Gemeinsame Idee von FDP und Verbraucherschützern: Wie Aktien die Rente sicher machen können
Schweden hat sein Rentensystem erfolgreich reformiert. Deutschland sollte das nachmachen. Ein gemeinsamer Gastbeitrag in nicht alltäglicher Kombination.
- Dorothea Mohn ist Leiterin des Finanzmarkt-Teils des Bundesverbands Verbraucherzentrale vzbz. Johannes Vogel ist Sprecher für Arbeitsmarkt- und Rentenpolitik der FDP-Bundestagsfraktion.
Genug Rente für einen sorgenfreien Ruhestand. Dieses Ziel ist für die allermeisten Menschen in Deutschland nach Lage der Dinge nur über ein Zusammenspiel zwischen gesetzlicher Rente und privater sowie betrieblicher Zusatzvorsorge zu erreichen. Das Problem: Alle drei Bestandteile sind dringend reformbedürftig. Mit Blick auf das Wie und Warum einer Reform haben Verbraucherschützer und Freie Demokraten durchaus unterschiedliche Auffassungen. Was uns eint, ist hingegen die Überzeugung, dass es vorangehen muss. Und dass Deutschland von den Reformen anderer Länder lernen kann. Konkret: von Schweden.
Warum? Das Land hat vor rund 20 Jahren ähnlich wie die Bundesrepublik eine Reform durchgeführt und dabei Teile der Umlage durch Kapitaldeckung ersetzt. Im Gegensatz zu Deutschland allerdings mit nachhaltigem Erfolg und Akzeptanz. Der Schlüssel: Mit einem öffentlichen Vorsorgefonds – nach wissenschaftlichen Erkenntnissen designt und verwaltet von Profis – wurde eine global gestreute Aktienanlage geschaffen.
Seither partizipieren die schwedischen Versicherten Jahr für Jahr am Wachstum der Weltwirtschaft – zum Einkaufspreis institutioneller Anleger. Hier ist der Kern unserer gemeinsamen Überzeugungen: Eine global gestreute Aktienanlage durch einen öffentlichen Vorsorgefonds kann die Altersvorsorge besser machen.
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Die negativen Erlebnisse mancher Bürgerinnen und Bürger mit Aktien gehen auf schlechte Anlageentscheidungen und falsche Versprechungen zurück, nicht auf unbeherrschbare Gefahren. Die Telekom-Aktien oder der neue Markt waren Trends, denen sich kein Profi ausgeliefert hätte. Im Rahmen einer langfristig ausgerichteten globalen Geldanlage wären sie nicht einmal aufgefallen.
Wichtig für die rentenpolitische Debatte: Es geht hierbei nicht um Privatisierung. Der Vorsorgefonds ist in Schweden Teil der ersten Säule. Rentenversicherte Schwedinnen und Schweden müssen sich keine Gedanken machen, ob sie mitmachen wollen oder nicht, sie müssen – dafür wurde der Beitrag zur Umlage entsprechend reduziert. Zu entscheiden bleibt dort allein, ob der öffentliche Vorsorgefonds genutzt werden soll oder lieber ein privates Angebot. Die allermeisten Schwedinnen und Schweden entscheiden sich inzwischen für den öffentlichen Vorsorgefonds.
Der FDP-Vorschlag: eine "gesetzliche Aktienrente"
Die Freien Demokraten schlagen vor, diesen Teil des schwedischen Systems im Rahmen einer „Gesetzlichen Aktienrente“ auch in Deutschland einzuführen. Damit würde die erste Säule der Altersvorsorge breiter aufgestellt. Langfristig ließen sich so die Rentenfinanzen stabilisieren und zugleich die Vorteile der gesetzlichen Rentenversicherung erhalten.
Zudem würde der Sinkflug des Rentenniveaus in der ersten Säule gestoppt und das Versorgungsniveau langfristig wieder gesteigert. Das wäre gerade für Geringverdiener wichtig, die überproportional von diesem Konzept profitieren würden und sich ergänzende Vorsorge oft nicht leisten können. Schließlich besteht auch die Chance, die Deutschen mit Aktien zu versöhnen und stärker zu einem Volk von (Unternehmens-)Eigentümern zu machen.
Die Verbraucherschützer sehen den Fonds als Teil der privaten Vosorge
Auch der Bundesverband der Verbraucherzentralen vzbv fordert seit Langem einen staatlich organisierten Vorsorgefonds nach schwedischem Vorbild. Die Verbraucherschützer sehen den Fonds allerdings nicht als Teil der gesetzlichen Rentenversicherung, sondern als Instrument der privaten Vorsorge. Hauptmotiv: Die aus Sicht des vzbv unrentable und unflexible Riester-Rente muss dringend ersetzt werden.
Das schwedische Vorbild zeigt dabei, wie es gehen muss: Ein öffentlicher Vorsorgefonds organisiert die Kapitalanlage für Verbraucherinnen und Verbraucher. Bei der Daseinsvorsorge muss sich die Politik um ein gutes Angebot kümmern. Der Markt alleine ist nicht gut bei komplexen Gütern wie Gesundheitsdienstleistungen oder Vorsorgeverträgen, so die Überzeugung des vzbv.
Verbraucherschützer: FDP-Vorschlag aus drei Gründen gut
Trotz dieser Unterschiede ist der Vorschlag der FDP aus Sicht des Verbraucherschutzes bemerkenswert: Erstens bringt er pünktlich zum Wahlkampf Schwung in die festgefahrene rentenpolitische Debatte.
Zweitens ist er undogmatisch: Das Eintreten der FDP für die Idee eines öffentlichen Non- Profit-Vorsorgefonds ist auch im übertragenen Sinne ein deutliches Zeichen an die anderen Parteien: Wenn es vorangehen soll, muss jeder seinen Standpunkt überdenken.
Drittens sieht der Vorschlag der FDP auch eine Öffnung des Vorsorgefonds über die erste Säule hinaus vor: Gesetzlich Rentenversicherte sollen auch jenseits des Pflichtbeitrags in den Fonds einzahlen können, um privat vorzusorgen – auf freiwilliger Basis. Gleiches ist für weitere Gruppen wie Selbstständige denkbar.
Schließlich gilt: Wer die Debatte um eine zukunftssichere Alterssicherung führt, muss um den Wert der Gesetzlichen Rentenversicherung als integrierende Kraft unserer Gesellschaft wissen. In den Worten der Verbraucherschützer: Die Rente muss zuallererst um der Rente wegen selbst besser werden. In den Worten der Freien Demokraten: Die Rente muss für alle Generationen stabil und für die ganze Gesellschaft fair sein.
Dorothea Mohn, Johannes Vogel