Hohe Nitratwerte im Grundwasser: Wirtschafts- und Umweltverbände erhöhen Druck auf Bauern
Mit einer Petition machen Wirtschafts- und Umweltverbände Druck auf die Bauern, weil die viel zu hohen Nitratwerte im Grundwasser für die Wasserversorgung teuer werden können.
Eine ungewöhnliche Koalition aus Umwelt- und Branchenverbänden und einer Gewerkschaft verlangen eine „Agrarwende“. Mit einer Petition wollen sie erreichen, dass die Regierung nach der Wahl „die zu hohen Nitratwerte im Grundwasser endlich wirksam bekämpft“, sagt Jörg Simon. Der Chef der Berliner Wasserbetriebe ist Vizepräsident des Branchenverbands BDEW. Es ist das erste Mal, dass der BDEW mit Greenpeace, Verdi und dem Deutschen Naturschutzring (DNR) auftritt, um eine Verschärfung des Düngerechts zu fordern.
Seit 25 Jahren bekommt Deutschland sein Nitratproblem nicht in den Griff. Die Europäische Kommission klagt wegen der Nicht-Einhaltung der Grenzwerte für Nitrat im Grundwasser gegen Berlin, aber „die Verursacher, die Bauern, die zu viel Gülle auf die Felder kippen, werden dafür nicht zur Kasse gebeten“, ärgert sich Clivia Conrad von Verdi.
Die Verursacher zahlen nicht
Die Steuerzahler müssten für den schlechten Zustand des Grundwassers gleich drei Mal zahlen, sagt Jörg Simon. Sie finanzieren die Agrarsubventionen, mit deren Hilfe Bauern Großställe bauen können, in denen viel zu viel Gülle anfällt. Dann müssen sie für den zusätzlichen Aufwand aufkommen, den die Wasserversorger erbringen müssen, um die Qualität des Trinkwassers so hoch zu halten, dass auch in Zukunft jeder bedenkenlos Wasser aus dem Hahn trinken kann. Die Aufbereitung des Wassers kostet aber viel mehr, wenn die Nitratgrenzwerte nicht eingehalten werden, sagt Martin Weyand, der in der BDEW-Geschäftsführung für Wasser und Abwasser zuständig ist.
Dann müssten die Wasserversorger Anlagen zur Nitrat-Reinigung anschaffen, für die die Wasserkunden dann aufkommen müssen. Die Wasserkosten in Regionen mit Massentierhaltung und Biogasanlagen, könnten um bis zu 60 Prozent steigen, sagt auch Florian Schöne vom DNR. Und dann, sagt Simon, müssten die Steuerzahler auch noch Strafzahlungen aus Brüssel tragen. Denn dass die EU-Kommission mit der gerade reformierten deutschen Düngegesetzgebung zufrieden sein wird, erwartet Jörg Simon nicht.
Kabinett beschließt Stoffstrombilanz
Am Mittwoch hat das Kabinett den letzten Baustein des neuen Dünge-Rechts verabschiedet: die Stoffstrombilanz-Verordnung. Von 2019 an müssen große Bauernhöfe darüber Buch führen, welche Stoffe in den Hof gehen, und welche sie wieder verlassen. „Das sind nur zehn Prozent der Betriebe“, kritisiert Simon. Die Verbände verlangen, dass alle Bauern schon 2018 Stoffstrombilanzen vorlegen müssen. Sie fordern zudem einen automatischen Düngestopp, sobald Grenzwerte überschritten werden. Außerdem wollen sie den Gülletourismus beschränken.
Alleine aus den Niederlanden seien im vergangenen Jahr mehr als zwei Millionen Tonnen Gülle nach Deutschland importiert worden – 66.600 Lkw-Ladungen. Zudem wollen sie erreichen, dass Deutschland von der Möglichkeit Gebrauch macht, bis zu 15 Prozent der Agrarsubventionen, die als Direktzahlungen an die Landwirte gehen, an bestimmte Gegenleistungen zum Schutz des Grundwassers zu binden. „Wenn man Subventionen, Aufbereitungskosten für Trinkwasser und Strafzahlungen zusammennähme, wäre es ein leichtes, die Landwirtschaft umweltverträglich umzubauen“, sagt Simon.
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