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Rauchen? Ist kein Fall für die Gesetzesgeber.
© Getty Images

Staatliche Bevormundung: Wird die FDP zur Verbotspartei?

Die Liberalen fordern ein öffentliches Rauchverbot und wagen damit einen gefährlichen Flirt mit dem Nanny-Staat. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Johannes C. Bockenheimer

Jetzt also auch noch die FDP. Wieland Schinnenburg, der drogenpolitische Sprecher der liberalen Bundestagsfraktion, hat ein weitgehendes Rauchverbot in der Öffentlichkeit gefordert. „Rauchen muss überall dort verboten sein, wo Menschen nicht oder nur schwer ausweichen können“, wünscht er sich. Dazu gehörten seiner Ansicht nach etwa öffentliche Spielplätze, Bushaltestellen oder Bahnsteige.

Natürlich kann man sowas fordern, klar – sogar als Abgeordneter der Freien Demokraten im Deutschen Bundestag. Eines sollte Schinnenburg dann aber ebenfalls klar sein: Mit freiheitlichem Denken hat diese Geisteshaltung genauso viel zu tun, wie der Sozialismus mit einer guten Idee. Nix.

Denn was der Fluchtpunkt dieser Verbotspolitik ist, das könnte Schinnenburg bei jemandem nachlesen, auf den die Beschreibung „Liberaler“ zutraf wie auf wenig andere, bei Ludwig von Mises. Wenn man den Menschen verbiete, sich durch übermäßiges Rauchen oder Trinken selbst zu schaden, dozierte der österreichische Ökonom einmal während einer Vorlesung, würden schon bald neue Verboten folgen. Verbote, die über den Schutz des Körper hinausgehen. Denn ist nicht der menschliche Geist viel wichtiger noch?

Für Mises war deshalb klar: „Wenn man der Regierung das Recht zugesteht, über den Verbrauch des menschlichen Körpers zu entscheiden, nämlich, ob man rauchen oder nicht rauchen, trinken oder nicht trinken soll, dann ist es schwer, den Leuten eine richtige Antwort zu geben, die behaupten: 'Der Geist und die Seele sind viel wichtiger als der Körper, und der Mensch schadet sich weit mehr, wenn er schlechte Bücher liest oder schlechte Musik hört und sich schlechte Filme ansieht.'“

Schinnenburgs Flirt mit dem Nanny-Staat passt dabei nur zu gut in eine Zeit, in der die Sehnsucht nach staatlicher Autorität wächst. Egal, ob Flugverbote, Fleischverbote, Fahrverbote, Plastiktütenverbote – der Wunsch nach Verboten gehört zum Zeitgeist, dem Linke, Konservative und Grüne gleichermaßen anhängen. Da war es nur eine Frage der Zeit, bis auch die einzige (vermeintlich?) liberale Partei im Parlament dem Charme der autoritären Politik erliegt.

FDP-Politiker Wieland Schinnenburg.
FDP-Politiker Wieland Schinnenburg.
© imago/photothek

Denn das Leben als freier, selbstbestimmter Mensch, der sich eine Zigarette anzündet, wenn ihm danach ist – oder eben einen halben Meter zur Seite tritt, wenn er Nichtraucher ist – dieses Leben scheint nicht länger attraktiv. Wie das Leben als Individuum ganz Allgemein an Wertschätzung verliert. Wohin man blickt, wird die Gesellschaft nur noch aus der Perspektive des Kollektivs gedacht.

Das gilt für beide politischen Lager, für Linke und Rechte gleichermaßen. Die hässliche, völkische Blut-und-Boden-Politik der AfD auf der einen Seite; die einzig zwischen Deutschen und Nicht-Deutschen unterscheiden will. Und auf der anderen Seite die Stimmen von Linken und Progressiven, die immer lauter Quoten für Frauen oder Ostdeutsche in Parlamenten und Unternehmen fordern, und fest überzeugt davon sind, dass Herkunft oder biologisches Geschlecht eine Kategorie von justiziabler Bedeutung sein sollte. Den Menschen aber als Wesen zu akzeptieren, das individuelle Wünsche und Bedürfnisse hat, als Wesen auch, das Fehler macht und daraus lernen kann, diese Bereitschaft wird von Tag zu Tag geringer.

Doch genug philosophiert. Dass ein öffentliches Rauchverbot auch ganz ohne Kenntnisse der liberalen Theorie eines Ludwig von Mises nutzlos wäre, diese Erkenntnis könnte Schinnenburg bei jedem Spaziergang durch die Hauptstadt kommen. An Berliner Bushaltestellen nämlich geht die Gefahr für Leib und Leben nicht so sehr von passiv gerauchten Marlboros aus, sondern von kamikazefahrenden Fahrradfahrern. Dabei gibt es für Radler auf hauptstädtischen Bürgersteigen schon längst das, was sich FDP-Politiker für die Raucher wünscht: ein striktes gesetzliches Verbot.

Der Autor dieser Zeilen ist übrigens seit drei Jahren glücklicher Nichtraucher.

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