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Winfried Kretschmann hat auch privat auf den Ukraine-Krieg reagiert.
© Philipp von Ditfurth/dpa

„Drehen die Heizung einfach abends ab“: Winfried Kretschmann heizt seit dem Ukrainekrieg weniger

Baden-Württembergs Ministerpräsident folgt dem Spar-Appell von Wirtschaftsminister Habeck und befürchtet einen schweren Wohlstandsverlust durch den Krieg.

Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann hat seinen privaten Energie-Verbrauch seit Beginn des Ukraine-Kriegs reduziert. „Wir heizen anders als vorher“, sagte er dem Tagesspiegel. Bislang habe sich seine Heizung nachts automatisch abgesenkt, sodass sie am nächsten Morgen zum Frühstück wieder den Raum voll erhitzt habe. „Das machen wir jetzt anders, wir drehen die Heizung einfach abends ab“, sagte der Grünen-Politiker.

Seinen Berechnungen zufolge habe das einen messbaren Effekt. „Dieser kleine Schritt spart nochmal 20 Prozent Verbrauch im Vergleich zur technischen Nachtabsenkung ein“, sagte Kretschmann. Zudem habe er eine Pelletheizung geordert, weil in seinem alten Haus im oberschwäbischen Sigmaringen eine Wärmepumpe nicht funktioniere.

Der 73-Jährige ist davon überzeugt, dass der private Verzicht auf Energien angesichts der drohenden Energieknappheit helfe. „Wir haben das in Japan gesehen, wo Energiesparen nach Fukushima zum Volkssport wurde. Ein großer Erfolg! Deshalb appelliere auch ich an die Bürger und an die Wirtschaft, kleine Maßnahmen wie diese beim Heizen zu ergreifen.“ Um Energie zu sparen, fordert Kretschmann zudem ein Tempolimit.

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Durch die Folgen des Angriffskrieges von Russland rechnet Kretschmann mit einem spürbaren und langanhaltenden Wohlstandsverlust in Deutschland: „Viele werden weniger Geld und weniger Wohlstand haben. Und diese Verluste werden deutlich und schmerzhaft sein – und womöglich über Jahre andauern“, sagte er in dem Gespräch mit dem Tagesspiegel.

Ermäßigung der Spritpreise für alle ist "nicht der Weg der Zukunft"

Kretschmann erwartet, dass die Energiepreise weiter steigen werden und Deutschland eine „lange Phase der Konfrontation mit einem aggressiven Russland“ bevorstehe. Darauf müsse sich das Land vorbereiten und finanzielle Härten für Geringverdiener abfedern. „Dafür haben wir genügend Instrumente“, sagte Kretschmann dem Tagesspiegel. Teile des jüngsten Entlastungspakets der Ampel-Parteien kritisierte er. Maßnahmen müsse man zielgenau aufsetzen „und nicht nach dem Gießkannenprinzip, wie etwa bei der Ermäßigung der Spritpreise für alle. Das ist nicht der Weg der Zukunft.“

[Lesen Sie das ganze Gespräch mit Winfried Kretschmann hier bei Tagesspiegel Plus]

Kretschmann, der seit 2011 in Baden-Württemberg regiert, gab auch eigene Fehler im Vorfeld des Ukraine-Kriegs zu. „Ich schäme mich dafür, dass ich die Klappe gehalten habe, als Robert Habeck im Mai letzten Jahres aus der Ukraine zurückkam und Defensivwaffen forderte“, sagte er.

Im vergangenen Jahr war Habeck, damals noch Bundesvorsitzender der Grünen, nach Kiew und an die Kontaktlinie im Osten der Ukraine gereist und hatte anschließend gesagt, man könne dem Land Waffen zur Selbstverteidigung nicht verwehren. Daraufhin hatte es heftige Kritik an Habeck gegeben, auch aus seiner eigenen Partei. Kretschmann bedauert das. "Wir alle waren still. Auch ich, obwohl ich nie Pazifist war. Das sind schwere Fehler, die uns in den Kleidern hängen werden.“ Er habe nicht aus Angst vor seiner Partei geschwiegen, sondern weil er sich als Ministerpräsident nicht zuständig sah: „Das war ein Fehler.“

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