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Will die SPD neu aufstellen. Fraktionschefin Andrea Nahles.
© Bernd von Jutrczenka/dpa

Bamf-Affäre: Wie die SPD aus der Defensive kommen will

Die SPD moniert in der Bamf-Affäre Widersprüche zwischen CSU-Versprechen und Unions-Politik. Die Partei- und Fraktionschefin Andrea Nahles will die SPD in dieser Frage neu aufstellen.

Offene und verdeckte Kritik am eigenen Koalitionspartner gehört in der großen Koalition zum normalen Umgangston, das muss nun auch Bundesinnenminister Horst Seehofer erfahren. Der CSU-Politiker steht unter Druck, weil er die Verantwortung für das Funktionieren des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (Bamf) trägt. Und Sozialdemokraten erinnern ihn in diesen Tagen oft und gerne an diese Verantwortung.

Am Donnerstag meldete sich Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius (SPD) zu Wort. Er gilt als einer der wenigen Sozialdemokraten, die der Union auf dem Feld der Inneren Sicherheit mit einem gewissen politischen Gewicht Paroli bieten können. Es handle sich beim Bamf und dem Umgang des Innenministeriums mit dem Skandal „um sehr merkwürdige Vorgänge und auch um sehr unprofessionelle Vorgänge“, monierte Pistorius im ZDF-„Morgenmagazin“. Während Seehofer mit personellen Konsequenzen gegen Bamf-Chefin Jutta Cordt zögert, gab sein Kollege ihm aus Osnabrück Ratschläge. Er glaube kaum, „dass man sie am Ende wird halten können“.

Chance, die Dominanz der Union zu brechen

Den Sozialdemokraten und insbesondere ihren Innenpolitikern kann man durchaus abnehmen, dass es ihnen um die Aufklärung des Skandals und die Sicherung künftiger, verlässlicher Asylverfahren geht. Doch in der SPD sehen etliche nun auch die Chance, die Dominanz der Union und insbesondere der CSU in der Inneren Sicherheit wenn nicht zu brechen, so doch zumindest anzukratzen. Während SPD-Parteitage gern Versprechen wie Liberalität und Flüchtlingsschutz herausstellen, scheinen potenzielle Wähler der Partei für harte Ansagen durchaus empfänglich zu sein.

In den Augen vieler Sozialdemokraten waren die ersten Wochen der großen Koalition für ihre Partei zudem ein Fehlstart. Die öffentliche Diskussion bestimmten vor allem Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) mit der Forderung nach mehr „Recht und Ordnung“, Seehofer mit der Aussage, der Islam gehöre nicht zu Deutschland und CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt mit seinen Attacken auf eine vermeintliche „Anti-Abschiebe-Industrie“. Die SPD versuchte zwar zu kontern, konnte aber ihre eigenen Themen gegen die Dominanz der ihr aufgezwungenen Debatte nicht ähnlich prominent ins Rampenlicht heben.

Nun versuchen SPD-Vertreter herauszuarbeiten, dass das Rundumschutz-Versprechen der CSU und das Handeln des CSU-Innenministers nicht zusammenpassen. Seehofer hatte zu den entschiedenen Kritikern der Flüchtlingspolitik von Angela Merkel gehört. Nun muss er als Minister beweisen, dass er im Umgang mit Flüchtlingen bessere Ergebnisse liefert.

Aus der Defensive kommen

SPD-Parteivize Ralf Stegner bringt seine Kritik auf die Formel: „Starke Worte, handwerklicher Murks.“ Seit 2005 habe die Union durchgehend das Bundesinnenministerium geführt. Immer wieder habe die SPD seit 2015 schnellere, verlässliche Registrierungs- und Asylverfahren angemahnt, doch die Länder seien vom Bund nur vertröstet worden. „Beim Thema Innere Sicherheit zeigt die CSU Maulheldentum“, kritisiert Stegner: „Wenn sie liefern muss, versagt die Union.“ In Bayern wird im Herbst gewählt, und Sicherheit gehört zu den zentralen Versprechen der CSU.

Fraglich ist allerdings, ob die Kritik an Seehofer der SPD hilft, auf dem Feld der Inneren Sicherheit aus der Defensive zu kommen. Dort habe seine Partei bei der Bundestagswahl massive Defizite gezeigt, meint Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil. Auch Partei- und Fraktionschefin Andrea Nahles ist überzeugt, dass sich die SPD auf dem Feld neu aufstellen muss. Kürzlich kippten Innenpolitiker der SPD-Fraktion den Familiennachzug für ehemalige Gefährder aus dem Gesetzentwurf, eine Regelung, für die sich andere SPD-Politiker starkgemacht hatten. Nahles aber unterstützte die Korrektur ausdrücklich. H. Monath

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