Polen: Zentralrat der Juden besorgt über Holocaust-Gesetz
Polens geplantes Holocaust-Gesetz ist umstritten. Nun drängt auch der Zentralrat der Juden in Deutschland auf eine Überarbeitung - in der bisheriger Form sollte es nicht in Kraft treten.
Es kommt eher selten vor, dass sich der Zentralrat der Juden aufgefordert fühlt, die Gesetzgebung eines anderen Staates zu hinterfragen.
Doch Polens umstrittenes, auch von Israel heftig kritisiertes Holocaust-Gesetz beunruhigt die jüdische Gemeinschaft in Deutschland offenbar sehr. So sehr, dass Zentralratspräsident Josef Schuster nun an den polnischen Botschafter geschrieben hat, um seine Bedenken kundzutun. Er hoffe, „dass es in dieser Form nicht in Kraft tritt.“
"Heldenhafter Einsatz"
In dem Schreiben, das dem Tagesspiegel vorliegt, heißt es: „Die deutschen Konzentrations- und Vernichtungslager waren Zentrum der nationalsozialistischen Mordmaschinerie.“ Sie als „polnisch“ zu titulieren, sei daher vollkommen inakzeptabel. Zumal viele jüdische Polen ihr Leben dem „heldenhaften Einsatz“ polnischer Bürger verdankten.
Doch das Gesetz sei viel zu vage formuliert – und daher dazu geeignet, jede Person zu bestrafen, die von Untaten polnischer Bürgerinnen und Bürger berichte. „Dies kann vor allem Schoah-Überlebende betreffen, die von ihrem Schicksal berichten.“
Denn während der NS-Zeit habe es auch in Polen Menschen gegeben, die sich unehrenhaft verhalten hätten. Schuster erinnert in seinem Brief an Botschafter Andrzej Przylebski etwa an das Pogrom von Jedwabne. Im Juli 1941 war die jüdische Bevölkerung von ihren Nachbarn in eine außerhalb des Dorfes gelegene Scheune getrieben und bei lebendigem Leib verbrannt worden.
Bis zu drei Jahre Haft
Das Holocaust-Gesetz sieht unter anderem Geldstrafen oder bis zu drei Jahre Haft vor, wenn jemand „öffentlich und entgegen den Fakten“ dem polnischen Volk oder Staat die Verantwortung oder Mitverantwortung für vom „Dritten Reich“ begangene Nazi-Verbrechen zuschreibt.
Kritiker befürchten, das Gesetz könnte benutzt werden, um die Verantwortung von Polen bei Verbrechen an Juden zu leugnen, selbst wenn sie nachgewiesen sei.