger Aktivist Joshua Wong. Andere sehen ein Ende des Grundsatzes „ein Land, zwei Systeme“, nach dem Hongkong bisher größere Freiheitsrechte genossen hat als die Volksrepublik. Die Bestimmungen gehen auch deutlich weiter, als viele befürchtet hatten.

So können Agenten aus Festlandchina von Mittwoch an Untersuchungen gegen Verdächtigte in Hongkong einleiten. Das Oberste Gericht Chinas kann „komplizierte“ Fälle, in denen es beispielsweise um ausländische Einmischung geht, an eine Staatsanwaltschaft und ein Gericht in der Volksrepublik anweisen. Damit werden Verdächtigte ausgeliefert und der nicht unabhängigen Justiz in China ausgesetzt.

Ähnlich war es schon in dem Auslieferungsgesetz vorgesehen, das vor einem Jahr die sozialen Unruhen in Hongkong ausgelöst hatte. Nach Massendemonstrationen hatte die Regierung das Auslieferungsgesetz zurückgezogen. Bei den seither anhaltenden Protesten forderten die Demonstranten vor allem mehr Demokratie. Stattdessen reagierte die kommunistische Führung in Peking mit dem Sicherheitsgesetz, das eine Umgehung der Hongkonger Justiz und ihrer Schutzmechanismen erlaubt.

Das Gesetz richtet sich unter anderem gegen „Abspaltung“ oder „Untergrabung der nationalen Einigung“. Genannt werden Bemühungen, eine Unabhängigkeit Hongkongs oder anderer Gebiete anzustreben, die Peking als Teil der Volksrepublik ansieht. Damit kann es auch um Taiwan, Tibet oder Xinjiang gehen. Bestraft wird auch „Untergrabung der Staatsgewalt“, was heute in der Volksrepublik schon im Umgang mit Bürgerrechtlern sehr weit interpretiert wird - etwa wenn die Zentralgewalt mit Forderungen nach Demokratie in Frage gestellt wird.

Chinesisches Sicherheitsbüro mit Ermittlern in Hongkong

Ferner richtet sich das Gesetz gegen „terroristische Aktivitäten“. Dazu zählt Gewalt gegen Personen, Brandstiftung und die Zerstörung von Transporteinrichtungen. In diese Kategorie gehört damit auch Vandalismus in U-Bahnstationen wie bei den Ausschreitungen im vergangenen Jahr. Das Gesetz bestraft auch „geheime Absprachen“ mit Kräften im Ausland. Es kann sich auf den Ruf nach Sanktionen oder „feindliche Aktivitäten“ gegen Hongkong oder China beziehen.

In Hongkong wird ein chinesisches Sicherheitsbüro mit Ermittlern eingerichtet, die mit Zustimmung der Zentralregierung Fälle übernehmen. Die chinesischen Agenten unterliegen nicht der Hongkonger Polizei oder Justiz.

Mit Zustimmung der Hongkonger Regierungschefin können sie Kommunikation von Verdächtigten abfangen und verdeckt ermitteln. Außerdem wird eine Kommission zum Schutz der nationalen Sicherheit mit Hongkongs Regierung und Vertretern der Pekinger Zentralregierung eingerichtet. Ihre Arbeit bleibt aber geheim.

Weltweit hagelte es Kritik. US-Außenminister Mike Pompeo sagte, mit dem „drakonischen“ Gesetz „zerstört“ China die Autonomie Hongkongs. Die „Paranoia und Angst“ der kommunistischen Führung hätten zur Abschaffung der Freiheiten geführt, die Hongkong bisher zu einer Erfolgsgeschichte gemacht hätten. „Heute ist ein trauriger Tag für Hongkong und für jene Menschen in China, die Freiheit wertschätzen.“ Die USA würden nicht tatenlos zusehen. (dpa, AFP, Tsp)

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