Unionskrise: Wie könnte es nach einem Bruch der Regierung weitergehen?
Führt die aktuelle Krise zwischen CDU und CSU zur Spaltung der Union, dürfte auch die Regierung am Ende sein. Ein Überblick über denkbare Szenarien.
Zerbricht die aktuelle Regierungskoalition an der Unionskrise? Man weiß es nicht. Welche möglichen Szenarien gäbe es für diesen Fall und wie würden diese dann ablaufen?
Eine Minderheitsregierung: Als Minderheitsregierung bezeichnet man eine Regierung, die rechnerisch nicht über die absolute Mehrheit der Parlamentssitze verfügt. CDU und SPD könnten also theoretisch auch ohne die CSU gemeinsam regieren. Die Regierung wäre zum Beschluss von Gesetzen allerdings stets auch auf die Zustimmung Abgeordneter aus den Oppositions-Fraktionen angewiesen.
Die Kenia-Option: Die CDU einigt sich mit der SPD und den Grünen auf ein Bündnis – ohne die CSU. Dem können führende SPD-Politiker einiges abgewinnen. Die CDU müsste der SPD dann wohl weitere Zugeständnisse in einem neuen Koalitionsvertrag machen. Auch von den Grünen gibt es Signale in diese Richtung. So sagte Grünen-Chef Robert Habeck im ZDF-Morgenmagazin, er schließe bei einem Scheitern des schwarz-roten Regierungsbündnisses einen Eintritt seiner Partei in eine neue Koalition nicht aus. "Wir sind immer bereit Verantwortung zu übernehmen, wenn es sich lohnt", so Habeck.
Merkel tritt zurück: Der Rücktritt des Bundeskanzlers, beziehungsweise der Bundeskanzlerin, ist zwar im Grundgesetz nicht ausdrücklich geregelt, ist aber als Selbstverständlichkeit zulässig. In diesem Fall müsste ein neuer Bundeskanzler, beziehungsweise eine neue Bundeskanzlerin gewählt werden. Endet die Amtszeit der Kanzlerin, endet automatisch auch die Amtszeit des gesamten Kabinetts.
Bis ein neuer Bundeskanzler gewählt ist, ernennt der Bundespräsident, aktuell Frank-Walter Steinmeier, einen sogenannten geschäftsführenden Bundeskanzler. In der Regel ist das der bisherige Kanzler, beziehungsweise die Kanzlerin, also Merkel.
Neuwahl eines Bundeskanzlers: Die Wahl eines neuen Bundeskanzlers bzw. einer Kanzlerin ist in Artikel 63 des Grundgesetzes geregelt. Der neue Bundeskanzler, beziehungsweise Bundeskanzlerin, wird auf Vorschlag des Bundespräsidenten durch den Bundestag gewählt. Gewählt ist laut Grundgesetz, wer die Stimmen der Mehrheit der Mitglieder des Bundestages auf sich vereinigt. Er muss dann vom Bundespräsidenten ernannt werden.
Wird der Vorgeschlagene nicht gewählt, kann der Bundestag innerhalb von 14 Tagen erneut versuchen, mit der Mehrheit seiner Mitglieder einen Bundeskanzler zu wählen. Scheitert dies, findet unverzüglich nach Ablauf dieser Frist ein neuer Wahlgang statt, bei dem gewählt wird, wer die meisten Stimmen erhält. Kann sich der Bundestag so mit einer Mehrheit der Mitglieder auf einen Kandidaten einigen, wird dieser innerhalb von sieben Tagen vom Bundespräsident ernannt. Erreicht der gewählte Kandidat keine absolute Mehrheit, muss der Bundespräsident innerhalb von sieben Tagen entscheiden, ob er den Kandidaten trotzdem ernennt, oder ob er den Bundestag auflöst.
Neuwahl des Bundestags: Ein Recht zur Selbstauflösung hat der Bundestag nicht. Damit es zu Neuwahlen auf Bundesebene kommen könnte, müsste entweder Merkel zurücktreten und die Wahl eines neuen Kanzlers scheitern (siehe oben), oder Merkel müsste die Vertrauensfrage stellen. Verfehlt sie die Mehrheit im Parlament, könnte der Bundespräsident den Bundestag dann auf Vorschlag der Kanzlerin innerhalb von 21 Tagen auflösen. Entscheidet er sich dafür, müsste es innerhalb von 60 Tagen Neuwahlen geben.
Dazu muss es allerdings nicht zwangsläufig kommen. Das Parlament könnte auch nach einem gescheiterten Misstrauensvotum theoretisch einen neuen Kanzler beziehungsweise eine neue Kanzlerin wählen, sofern eine Mehrheit für einen neuen Kandidaten gefunden werden kann.