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Christoph Krupp, Chef der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben.
© Malte Christians/dpa

Baugrundstücke des Bundes: „Wir haben nicht mehr allzu viel“

Bima-Chef Krupp dämpft die Hoffnung, dass auf Grundstücken des Bundes viele Wohnungen entstehen könnten. Ein Gespräch über Preise, Potenziale und Vorkaufsrecht.

In der hitzigen Enteignungs-Debatte zur Linderung der Wohnungsnot in Deutschland setzen viele als eine Lösung auf die Schaffung zehntausender neuer Wohnungen auf Grundstücken, die bisher der staatlichen Bundesanstalt für Immobilienaufgaben, kurz Bima, gehören. Grünen-Chef Robert Habeck hielt der Bima vor, ihre Grundstücke „noch immer meistbietend" zu verkaufen.

Deren Chef Christoph Krupp betont im Interview mit dem Tagesspiegel, dass das gar nicht mehr der Fall sei. Aber wegen des Bedarfs von Ministerien und Behörden sei das Potenzial auch nicht besonders groß für neue Sozialwohnungen auf Bundesflächen, die an die Kommunen verkauft werden können. Die bekommen für jede Sozialwohnung auf früherem Bundesgrund immerhin einen Grundstückskaufpreis-Rabatt von 25.000 Euro. 

Herr Krupp, die Bima stand früher in der Kritik, Grundstücke an reiche Investoren zu verkaufen, statt zu helfen, günstigen Wohnraum zu schaffen. Was läuft heute anders?

In der Vergangenheit hat die Bima Grundstücke zu dem Wert verkauft, zu dem sie auch am Markt gehandelt wurden. Der Hintergrund war, dass wir unsere Grundstücke nicht so billig abgeben wollten, dass sie schon beim nächsten Weiterverkauf für mehrere Millionen mehr verkauft würden. Dieser Mechanismus funktioniert seit einiger Zeit nicht mehr.

Was machen Sie nun stattdessen?

Gerade in Berlin, Hamburg, München und Frankfurt werden Preise verlangt, die mit dem politischen Ziel des bezahlbaren Wohnens nicht mehr vereinbar sind. Da werden Preise aufgerufen, für die man keine Wohnungen bauen kann, die normale Mieter bezahlen können. Deshalb haben wir beschlossen, dass wir unsere Wohnungsbestände behalten. Zudem hat der Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages zugestimmt, dass wir entbehrliche Grundstücke, die für den Wohnungsbau geeignet sind, mit Preisnachlässen an die Kommunen verkaufen dürfen.

Wie gehen Sie vor?

Wir bieten die Grundstücke im Erstzugriff den Kommunen an, mit dem Ziel, dass sie dort sozialen Wohnungsbau realisieren. Wir wollen natürlich, dass die verbilligte Abgabe der Grundstücke auch beim Mieter ankommt. Und wir werden Wohnungen auf Grundstücken selber bauen, die bisher für den Verkauf vorgesehen waren. Durch eine enge Kooperation mit der Wohnungswirtschaft setzen wir auf eine Beschleunigung der Prozesse, um Planung und Bau von Geschosswohnungen schneller umzusetzen.

Wo befinden sich diese Grundstücke?

In Aschaffenburg und in Rostock haben wir schon Grundstücke identifiziert, auf denen wir selbst bauen wollen. In erster Linie aber wollen wir in Ballungsgebieten wie Berlin bauen. Beispielsweise sind wir am Askanierring in Berlin-Spandau Projektentwickler. In Berlin hängt natürlich vieles davon ab, wann wir das Planungsrecht bekommen.

Was ist überhaupt noch im Besitz der Bima?

Das ist unser Kernproblem. Wir haben nicht mehr allzu viel. Es heißt immer, der Bund hat Grundstücke. Dabei darf man aber nicht unsere Kernaufgabe vergessen: den Bund mit Grundstücken und Gebäuden zu versorgen, die er benötigt, also zum Beispiel die Ministerien, die Bundespolizei, das Bundeskriminalamt und den Zoll. Wir haben Grundstücke nur im Verkauf, wenn wir sie nicht mehr benötigen.

Die große Koalition baut ja Personal auf, das dürfte in Berlin das Angebot nicht vergrößern, oder?

Ja, das Angebot ist sehr begrenzt. Wenn der Bund 3500 neue Stellen beim Zoll schafft, dann löst das Immobilienbedarf aus. Denn diese 3500 Menschen brauchen Büros, Garagen, Rechen- und Schulungszentren. Auch die Ministerien werden tendenziell größer. Das alte Gebäude der Deutschen Bank wird umgebaut für das Gesundheitsministerium, das Bundesinnenministerium wird ebenfalls ausgebaut.

Wie gesagt: Grundstücke können wir nur verkaufen, wenn wir sie nicht mehr brauchen. Das sind vor allem Grundstücke, die die Bundeswehr abgibt, und Liegenschaften, von denen die Alliierten abziehen: So ziehen sich die Amerikaner im Raum Heidelberg/Mannheim zurück und die Briten in Münster, wo 1400 neue Wohnungen entstehen können. In München stehen heute bereits 15.000 Wohnungen auf Grundstücken, die früher mal dem Bund gehört haben.

Wie groß schätzen Sie denn das aktuelle Wohnungsbau-Potenzial auf Bima-Flächen?

Wir haben alle unsere Grundstücke analysiert und kommen zu dem Ergebnis, dass wir ungefähr 1000 Grundstücke abgeben können, auf denen etwa 20.000 Wohnungen entstehen könnten. Aber letztlich liegt das im Ermessen der Kommunen. Wir selbst können auf unseren Grundstücken, die wir selbst bebauen wollen, 6000 bis 8000 Wohnungen schaffen. Aktuell sind 36.000 Wohnungen in unserem Bestand.

An wen vermieten Sie die?

Vor allem an Bundesbedienstete, also etwa an Bundespolizisten oder an Zollbeamte. Wir wollen insbesondere Bundesbediensteten mit nicht so hohem Einkommen bezahlbaren Wohnraum zur Verfügung stellen. Wenn wir in Berlin bauen, würden wir die Wohnungen dann an Bundesbedienstete vermieten.

Und wenn das Potenzial erschöpft ist, kommen die Normalbürger zum Zuge?

Dann werden die Wohnungen auf dem normalen Markt angeboten. Aber man darf nicht vergessen: Jede Wohnung, die gebaut wird, entlastet den Wohnungsmarkt. Die Bundesbediensteten machen in Berlin dann ja andere Wohnungen frei.

Wieviel haben Sie zuletzt denn noch eingenommen mit dem Verkauf von Grundstücken, wenn Sie die vor allem an Kommunen zu Vorzugspreisen abgeben?

Im vergangenen Jahr haben wir rund 395 Millionen Euro erlöst. Über die Hälfte dieser Erlöse resultiert aus dem Verkauf von Konversionsflächen, also ehemaligen Militärgeländen. In Münster sind die ehemalige Oxford- und die York-Kaserne verkauft worden, dazu Großareale in Heidelberg.

Es wurden aber auch großflächige vormals nicht militärisch genutzte Areale veräußert, so zum Beispiel in Berlin 6,8 Hektar an der Waldowallee an das Berliner Wohnungsunternehmen Howoge. Wir rechnen bei allen Verkäufen den Verkehrswert der für den Wohnungsbau geplanten Grundstücksfläche aus und ziehen dann für jede dort geplante Sozialwohnung maximal 25.000 Euro ab. Theoretisch könnte dann der Verkaufspreis sogar bei null Euro liegen, wenn dort richtig viele Sozialwohnungen gebaut werden.

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