Streit um Symbole syrischer Kurden: YPG-Fahnen bei Demos in Berlin erlaubt
Die Bundesregierung hatte Symbole syrischer Kurden bei mutmaßlicher PKK-Nähe verboten. Das ist rechtlich kaum durchsetzbar. Nun will Berlins Polizei YPG-Fahnen nicht mehr verfolgen.
Deutsche Behörden streiten über den Umgang mit kurdischen Symbolen. Welche Fahnen und Bilder wann genau verboten sind, das handhabt die Polizei in den Bundesländern unterschiedlich. Zumindest in Berlin herrscht nun vor dem kurdischen Neujahrsfest (Newroz) am 21. März und möglichen weiteren Protesten gegen den türkischen Einmarsch ins kurdisch-syrische Afrin mehr Klarheit: Demonstranten dürfen in der Hauptstadt doch Symbole der syrisch-kurdischen Partei PYD und ihrer Miliz YPG zeigen. Vergangenes Jahr hatte die Berliner Polizei derartige Fahnen beschlagnahmt. Damals hatten Oppositionelle aus der Türkei, Syrien und Irak gegen den „Islamischen Staat“ (IS) protestiert. Ein Syrer hatte gegen das Verbot der Logos vor dem Verwaltungsgericht Berlin geklagt.
Berliner Polizei duldet Symbole von YPG und PYD
Nach Tagesspiegel-Informationen erklärte die Polizeiführung dem Gericht, solche Verbote „nicht mehr anordnen“ zu wollen. Für die meist säkularen Kurden, die der PYD nahestehen, bedeutet das zunächst Rechtssicherheit. „Es ist zu begrüßen, dass die Berliner Polizei ihre falsche Rechtsauffassung revidiert hat“, sagte Peer Stolle, der Anwalt des Klägers. Berlins Innensenator Senator Andreas Geisel (SPD) ist über die neue Linie informiert. „Wir haben in Berlin zunehmend Proteste internationaler Gruppen, darauf muss die Polizei mit Augenmaß reagieren“, sagte Geisel dem Tagesspiegel. „Und nur Symbole verfolgen, die tatsächlich strafrechtlich relevant sind.“
Hintergrund der verwirrend anmutenden Debatte ist die PYD-Entscheidung des Bundesinnenministeriums von 2017 und das PKK-Verbot von 1993. Seit vergangenem Jahr dürfen Symbole der syrisch-kurdischen PYD und YPG nicht öffentlich gezeigt werden, wenn sie Chiffren für die Kurdische Arbeiterpartei PKK sein könnten. Beide Parteien gelten als Schwesterverbände und berufen sich auf PKK-Gründer Abdullah Öcalan, der auf einer türkischen Gefängnisinsel in Haft sitzt. Die PYD ist nur in der Türkei verboten und wird international als Vertretung der Kurden in der nordsyrischen Autonomiezone anerkannt. Das Verbot syrisch-kurdischer Symbole auf deutschen Straßen, beweise wie „anachronistisch“ auch das PKK-Verbot sei, sagte Anwalt Stolle. Politiker der Linkspartei, vereinzelt auch aus SPD und CDU, regten an, das PKK-Verbot zu revidieren.
Gerichte in Aachen und München bestrafen YPG-Fahnen nicht
Weil der Beschluss des Bundesinnenministeriums von 2017 viele Interpretationen zulässt, wird der Umgang mit kurdischen Symbolen bislang fallweise bewertet. So hatte das Amtsgericht Aachen einen Strafbefehl der Staatsanwaltschaft gegen einen Mann abgelehnt, der eine YPG-Fahne auf seiner Facebook-Seite gepostet hatte.
Das Landgericht Aachen schloss sich dem nun an, denn das Zeigen jenes Logos könne nur bestraft werden, wenn die Bilder ersatzweise für Kennzeichen der PKK verwendet werden. Ähnlich urteilte das Amtsgericht München, als es einen Strafbefehl wegen etwaigen Verstoßes gegen das Vereinsgesetz ablehnte, obwohl Bayerns Polizei energisch gegen kurdische Symbole vorgeht.
Findet das kurdische Newroz-Fest in Hannover statt?
Der Druck auf die PKK in Deutschland ist hoch, die türkische Staatsführung hat die Bundesregierung erst in diesen Tagen gebeten, ihn noch zu erhöhen. Die Stadt Hannover kündigte an, das dort geplante, zentrale Newroz-Fest verbieten zu wollen. Der linke kurdische Anmelderverein stehe der PKK nahe, hieß es, was der Verein zurückweist. Nun soll ein anderes Bündnis das Newroz-Fest ausrichten. YPG-Einheiten verteidigen seit Wochen die nordsyrische Enklave Afrin gegen türkische und islamistische Truppen. Die YPG war im Anti-IS-Kampf noch von den USA unterstützt und von Russland geduldet worden. Die insgesamt rund 30 Millionen Kurden im Nahen Osten leben in vier Staaten. Nicht nur die PYD in Syrien und die PKK in der Türkei, auch konservativere Kurden in Irak und Iran kämpfen um Autonomie.