Arbeitsmarkt für Flüchtlinge: Zum Nachteil der Frauen
Im Januar 2017 waren 178.000 Flüchtlinge in Deutschland arbeitslos gemeldet. Vor allem geflüchtete Frauen werden seltener von den Arbeitsagenturen gefördert als Männer.
Als im Jahr 2015 hunderttausende Flüchtlinge nach Deutschland kamen, beschrieb Arbeitsministerin Andrea Nahles die Aufgabe, vor der die Arbeitsmarktpolitik steht: „Aus den Flüchtlingen sollen möglichst schnell Nachbarn und Kollegen werden“, sagte die Sozialdemokratin. „Die Menschen wollen lernen, und sie wollen arbeiten.“ Nahles warnte aber auch vor falschen Erwartungen. Es werde eine Weile dauern, bis die Vermittlung in Jobs gelinge, sagte sie. Der syrische Arzt sei schließlich „nicht der Normalfall“. Erst einmal werde daher die Zahl der Arbeitslosen steigen.
Mit dieser Prognose hat Nahles recht behalten. Seit Mitte 2016 erhebt die Bundesagentur für Arbeit (BA) Daten, die Aufschluss über die Arbeitsmarktintegration von Flüchtlingen geben. Die Arbeitslosigkeit ist seitdem kontinuierlich gestiegen. Im Januar 2017 waren 178 000 Flüchtlinge arbeitslos gemeldet, gut ein Drittel mehr als noch im Juni 2016.
Die Statistik zeigt außerdem, dass Frauen deutlich seltener mit Instrumenten der aktiven Arbeitsmarktpolitik gefördert werden. Im Auftrag der Grünen-Arbeitsmarktexpertin Brigitte Pothmer hat die Bundesregierung Daten zum Einsatz arbeitsmarktpolitischer Instrumente zusammengestellt. Die neuesten Zahlen stammen aus dem Oktober 2016. Zu dem Zeitpunkt waren von 157.000 arbeitslosen Flüchtlingen knapp 76.000 in einer arbeitsmarktpolitischen Maßnahme, also jeder zweite.
Nur jede vierte geflüchtete Frau profitiert von der Förderung
Doch nur jede vierte geflüchtete Frau profitierte von dieser Förderung (26 Prozent), bei den Männern war der Anteil mit 57 Prozent deutlich höher. Pothmer hält diese Zahlen für „besorgniserregend“. Geflüchtete Frauen brächten in der Regel weniger Erwerbserfahrung und einen niedrigeren Bildungsstand mit als die Männer, sagte sie dem Tagesspiegel. „Sie brauchen also mehr Förderung und nicht weniger.“
Pothmer hält es für einen der größten integrationspolitischen Fehler der Vergangenheit, sich ausschließlich auf die Männer zu konzentrieren und die Arbeitsmarktintegration der Frauen zu vernachlässigen – sei es in der Gastarbeiterpolitik oder während der Fluchtbewegungen der 90er Jahre. Den Frauen in Arbeit zu verhelfen, sei nicht nur wichtig für ihre Existenzsicherung, sondern auch eine wichtige Voraussetzung dafür, dass sich deren Kinder „gut in unsere Gesellschaft mit ihren Werten“ integrierten, stellt Pothmer fest.
Erste Ansätze zur gezielten Förderung von Frauen gibt es. Im Januar startete in Berlin ein Modellprojekt (Point), das sich an allein geflüchtete Frauen richtet. Doch man brauche bundesweite Programme, fordert Pothmer. Außerdem sollten Maßnahmen der Arbeitsförderung so organisiert werden, dass sie in Teilzeit absolviert werden können. Währenddessen müsse die Kinderbetreuung sichergestellt werden. Gerade niedrigschwellige Angebote sollten verstärkt auch in reinen Frauengruppen stattfinden.