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Annalena Baerbock hat als neue Bundesaußenministerin, große Pläne.
© imago images/photothek

Heikle Rüstungsexporte: Wie ist das nun mit Baerbocks „wertegeleiteter Außenpolitik“?

Baerbock hat jetzt die Gelegenheit, ihre „wertegeleitete Außenpolitik“ unter Beweis zu stellen: beim Thema Rüstungsgüter. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Stephan-Andreas Casdorff

Wie ist das nun mit der „wertegeleiteten Außenpolitik“, die die neue Ressortchefin Annalena Baerbock machen will? Das ist schon ein hoher Anspruch, zumal die Grüne damit den Eindruck erweckt, als hätten ihre sozialdemokratischen Vorgänger den bisher nicht erfüllt, angefangen vom heutigen Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier.

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Auch die SPD wird sie also umso genauer an ihren Taten messen. Aber Baerbock hat ja Gelegenheit, die Ernsthaftigkeit ihres Vorsatzes nachzuweisen: beim heiklen Thema Rüstungsgüter. Wieder und wieder zählt Deutschland zu den fünf weltweit größten Rüstungsexporteuren.

So auch im vergangenen Jahr. Darauf haben die entsprechenden Fachleute der beiden christlichen Kirchen gerade aufs Neue eindringlich hingewiesen und die neue Bundesregierung wie auch den Bundestag gemahnt, ein rechtlich verbindliches Rüstungsexportkontrollgesetz zu beschließen.

Das Gesetz könnte wichtige Lücken im Fall von technischer Unterstützung, Unternehmensbeteiligung an ausländischen Rüstungsfirmen und nicht-gelisteten Gütern schließen.

Und ein solches Gesetz müsste nicht allein nach Ansicht der Kirchen ein Verbandsklagerecht für qualifizierte Nicht-Regierungsorganisationen umfassen - sondern außerdem eine Begründungspflicht für Genehmigungen an Drittstaaten.

Restriktionen ja, aber dann für alle!

Der Grund: Die hohen Genehmigungswerte für Rüstungsexporte 2020 an Drittstaaten, die weder der Nato noch der EU angehören oder diesen gleichgestellt sind, werden sehr problematisch. Der Anteil lag 2020 wieder bei 50 Prozent. So wird der Export an Drittstaaten zur Regel.

Wie sind Ausfuhren an Embargobrecher und Kriegsparteien zu begründen? Sagen wir an alle die, die das UN-Waffenembargo in Libyen brechen und sich am Bürgerkrieg beteiligen, oder an Staaten der Kriegskoalition im Jemen? Wer gegen internationale Menschenrechtsnormen oder das humanitäre Völkerrecht verstoßen hat, darf keine Waffen bekommen.

Ob kleine oder große Waffen - im Grundsatz sollte kein Export mehr an Drittstaaten genehmigt werden. Das ist ja auch der selbstgesetzte Grundsatz der Bundesregierung. Die restriktive Haltung wird dann ebenso für Rüstungsprojekte mit anderen EU-Staaten gelten müssen.

[Lesen Sie auch: Wer hat das außenpolitische Sagen?: Warum Scholz und Baerbock mit Misstönen starten (T+)]

Da braucht es dann übrigens genauso eine neue, rechtlich verbindliche EU-Verordnung. Immerhin haben Genehmigungen weitreichende Folgen. Ausnahmen vom restriktiven Grundsatz in der Verfassung erfordern Begründungen von der Regierung, und zwar gegenüber Bundestag und Öffentlichkeit, auch im Nachhinein, wenn verlangt. Und besonders von einer Außenministerin, die Sicherheitspolitik vor allem als Wertepolitik begreift.

Da könnte sie sich doch die Forderungen der Kirchen zu eigen machen und die Kontrolle über die Rüstungsexporte vom Wirtschaftsressort ins Auswärtige Amt holen. Das müsste Parteifreund, Wirtschaftsminister und Vizekanzler Robert Habeck doch gut finden. Annalena Baerbock wird darauf hin geprüft werden, ob sie den Unterschied macht. Auch in der eigenen Koalition.

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