Jugendschutz: Wo bleibt das Mindestalter für Nutella?
Zu viel Zucker, zu viel Koffein: Um Kinder und Jugendliche vor Energydrinks zu schützen, ruft die Politik nach einem Konsum-Mindestalter. Hurra! Aber das darf natürlich nicht alles sein. Eine Glosse.
Wie gut, dass neben all dem, was aktuell zu retten ist (Europa vor dem Zerfall, die transatlantischen Beziehungen vor Trump, die Weltmeere vor Plastikmüll) Deutschlands Teenager nicht vergessen werden, die ebenfalls in wachsender Gefahr schweben. Ihre geistige Gesundheit? Gefährdet durch digitalen Schnickschnack wie Instagram und dergleichen. Und ihre körperliche? Ein unzulänglich geschütztes Schlachtfeld für die Hersteller gesundheitsschädlicher Produkte wie Energydrinks.
Aber die Politik ist hier wachsam. Wegen des hohen Koffein- und Zuckergehalts sollten diese Getränke nur noch an Personen über 16 Jahren verkauft werden, schlägt SPD-Gesundheitspolitikerin Ursula Schulte vor. Das ist eine fabelhafte Idee, denn mit dem Verkaufspersonal in Supermärkten und sonstigen Energydrink-Abgabestellen ist dann jemand für die Gesundheit von unter 16-Jährigen verantwortlich, der in Altersfragen (siehe Alkohol- oder Zigarettenverkaufsregeln) erprobt ist und sich auskennt. Ein Glück, da die Instanz, die sich traditionell darum kümmert, was der Nachwuchs in sich reinschüttet, sprich: die Eltern, ja offenbar nicht für funktionsfähig gehalten wird.
Es gilt auch hier: Die Dosis macht das Gift
Konsequenterweise sollte man deshalb die gesetzliche U-16-Rettungsinitiative weiter ausbauen. Wer sich um Energydrink-Konsum sorgt, darf die Augen vor der fatalen Ernährungsbilanz von Limonaden, Eistee oder Colas, von Süßigkeiten allgemein nicht verschließen. Wo bleibt das Mindestalter für Nutellakonsum? Und was ist mit Kaffee? Dessen Koffeingehalt übersteigt prozentual den von Energydrinks. Trotzdem überlässt man bisher den Erziehungsberechtigten die Entscheidung, ab wann die Kinder welchen trinken dürfen. In der Lesart der neuen Gesetzesinitiative müsste das eine fahrlässig geduldete Gesetzeslücke sein.
Auf der Homepage der Verbraucherzentrale steht, dass bei Kindern und Jugendlichen drei Milligramm Koffein pro Kilogramm Körpergewicht als unbedenklich gelten würden. Eine Dose Energydrink müsste demnach ab 30 Kilogramm drin sein. Eine (!) Dose. Und damit endet auch dieses Nachdenken über gesund und ungesund mit der Weisheit, dass die Dosis das Gift macht.
PS: Davon abgesehen sind auf dem Lebensmittelmarkt in der Tat sehr viele höchst zweifelhafte Produkte anstrengungslos erhältlich, was durchaus Thema für die Politik sein muss. Aber das betrifft nicht nur die unter 16-Jährigen.