Verteidigungsministerin Lambrecht in Washington: „Willkommen im Zwei-Prozent-Club!“
Nach Deutschlands Schwenk in der Verteidigungspolitik wird Ministerin Christine Lambrecht beim Antrittsbesuch in den USA mit offenen Armen empfangen.
Das Grabmal des unbekannten Soldaten ist auch in friedlichen Zeiten ein Pilgerort für Politiker. An Gedenktagen schaut schon mal der US-Präsident hier auf dem Arlingtoner Friedhof gegenüber von Washington vorbei.
An diesem Mittwoch ist es Christine Lambrecht, die einen Kranz niederlegt. Es ist ein kühler, wolkiger Tag, ein Tag, an dem rund 8000 Kilometer entfernt wieder Soldaten sterben werden. Da in Europa auf einmal wieder Krieg herrscht, ist es plötzlich die wichtigste Aufgabe der Verteidigungsministerin der „Friedensmacht Deutschland“ (Lambrecht), Waffen zu kaufen und das Militär neu aufzustellen.
Lob für die „Zeitenwende“
Es hat ein bisschen gedauert, bis es die Ministerin zum Antrittsbesuch in die amerikanische Hauptstadt geschafft hat. Dafür kann sie bei ihrer Reise nun die Lorbeeren einsammeln, die Deutschland für seine sicherheits- und verteidigungspolitische „Zeitenwende“ (Bundeskanzler Olaf Scholz) von den Nato-Partnern verliehen werden.
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„Deutschland ist in der neuen Realität angekommen und stellt sich den Folgen“, hat Lambrecht am Vortag vor der Denkfabrik Atlantic Council verkündet. Man werde „die Planungsziele der Nato erreichen – und zwar schneller als versprochen“.
100 Milliarden Euro mehr die Bundeswehr – das kommt an
Die Ministerin verspricht, die geplante Heeresdivision „zwei Jahre vor der Zeit, also schon 2025“, einsatzbereit zu melden. Vor allem aber verweist sie auf das geplante Sondervermögen für die Bundeswehr von bis zu 100 Milliarden Euro.
Mit der als Reaktion auf die russische Invasion in der Ukraine angekündigten Erhöhung der Verteidigungsausgaben erfüllt Deutschland nun die Nato-Selbstverpflichtung, dafür zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts aufzuwenden. Das kommt in Washington gut an, war das Thema doch jahrelang ein Zankapfel. Wie es heißt, wurde die Ministerin bei ihren Gesprächspartnern auf dem Capitol Hill mit den Worten begrüßt: „Willkommen im Zwei-Prozent-Club!“
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Für Lambrecht ein wohltuender Empfang – muss sie sich in ihrer Heimat doch mit Kritik herumschlagen, etwa weil sie beim Nato-Treffen vor einer Woche den Eindruck erweckte, 5000 Bundeswehrsoldaten für eine neue EU-Truppe stellen zu wollen. In Wahrheit sind es nur 1500 von insgesamt 5000. Mehrfach wurde zudem interne Kritik nach außen getragen – das Verteidigungsministerium gilt nicht von ungefähr als Schleudersitz für seine Chefs.
Eigentlich wollte sie aus der Politik ausscheiden
Als größte Aufgabe ihres Lebens wurde Lambrechts neues Amt beschrieben. Dabei hatten die in Verteidigungsfragen eher unauffällige SPD-Politikerin aus Hessen vor ihrer Ernennung wohl die wenigsten auf der Rechnung. Die 56-Jährige hatte nach 23 Jahren nicht mehr für den Bundestag kandidiert. Jetzt steht sie im Mittelpunkt des Interesses. In Arlington klicken am Mittwoch diverse Kameras, als sie ihren Kranz ablegt.
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Kurz nach Sonnenaufgang hat sie bereits ihren US-Kollegen Lloyd Austin getroffen, der sie am Pentagon mit Ehrengarde und Nationalhymne empfängt. In dem Gespräch ging es um große Beschaffungsvorhaben der Bundeswehr, um den Kauf von 35 F-35-Tarnkappenjets sowie das deutsche Interesse an Transporthubschraubern – Material, das US-Firmen liefern sollen.
Deutschland sei jetzt zweitgrößter Waffenlieferant der Ukraine
Lambrecht und Austin versicherten sich gegenseitig aber vor allem, in welch prächtigem Zustand die transatlantische Freundschaft derzeit sei. Dass die Deutschen in Washington gerade hoch im Kurs stehen, sei angesichts der geöffneten Scheckbücher und der Bereitschaft, Verantwortung zu übernehmen, kein Wunder, sagt einer, der hier schon andere Zeiten erlebt hat.
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Lambrecht begründet das Ende der deutschen Zurückhaltung beim Atlantic Council mit einem Krieg, „wie wir ihn uns nicht mehr vorstellen konnten und vielleicht auch nicht wollten“. Deutschland wisse, eine Zeitenwende gebe es „nicht zum Nulltarif“ und die Ukraine brauche mehr als Geld.
Darum habe Berlin seine „restriktive Rüstungspolitik“ aufgegeben und sei nun Kiews „zweitgrößter“ Waffenlieferant. Welche Waffen geliefert werden, lässt sich indes nur schwer nachprüfen: Deutschland ist deutlich intransparenter als etwa die USA.