Morgenlage aus der Hauptstadt: Wo bleibt die Gehaltserhöhung für Kassiererinnen?
Merkel droht mit Ausgangssperren + Heldinnen des Alltags + Kurve der Wahrheit + Hilfe der Bundeswehr + Kampf gegen Fake News über das Coronavirus.
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Wie viele geliebte Menschen werden wir verlieren? Diese dramatische Frage hat Angela Merkel gestellt in ihrer ersten außerplanmäßigen TV-Ansprache überhaupt. Und auch eine ebenso schlichte wie allgemeinverständliche Antwort gegeben: „Wir haben es zu einem großen Teil selbst in der Hand.“
Zugleich waren es historische Worte. Die Bundeskanzlerin – die es stets vermieden hat, durch zu viele Auftritte Panik zu schüren! – sieht die Corona-Pandemie als schwerste Krise seit dem Zweiten Weltkrieg. Spätestens jetzt muss jedem klar werden: Diese Tage werden die Welt wohl epochal verändern. Für die Menschen in Deutschland versucht Merkel, das Schlimmste möglichst doch noch zu verhindern: eine Ausgangssperre. Denn viel mehr bleibt ihr sonst nicht mehr – und den Bürgern auch nicht.
Wer sind Merkels Helden des Alltags? Die Postbotin, der Krankenpfleger, die Polizistin, der Supermarkt-Kassierer. Sie erfahren völlig zu Recht dieser Tage ganz explizite Wertschätzung, auch durch die Bundeskanzlerin. „Danke, dass Sie da sind für ihre Mitbürger und buchstäblich den Laden am Laufen halten“, sagt Merkel. An vorderster Front in dieser Krise mit einmaligen Einschränkungen in der Geschichte der Bundesrepublik sieht sie neben Ärztinnen auch Krankenpfleger. „Sie stehen für uns in diesem Kampf in der vordersten Linie.“
Dieser Dank ist mehr als angebracht. Hinzu kommt aber: Viele dieser jetzt als „systemrelevant“ erkannten Berufe stehen für gewöhnlich am unteren Ende der deutschen Gehaltsstruktur. Auch darüber wird nach der Krise noch zu reden sein.
Worauf starrt ganz Deutschland? Auf die eine Kurve; die Kurve der Infizierten. Sie ist das wichtigste Anzeigeinstrument für Wissenschaftlerinnen wie Politiker – und sie steigt exponentiell an.
Dabei läuft die Kurve der Wahrheit sogar noch hinterher: Wer sich heute infiziert, den erfasst sie frühestens nach Tagen. Ob Schul- und Geschäftsschließungen sowie Appelle zur Kontaktvermeidung helfen, zeigt sich also beim Corona-Thermometer erst später. Hoffnung macht da, dass zumindest die Zahl der Corona-Toten nach wie vor vergleichsweise gering ist. Diese Kurve steigt nicht so steil wie in den Krisenländern China, Iran, Italien und Spanien.
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Wen erreichen immer mehr Hilferufe? Die Bundeswehr. Bisher ist im Verteidigungsministerium eine mittlere zweistellige Zahl an sogenannten Amtshilfeanträgen eingegangen. Die Streitkräfte sollen vor allem Material beschaffen und Bettenkapazitäten erhöhen. Das berichten meine Kollegen von Background Gesundheit. Die Truppe zieht immer mehr Personal zusammen: 730 Ex-Soldaten und Reservisten haben sich schon zum Sanitätsdienst zurückgemeldet. Noch werden sie für den Eigenbedarf der Bundeswehr gebraucht und nicht in zivilen Krankenhäusern eingesetzt. Doch heute will Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer über die weitere Unterstützung der Bundeswehr bei der Eindämmung von Covid-19 informieren.
Wer will gegen Fake News in der Coronavirus-Krise vorgehen? Die Bundesregierung. Desinformation will etwa das Innenministerium von Horst Seehofer jetzt bekämpfen, „indem es unter anderem über soziale Medien, aber auch über die traditionellen Informationswege beständig über Maßnahmen informiert, Gerüchten widerspricht und Fragen von Bürgerinnen und Bürgern beantwortet“. Das berichten meine Kollegen von Background Digitalisierung.
Auch das Bundesgesundheitsministerium (BMG) hat auf seiner Website inzwischen einen ganzen Informationskatalog rund um das Coronavirus veröffentlicht. Täglich klärt es neu über das Lagebild auf. Problematisch ist aber, dass gerade das BMG erst vor kurzem zunächst Lockdown-Gerüchte dementierte – nur um dann wenig später eben doch erhebliche Einschränkungen des öffentlichen Lebens bekannt zu geben. Auch beim Kampf gegen Fake News ist die oberste Prämisse die Eigenverantwortung.