Ferien in Corona-Zeiten: Wo und wann kann man wieder ins Ausland reisen?
Pfingst- oder Sommerurlaube sind erst einmal nur im Inland möglich. Ab Juli könnte es wieder grenzüberschreitende Reisen geben. Alles, was man dazu wissen muss.
Die Bürger in Deutschland und Europa sind verunsichert: Soll und darf man in Corona-Zeiten überhaupt noch einen Urlaub planen? Jetzt kommt von unterschiedlicher Seite Bewegung in die Frage. So kündigte Kanzlerin Angela Merkel (CDU) am Dienstag in der Unionsfraktion einen Stufenplan zur kompletten Öffnung an, die EU-Kommission will am Mittwoch einen Plan für eine Lockerung bis hin zu einer Perspektive für den Tourismus vorlegen.
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Durch die Pandemie ist ein mehr oder weniger problemloser Grenzübertritt im Schengengebiet, zu dem sämtliche Nachbarstaaten Deutschlands gehören, derzeit meist nur noch für Berufspendler mit Bescheinigung und für den Warenverkehr möglich.
Aber mehr als acht Wochen nach Beginn der Grenzkontrollen, die im Schengenraum wegen der Viruspandemie verhängt worden sind, ist damit auch hier etwas Entspannung in Sicht. Und damit wachsen die Chancen für den Sommerurlaub.
Was fordert die EU-Kommission?
Sie wird am Mittwoch Empfehlungen an die Mitgliedstaaten veröffentlichen, wie die gesamte Europäische Union bei einem schrittweisen Abbau der Beschränkungen an den Grenzen vorgehen könnte. Dabei verzichtet die Brüsseler Behörde bei ihrem Plan für eine Rückkehr zum kontrollfreien Reisen im Schengenraum darauf, den Ländern strikte Zeitvorgaben zu machen. Laut dem Entwurf für den Brüsseler Lockerungplan wird den Mitgliedsstaaten ein „stufenweises und koordiniertes Vorgehen“ ans Herz gelegt.
Die Behörde schlägt vor, dass die Beschränkungen an den Grenzen zunächst in jenen Regionen fallen, in denen auf beiden Seiten der Übergänge eine ähnliche Verbreitung des Virus vorherrscht – immer unter der Voraussetzung, dass es bei den derzeitigen vergleichsweise niedrigen Infektionszahlen bleibt.
Eine weitere Voraussetzung ist, dass es in den jeweiligen Regionen genügend Kapazitäten bei Tests und Intensivbetten gibt. Zudem will die Kommission Empfehlungen für eine Wiederaufnahme des grenzüberschreitenden Tourismus geben. Die Lockerungen für Urlauber liegen allerdings in weiterer Ferne als die Streichungen einzelner Einschränkungen im Grenzverkehr. Zum Beispiel um Verwandte besuchen zu können.
Für die Sommermonate will die Kommission die Wiederbelebung des grenzüberschreitenden Tourismus ermöglichen. Insgesamt wächst der Druck auf Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU), die Einschränkungen an den Grenzen nicht über den 15. Mai hinaus zu verlängern. Die Sache ist allerdings kompliziert, weil bislang jeder Mitgliedstaat im Schengen-Raum eigene Regeln für die Kontrollen zu den Nachbarstaaten aufstellt – doch eine Grenze ist nur dann richtig offen, wenn sie von zwei Seiten geöffnet wird.
So sucht Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) eine enge Abstimmung gerade mit dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron und dem österreichischen Kanzler Sebastian Kurz. Zunächst könnten die Kontrollen gelockert werden und dann beidseitig zu einem fest verabredeten Zeitpunkt ganz wegfallen, es ist die Rede von Mitte Juni bis spätestens Juli.
Sind Pfingst- oder Sommerurlaube möglich?
Erst einmal nur im Inland. Die meisten Bundesländer öffnen ab Montag, dem 25. Mai, wieder Hotels für alle Bürger in Deutschland, also in der Woche vor dem Pfingstwochenende. Da seitens des Auswärtigen Amtes eine weltweite Reisewarnung bis 14. Juni gilt, sind Reisen ins Ausland ohne triftigen Grund schwerlich möglich. Wegen der erheblichen Verwerfungen in der Tourismuswirtschaft wächst aber der Druck, dass spätestens ab Juli wieder Reisen möglich sein sollen.
Und Unternehmen stellen sich fest darauf ein. Der Billigflieger Ryanair plant einen Neustart mit fast 1000 Flügen täglich ab 1. Juli. Damit sollen aus dem Stand 40 Prozent der Linienflüge wieder aufgenommen und 90 Prozent des Streckennetzes bedient werden. Derzeit bietet Europas größter Billigflieger gerade mal 30 Flüge täglich an. Entscheidend werden aber EU-weit abgestimmte Gesundheits- und Hygienevorschriften an Flughäfen und in den Flugzeugen sein. Sicher kommen wird hierbei eine Maskenpflicht.
Der Tourismusbeauftragte der Bundesregierung, Thomas Bareiß, hält trotz Covid-19 Sommerurlaub in vielen EU-Ländern für möglich, auch auf Mallorca oder den griechischen Inseln, falls es dort kaum noch Neuinfektionen gibt.
Es laufen intensive Gespräche auf EU-Ebene und mit der Weltorganisation für Tourismus über einheitliche Standards. Diskutiert wird zum Beispiel ein festes Hygienekonzept für Hotels. Die Bilder von Schlangen und Selbstbedienung an Frühstücksbuffets dürften erst einmal der Vergangenheit angehören.
Wie ist die Situation an der deutsch-französischen Grenze?
Seit dem Beginn der Pandemie sind mehrere Übergänge zwischen Deutschland und Frankreich, die zunächst komplett geschlossen waren, inzwischen wieder geöffnet worden. So wurde am vergangenen Montag der Übergang auf der Rheinbrücke zwischen Neuenburg am Rhein und Chalampé für den Autoverkehr wieder geöffnet. Allerdings stehen hier wie auch an den übrigen deutsch-französischen Kontrollpunkten die Bundespolizei und die Kollegen aus dem Nachbarland: Nach Frankreich darf nur reisen, wer einen triftigen Grund hat. Dies gilt unter anderem für Berufspendler oder medizinisches Personal.
Derweil hantieren die Regierungen in Berlin und Paris mit Blick auf einen möglichen vollständigen Wegfall der Kontrollen mit ganz unterschiedlichen Zeitvorgaben: Während auf deutscher Seite die Kontrollen zumindest bis zum kommenden Freitag fortgesetzt werden sollen, gelten die Grenzkontrollen auf französischer Seite im Grundsatz sogar noch bis Mitte Juni. In Frankreich bestehen die Einschränkungen im Grenzverkehr fort, obwohl die strikte Ausgangssperre im Nachbarland seit Montag aufgehoben ist.
Wie ist die Lage an den östlichen Grenzen zu Polen und Tschechien?
Die Coronazahlen in den Nachbarstaaten, die für die Berlinerinnen und Berliner am nächsten liegen, sind beruhigend niedrig. Dennoch bleiben die Grenzen zu Polen und zur Tschechischen Republik für die Allgemeinheit noch auf Wochen geschlossen. Denn deutsche Besucher gelten dort als Risiko. Tschechien zählte am Dienstag 8177 Infizierte, Polen 16.561, Deutschland 172.626. Tschechien hat die generelle Einreisebeschränkung soeben bis zum 13. Juni verlängert.
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Auch Polens Regierung hält die Öffnung einzelner Grenzen frühestens im Juni oder Juli für denkbar, sagt Andrzej Gut-Mostow, Vizeminister für Wirtschaftsförderung. Er denkt dabei aber nicht an die Grenze zu Deutschland, sondern an die Grenzen zu Tschechien und zur Slowakei sowie den Reiseverkehr mit Ungarn. Polen und Tschechien lassen jedoch Warenverkehr unbegrenzt zu. Lkw-Fahrer und anderes Logistik-Personal haben Ausnahmegenehmigungen für die Ein- und Ausreise.
Die Auflagen für Berufspendler wurden kürzlich gelockert, nicht zuletzt dank intensiver Bitten deutscher Landesregierungen, die zum Beispiel Krankenschwestern und Pflegepersonal aus Polen und Tschechien benötigen. Wenn sie sich regelmäßig testen lassen, müssen sie nach der Heimkehr nicht mehr in Quarantäne. Polen hat jedoch Ärzte, Krankenschwestern und Medizintechniker von dieser Lockerung ausgenommen.
Tschechien lässt Menschen, die „wegen wirtschaftlicher Tätigkeit“ ein- und ausreisen müssen, passieren, sofern sie einen negativen Corona-Test vorlegen. Nach jetzigem Stand deutet nichts darauf hin, dass Deutsche auf einen Sommerurlaub in Böhmen, den Karpaten oder an den Masurischen Seen hoffen dürfen.
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Wie sieht es an Deutschlands südlichster Grenze mit Österreich aus?
Noch gelten dort strenge Einreisebeschränkungen, Pendler oder LKW-Fahrer, die einreisen, müssen „einen negativen molekularbiologischen Test auf SARS-CoV-2“ dabei haben, der nicht älter als vier Tage ist. Österreichs Kanzler Sebastian Kurz setzt darauf, dass es „noch vor dem Sommer“ zum Öffnen der Grenze zu Deutschland kommen wird, also bis etwa Mitte Juni.
In jedem Fall wird sich auch der Tourismus verändern, zum Beispiel in Tirol, wo mit Ischgl ein zentraler Hot Spot der Ausbreitung lag. „Dieser übertriebene Party-Tourismus ist nicht notwendig“, sagt Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP). „Der Fokus auf Sport und Natur tut uns, glaube ich, nach den Ereignissen der letzten Wochen sehr gut“, ergänzt seine Stellvertreterin Ingrid Felipe (Grüne).
Auch das an Österreich grenzende Südtirol setzt auf baldige Lockerungen. Landeshauptmann Arno Kompatscher rechnet damit, dass deutsche Touristen ab Sommer wieder in die italienische Provinz reisen können. Im BR sagte er, er hoffe, dass die Reisefreiheit von Juni an und spätestens im Juli zumindest teilweise wieder hergestellt sei.
Was gibt es an den übrigen Grenzen für Regelungen?
Rein theoretisch könnte nach Wochen der Corona-Einschränkungen zu Pfingsten zum Beispiel der beliebte Radweg von Berlin nach Kopenhagen ein schönes Projekt sein. Nach Mecklenburg-Vorpommern und zum Hafen nach Rostock würde man kommen. Aber das Problem wäre der Grenzübertritt per Fähre nach Gedser, gleiches gilt für Einreisen über Schleswig-Holstein.
Über die Fährverbindungen nach Dänemark dürfen derzeit im Prinzip nur Pendler und Lastwagen zum Warentransport einreisen. Die dänische Grenze ist für Reisen ohne triftigen Grund bis mindestens 31. Mai geschlossen. Etwas anderes sieht es in westlichen Nachbarländern aus. Die Übergänge zu den Niederlanden sind nicht geschlossen. Allerdings müssen Rückkehrer aus den Niederlanden, die der Polizei bei einer Schleierfahndung im 30-Kilometer-Grenzbereich ins Netz gehen, damit rechnen, in eine zweiwöchige Quarantäne geschickt zu werden. Dies gilt auch für die deutsch-belgische Grenzregion, wo Reisen ohne triftigen Grund ebenfalls verboten sind.
Noch strikter sind die Überprüfungen an den Grenzen zu Luxemburg und der Schweiz: Hier führt die Bundespolizei stationäre Kontrollen durch.
Warum sind die Quarantäne-Regelungen problematisch?
Bisher gilt: Deutsche oder Personen mit Aufenthaltsgenehmigung für Deutschland, die aus dem Ausland zurück nach Deutschland einreisen, müssen sich in eine zweiwöchige häusliche Quarantäne begeben und sich beim örtlichen Gesundheitsamt melden. Für Niedersachsen wurde das nun außer Kraft gesetzt.
Das Oberverwaltungsgericht in Lüneburg gab im Eilverfahren der Klage eines Mannes statt, der sich dagegen gewehrt hatte, nach der Rückkehr nach Deutschland für 14 Tage in Quarantäne gehen zu müssen. Einreisende aus dem Ausland könnten „nicht pauschal als Krankheits- oder Ansteckungsverdächtiger angesehen werden“, betonten die Richter. Die weltweiten Corona-Fallzahlen ließen nicht mehr zu, Einreisende zur Quarantäne zu verpflichten.
Auch der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) plant wegen des Urteils für sein Bundesland eine Überprüfung der Pflicht zur Quarantäne.
Die Weltgesundheitsorganisation zweifelt den Nutzen von Grenzschließungen im Kampf gegen das Virus an – wissenschaftliche Belege für einen Effekt sind dünn. Auch das Robert-Koch-Institut hält Grenzöffnungen in Europa für möglich. Wenn es einen Gleichklang und eine ähnliche epidemiologische Situation in den Nachbarstaaten gebe, könne man eine solche Grenzöffnung rechtfertigen, sagt RKI-Vizepräsident Lars Schaade.