Innere Einkehr statt Freiluftsaison: Wie das Coronavirus Ostern verändert
Ostern, das wichtigste Fest der Christenheit, ist eigentlich der Start in die Freiluftsaison. Was ist in diesem Jahr noch erlaubt – und was nicht?
Seit mehr als 300 Jahren gibt es religiöse Osterbräuche, die ihren Ursprung im Überwinden der Pest haben. Auch sie fallen in diesem Jahr – nach Jahrhunderten – erstmals aus. Wegen des Coronavirus. Im sauerländischen Menden zum Beispiel gibt es die Legende von der wundersamen Heilung der pestkranken Frau des Bürgermeisters am Karfreitag 1684. Ihr Mann ließ aus diesem Anlass eine Kapelle errichten.
Damals entstand der Brauch, von Gründonnerstag bis zum Morgen des Karsamstags eine Kreuztracht abzuhalten. Dabei wird ein Kreuz in einer meist einstündigen Prozession über den Kapellenberg getragen und dann übergeben. Wegen der möglichen Ansteckungsgefahr findet auch diese Tradition nicht statt.
Ostern – in diesem für die Christen wichtigsten Fest sehen Kanzlerin Angela Merkel und die Regierungschefs der Bundesländer ein Risiko für ihre Strategie gegen eine Pandemie.
Was ist das „Osterproblem“?
„Wir wissen, dass dieses Fest für viele Menschen damit verbunden ist, dass man Ausflüge oder Familienbesuche macht oder zum Gottesdienst geht. All das wird in diesem Jahr nicht stattfinden können, weil sich eine Pandemie leider nicht an solchen Feiertagen orientiert.“ Sagt die Kanzlerin. Ostergottesdienste, Eiersuchen oder -trudeln im Freien und besonders auch die Osterfeuer sind Ansteckungsquellen. Ein erhöhter Reise- und Besuchsverkehr zu Ostern könnte die Zahl der Infektionen steigen lassen.
Die tatsächliche Dimension neuer Erkrankungen würde wegen der Inkubationszeit erst schrittweise nach dem 20. April bekannt. Sollen dann zum Beispiel gerade geöffnete Schulen gleich wieder geschlossen werden? „Wir müssen alles tun, um zu verhindern, dass wir vom Regen in die Traufe kommen, und müssen die Dinge jetzt weiter einhalten“, sagt Angela Merkel.
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Auf Basis der Empfehlungen des Robert-Koch-Instituts will sie mit den Ministerpräsidenten am Dienstag nach Ostern – dem 14. April – über das weitere Vorgehen entscheiden.
Ein wichtiger Indikator ist die Verdoppelungszeit der Infektionen. Ging die Politik bisher von zehn bis zwölf Tagen Verdoppelungszeit aus, sind es laut Kanzlerin nun „eher zwölf, 13 oder 14 Tage“. Sonst könnten die Kliniken überlastet werden. Der nach einer Karnevalssitzung als Erstes besonders betroffene Kreis Heinsberg, der daraufhin eine weitgehende Quarantäne verordnet hatte, liegt inzwischen bei 16 Tagen Verdoppelungszeit. In jedem Fall sollen in Deutschland massenhafte Ausflüge und Reisen bei schönem Osterwetter verhindert werden.
Sind private Osterbesuche verboten?
Nicht generell. Es gibt eine Aufforderung, darauf zu verzichten. Wer sich mit seiner Familie oder einer nicht im eigenen Haushalt lebenden Person ins Auto oder in den Zug setzt, kann das in der Regel tun. Außer Familienbesuchen gibt es allerdings kaum Optionen, da die meisten Hotels geschlossen sind.
Wer touristische Übernachtungsangebote anbietet, muss je nach Bundesland mit Bußgeldern bis zu 10 000 Euro rechnen. In Nordrhein-Westfalen muss 500 Euro zahlen, wer privat in einem Hotel übernachtet.
Die Landesregierung in Mecklenburg-Vorpommern hat am Donnerstag Osterausflüge über die nähere Umgebung hinaus verboten. Tagesausflüge etwa zu den Inseln Rügen, Usedom und Hiddensee, an die Ostseeküste sowie an die Mecklenburgische Seenplatte müssen von Karfreitag bis Ostermontag unterbleiben, sagte Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) am Donnerstag. Menschen aus anderen Bundesländern dürfen seit Mitte März nicht mehr als Touristen in das Bundesland kommen.
Bei Verstößen gegen die Verbote gilt auch in Mecklenburg-Vorpommern ein eigener Bußgeldkatalog. Wer zum Beispiel den Mindestabstand zu anderen Personen nicht einhält, muss mit einer Strafe von 150 Euro rechnen. „Jeder überbietet sich im Verbieten“, ächzt ein Landespolitiker. So sind die meisten Parks zwar weiter offen – aber fast überall gilt ein Picknick- und Grillverbot. Bisher gibt es kaum eine Debatte darüber, ob das alles sinnvoll und rechtlich zulässig ist.
Das umstrittene Einreiseverbot des brandenburgischen Landkreises Ostprignitz- Ruppin zum Beispiel für Menschen aus Berlin mit Zweitwohnsitz im Kreis ist nach Auffassung des Verwaltungsgerichts Potsdam nicht rechtens. Das Gericht könne derzeit nicht feststellen, dass das Verbot zur Verhinderung der Verbreitung des Coronavirus erforderlich sei, hieß es in einem Urteil am Donnerstag.
Was hat die Bahn über die Feiertage geplant?
Die Deutsche Bahn AG rechnet über die Osterferien nicht mit vollen Zügen. Das Fahrgastaufkommen sei seit März massiv zurückgegangen, sagte ein Sprecher. Internationale sowie einige touristische Ziele würden nicht mehr angefahren. „Aus diesen Gründen gehen wir nicht davon aus, dass es Ostern zu vollen Fernverkehrszügen kommt.“
Weitere Fahrplaneinschränkungen anlässlich der Ferien seien derzeit nicht geplant, sagte eine Bahn-Sprecherin. Auf der Internetseite der Deutschen Bahn (DB) steht, man werde weiterhin eine verlässliche Grundversorgung bieten. Das Unternehmen sei in „ständigem Austausch“ mit den Behörden und folge den Empfehlungen des Robert-Koch-Instituts (RKI), sagte der Sprecher.
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Man sei „umfassend auf eine Ausbreitung des Coronavirus in Deutschland vorbereitet“. In den Zügen selbst „gelten die allgemeinen Empfehlungen“ des RKI, sagte der Sprecher. Das betreffe auch das Abstandhalten zu Mitreisenden, das empfohlen sei. Tickets würden nur noch auf Sicht kontrolliert.
Kann man mit dem Flixbus reisen?
Nein. Flixbus hat seine Fahrten am 17. März eingestellt. Das gelte „bis auf Weiteres“, sagte eine Sprecherin. Damit folge das Unternehmen den Leitlinien der Regierung, soziale Kontakte zu beschränken. „Da wir unseren Fahrgästen und Fahrern gegenüber eine enorme Verantwortung tragen, stehen wir in engem Austausch mit den Behörden und Partnern und setzen beschlossene Maßnahmen und Empfehlungen selbstverständlich um“, sagte die Sprecherin. Fahrgäste, deren Busse storniert wurden, bekommen einen Gutschein in Höhe des Ticketpreises. Stornierungsgebühren fallen nicht an.
Darf man jetzt noch ein Auto mieten?
Ja, es ist weiterhin möglich, ein Auto zu mieten. Dass Mietfahrzeuge über Ostern ausgebucht sein werden, ist unwahrscheinlich. Sixt teilte auf Anfrage mit, man gehe von einem „deutlichen Rückgang der Nachfrage“ aus – nicht nur wegen der Kontaktbeschränkungen, sondern auch aufgrund der weitgehenden Stilllegung des Flugverkehrs.
„Dies betrifft auch insbesondere die Zeit der anstehenden Osterferien.“ Sowohl Sixt als auch Europcar versicherten, die Sicherheit der Kunden und Mitarbeiter habe „allerhöchste“ beziehungsweise „oberste Priorität“.
Beide Unternehmen teilten mit, derzeit zusätzliche Hygienemaßnahmen zu ergreifen. So würden etwa Autos zwischen den einzelnen Vermietungen verstärkt desinfiziert, auch in Filialen befolge man Abstandsregelungen und desinfiziere.
Europcar gab zum Beispiel an, der Fahrzeugschlüssel werde „nach der Desinfektion in einem verschlossenen Umschlag übergeben“, um Infektionen zu verhindern. Zudem stehe man mit den Behörden in Kontakt und beobachte die Lage aufmerksam.