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Mit ernster Miene gehen die Parteichefs in die Groko-Verhandlungen.
© Kay Nietfeld/dpa

Regierungsbildung: Wo sind die jungen Gesichter für die große Koalition?

Martin Schulz ist die Autorität verloren gegangen, Angela Merkel könnte einen Weg freigeben. Eine Groko mit neuen Leuten, die noch was wollen, das wär's. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Stephan-Andreas Casdorff

Das fängt ja gut an. Die Koalitionsverhandlungen werden von Worten begleitet, die man am liebsten nicht gehört hätte. Weil sie entweder hohl klingen oder wie eine Drohung. Wenn also die Bundeskanzlerin sagt, sie wolle einen Aufbruch für Deutschland – was heißt das denn? Doch wohl, dass es all die Jahre, ihre Jahre, keinen gegeben hat. Das sehen selbst Teile der CDU so. Angela Merkel hat sich die Partei untertan gemacht? Sie hatte sich nur ergeben, mangels Alternative. Die gibt es zwar immer noch nicht, aber in der CDU wächst die schlechte Laune darüber. Und der Wunsch, wieder kenntlicher zu sein - vereinzelt gibt es sogar den Mut, das offen zu sagen. Nicht bloß die Sachsen-CDU wartet auf die Zeit nach Merkel.

Auf der anderen Seite der gefallene Heilige, Sankt Martin, Ritter von einer traurigen politischen Gestalt. Was der so alles sagt, wenn der Tag lang ist. Mal so, mal so, immer im Brustton der Überzeugung. Wenn einer aber von allem gleich überzeugt ist und das in dermaßen schnellem Wechsel – dann wächst der Verdacht, dass er erstens von gar keiner Überzeugung getragen ist. Und zweitens (für seine Partei, die SPD, viel schlimmer): Wie will er dann die Anhänger, Wähler und Mitglieder überzeugen? Offenkundig nur mit Mühe. Die Partei will halt nicht schon wieder einen neuen Vorsitzenden. Der Verschleiß ist ja schon fast so hoch wie der an Trainern bei einem abstiegsgefährdeten Fußballverein. Und bald gilt die SPD als untrainierbar.

EU-Kommissar wäre auch gut für Martin Schulz

Da kann es von vielen Seiten durchaus als Drohung aufgefasst werden, dass diese beiden, Merkel und Schulz, nicht nur weitermachen wollen, sondern möglicherweise auch weiter wie bisher. Sich ändern vielleicht? Anpassen an die Erfordernisse? Neu denken? Neu anfangen? Das wäre in jedem Fall das Richtige. (Von Horst Seehofer hier mal nicht weiter zu reden, weil der immerhin einen Posten aufgegeben hat. Den anderen, CSU-Chef, wird er mit der Zeit auch noch los. Und ein Kabinettsposten in Berlin – ja, wenn’s denn sein muss. Ein besserer Bundesminister als, sagen wir, Alexander Dobrindt wäre Seehofer allemal.)

Wie also jetzt neu anfangen? Indem Merkel sich auch mal von einem Amt ihrer Wahl verabschiedet. Bei ihr wäre es wohl das der CDU-Vorsitzenden, damit die Partei wieder Luft zum Atmen bekommt. In den Sondierungsergebnissen gibt es nichts Signifikantes, das sich mit der CDU verbindet, alleine nur mit ihr.

Das kann sich ändern, wenn Merkel den Weg freigibt, entweder zum konservativen jungen Jens Spahn oder zu AKK, Annegret Kramp-Karrenbauer, die in vielem moderat ist, aber eben nicht in allem. Gesellschaftspolitisch kann sie schon mal überraschen. Und Martin Schulz müsste sich wirklich mal festlegen: nach den Koalitionsverhandlungen kein Kabinett und kein SPD-Vorsitz mehr. Weil ihm die Autorität verloren gegangen ist. EU-Kommissar wäre doch auch ganz okay. Europa liegt ihm, das weiß jeder. Auch er.

Eine Groko mit jungen Gesichtern, die noch was wollen – das wär’s. Die Barleys, Spahns, Kohnens, Klöckners, nachwachsende Persönlichkeiten, die noch Raum brauchen, sich zu entwickeln. Weil es eine Zeit nach denen gibt, die jetzt da sind. Weil es immer eine Zeit nach denen gibt, geben muss. Denn, frei nach Wilhelm Busch, allzu gebraucht sollten die Gedankensachen nicht sein. Wenn einer das jetzt mal sagen würde – es wäre keine Drohung. Sondern eine gute Sache.

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