AfD erstellt Grundsatzprogramm: Zentralrat der Juden und Volker Beck verurteilen Islam-Beschluss
"Der Islam gehört nicht zu Deutschland": Nach einer langen, teils chaotischen Debatte hat die AfD ihre Ablehnung im Parteiprogramm verankert. Auch EU und Atomwaffen sind Themen.
Die rechtspopulistische AfD hat die Ablehnung des Islam in ihrem Grundsatzprogramm verankert. Die über 2000 Mitglieder des Parteitags in Stuttgart forderten am Sonntag mit großer Mehrheit Einschränkungen für Muslime. Unter der Überschrift "Der Islam gehört nicht zu Deutschland" sprachen sie sich für ein Verbot der Vollverschleierung aus und lehnten Minarette ebenso wie den Muezzin-Ruf ab. Zudem sollen Imane nach dem Willen der AfD an deutschen Universitäten ausgebildet werden. Der Entwurf des Vorstandes wurde im wesentlichen gebilligt.
Die entsprechende Passage zog umgehend Kritik auf sich. Der Zentralrat der Juden in Deutschland warf der AfD noch am Sonntag vor, mit ihrem Grundsatzprogramm den Boden des Grundgesetzes zu verlassen. „Die programmatischen Beschlüsse der AfD vom Wochenende haben die religionsfeindliche Haltung dieser Partei glasklar deutlich gemacht“, erklärte der Präsident des Zentralrates, Josef Schuster. Vor allem die gegen den Islam gerichteten Aussagen zeigten die Intoleranz und Respektlosigkeit der Partei vor religiösen Minderheiten in Deutschland. Dies drücke sich auch in der Ablehnung des Schächtens aus.
„Die Beschlüsse der AfD stellen daher auch einen Angriff auf das Judentum in Deutschland dar, den wir nicht hinnehmen dürfen“, unterstrich Schuster. „Die Ausführungen im Parteiprogramm sind der durchsichtige Versuch, unsere Gesellschaft zu spalten und das friedliche Miteinander zu hintertreiben.“
Auch der Grünen-Politiker Volker Beck kritisierte die Partei. Die AfD stelle die grundgesetzlich garantierte Religionsfreiheit in Frage, schrieb er bei Twitter. "Islam, Christentum, Judentum - Religionen sind keine historischen Subjekte, sondern immer die Gläubigen, die ihren Glauben interpretieren", sagte er weiter.
Von Storch: "Differenzieren zwischen individuellem und politischem Islam"
Die Stimmung in Stuttgart war aufgeheizt. Pfiffe erntete ein AfD-Mitglied, das sich eine differenziertere Diskussion wünschte. Der Mann sagte: „Wir machen Politik ohne Freund-Feind-Rhetorik.“ Die Religionsfreiheit sei ein hohes Gut. Seinen Parteifreunden empfahl er die Lektüre der Ring-Parabel von Gotthold Ephraim Lessing, einem Aufruf zu religiöser Toleranz.
Vize-Parteichefin Beatrix von Storch hielt dem entgegen, die Partei differenziere sehr wohl zwischen dem individuellen und politischen Islam. „Wir meinen nicht, alle Muslime auszuweisen.“ Ein Passus im Programmentwurf, nach dem Bemühungen um Reformen des Islams unterstützt werden, wurde auf Antrag des Islamwissenschaftlers Hans-Thomas Tillschneider gestrichen. Er hatte argumentiert, es sei „lächerlich“, dem Islam Aufklärung „einimpfen“ zu wollen.
Die Debatte über das in der Partei besonders beachtete Thema Islam verlief über lange Strecken chaotisch. Das Parteitagspräsidium stellte fest, es sei deutlich länger über Geschäftsordnungsanträge debattiert worden als über die eigentliche Haltung zum Islam. So scheiterte Parteichefin Frauke Petry mit den dem Antrag, die Debatte auf 60 Minuten festzulegen, beschlossen wurden 30 Minuten.
Im Programm heißt es nun: „Ein orthodoxer Islam, der unsere Rechtsordnung nicht respektiert oder sogar bekämpft und einen Herrschaftsanspruch als alleingültige Religion erhebt, ist mit unserer Rechtsordnung und Kultur unvereinbar.“ Ferner fordert die Partei, die Finanzierung des Baus und des Betriebs von Moscheen durch islamische Staaten oder ausländische Geldgeber zu unterbinden. Die AfD lehnt das Minarett als „islamisches Herrschaftssymbol“ ebenso ab wie den Muezzinruf. In Schulen sollen weder Lehrerinnen noch Schülerinnen das islamische Kopftuch tragen dürfen.
Einwanderung generell ablehnen - oder lieber nicht?
Heftig gestritten wurde über ein generelles Verbot von Einwanderung. Nachdem die Teilnehmer des Parteitages am Samstagabend in ihr Programm geschrieben hatten, „Einwanderung, insbesondere aus fremden Kulturbereichen“ sei grundsätzlich abzulehnen, wiesen einige Mitglieder am Sonntag darauf hin, dass die AfD sich in ihrer Anfangsphase immer für eine kontrollierte Zuwanderung von Fachkräften nach dem Vorbild Kanadas eingesetzt habe. Von dieser Linie sollte man jetzt nicht abweichen.
Einige Redner erklärten, problematisch sei vor allem die Zuwanderung von Muslimen. Christliche Migranten aus Asien sollte man willkommen heißen. Schlussendlich wurden einige beschlossene radikale Formulierungen gekippt. Stattdessen heißt es im Parteiprogramm jetzt: „Für den Arbeitsmarkt qualifizierte Einwanderer mit hoher Integrationsbereitschaft sind uns willkommen.“
Die AfD sprach sich ferner dafür aus, die Befugnisse Brüssels zu beschneiden. Sollte dies nicht geschehen, will sich die AfD für einen Austritt Deutschlands aus der EU einsetzen. Parteichefin Frauke Petry betonte, dies sei eine langfristige Perspektive.
AfD auch gegen Atomwaffen
Die AfD hat sich für den Abzug ausländischer Truppen und Atomwaffen aus Deutschland ausgesprochen. Man müsse sich von der „Hegemonialmacht“ USA emanzipieren, betonte Wolfgang Gedeon, Landtagsabgeordneter aus Baden-Württemberg, am Sonntag beim Bundesparteitag der AfD in Stuttgart.
Im vergangenen September hatte sich auch die damalige rot-grüne Landesregierung in Rheinland-Pfalz gegen eine Lagerung von Nuklearwaffen in Deutschland ausgesprochen. Damals wurde kolportiert, dass die USA neue Atombomben auf dem Bundeswehr-Fliegerhorst Büchel lagern wollte. (Reuters, dpa)