zum Hauptinhalt
Nordkorea (hier ein Archivbild) will sich nicht davon abbringen lassen, Atommacht zu werden. Auch vor Drohungen schreckt das Regime nicht zurück.
© Wong Maye-E/AP/dpa

Atomkonflikt: Wer könnte jetzt mit Nordkorea sprechen?

Der Atomkonflikt mit Pjöngjang bedroht den Frieden. Kommunikation mit dem Regime wäre wichtig. Doch es gibt kaum Kontakte. Eine Analyse.

Die ganze Absurdität im Umgang mit Nordkorea zeigt sich an manchen Tagen in der vier Kilometer breiten und 248 Kilometer langen Demilitarisierten Zone (DMZ) auf der koreanischen Halbinsel.

Zum Beispiel wenn eine südkoreanische Grenzstreife einen reglosen Körper auf der nordkoreanischen Seite entdeckt. Oder, banaler, wenn in der neutralen Zone eine Hecke beschnitten werden muss, weil sie einen Grenzpfosten zu verdecken droht. Dann ruft der diensthabende US-Offizier mit einem besonderen Telefon im Norden an. Es klingelt dort offenbar auch – doch kein Nordkoreaner nimmt das Gespräch an.

Anschließend geht der US-Offizier in der militärischen Siedlung Panmunjom hinunter zur Demarkationslinie, die beide Länder seit dem Waffenstillstandsabkommen von 1953 trennt. Sobald die nordkoreanischen Militärs die Soldaten sehen, kommen sie ihnen entgegen.

Ein nordkoreanischer Soldat beginnt mit einer Videokamera die Abordnung auf der anderen Seite zu filmen. Dann gibt der US-Offizier sein Anliegen bekannt. Mit einem Megafon. Er ruft: Regloser Körper entdeckt. Oder: Wir müssen die Hecke schneiden.

"Niemand nimmt das Telefon ab"

Was der pensionierte Schweizer Generalmajor Urs Gerber bei einem Korea-Workshop der Konrad-Adenauer-Stiftung vom Einsatz in der demilitarisierten Zone berichtet, offenbart ein zentrales Problem im Nordkorea-Konflikt. Es existiert zurzeit kein offizieller Kanal, auf dem Süd- und Nordkorea miteinander kommunizieren können. „Nordkorea nimmt das Telefon nicht ab“, bestätigt auch Moon Chung In, Sonderberater für Auswärtige Angelegenheiten und Nationale Sicherheit des südkoreanischen Präsidenten Moon Jae In.

Dabei ist Kommunikation immens wichtig, um zu verhindern, dass das Heckenschneiden nicht versehentlich eine militärische Auseinandersetzung oder gar einen Krieg auslöst. Urs Gerber, der als Chef der Schweizer Delegation der Neutral Nations Supervisory Commission (NNSC) die Demarkationslinie in Panmunjom überwacht hat, fordert vor allen Verhandlungen: „Als erstes müssen die wichtigsten Akteure Kommunikationskanäle etablieren.“

Das Regime braucht externe Bedrohungen, um die darbende Bevölkerung von den innenpolitischen Problemen abzulenken. [...] Gespräche nützen also nichts, da eine Deeskalation den Interessen des Regimes diametral entgegengesetzt wäre.

schreibt NutzerIn fritz

Eine friedliche Lösung des Nordkorea-Konflikts wäre für die Sicherheit der Region und der Welt von großer Bedeutung. Das unterstrich am Freitag auch die Zuerkennung des Friedensnobelpreises für die Internationale Kampagne zur Abschaffung von Atomwaffen (ICAN).

Gefahr eines Nuklear-Kriegs wächst

Die fortgeschrittene atomare Aufrüstung Nordkoreas, die das Regime zuletzt mit seinem sechsten Atomtest unter Beweis gestellt hat, lässt einen nuklearen Krieg wieder wahrscheinlicher erscheinen. Kim Jong Un droht den USA immer wieder mit einem Atomwaffenangriff. Auch Südkorea und Japan werden verbal bedroht. Zuletzt kündigte Nordkoreas Außenminister an, eine Wasserstoffbombe zu Testzwecken über dem Pazifik explodieren lassen.

Früher hat Nordkorea nach Auskunft von Generalmajor Urs Gerber kurz vor einem Raketentest stets bei einer Organisation der Vereinten Nationen angerufen und den Start bekannt gegeben. Um den Schiffs- und Flugverkehr im Zielgebiet zu warnen. Bei den letzten Raketentests, die über Japans Nordinsel Hokkaido hinweg flogen, sei das aber nicht mehr erfolgt. „Auch das ist eine neue Eskalationsstufe“, sagt Gerber.

Auch deeskalierende Töne aus Washington

Vor dem Hintergrund dieser Spannungen klangen zuletzt die Worte von US-Außenminister Rex Tillerson erfreulich deeskalierend. Er betonte beim Besuch in Peking die Notwendigkeit des Dialogs mit Nordkorea und erklärte, die USA hätten drei Kanäle zur direkten Kommunikation mit Pjöngjang. Einer dieser Kontakte besteht bei den Vereinten Nationen in New York. Dort sprachen beide Seiten über die Überführung des später verstorbenen US-Koma-Patienten und Gefangenen Otto Warmbier miteinander.

Kim Jong Un will Atomwaffen - um jeden Preis.
Kim Jong Un will Atomwaffen - um jeden Preis.
© Reuters

„Wir können sprechen und wir sprechen auch mit ihnen“, sagte Tillerson. Allerdings wurde ihm sofort widersprochen – von seinem eigenen Präsidenten. „Tillerson verschwendet seine Zeit, wenn er versucht, mit dem kleinen Raketenmann zu verhandeln“, twitterte Donald Trump. In einem weiteren Tweet schrieb er: „Wir werden tun, was getan werden muss.“

Damit stieß der US-Präsident auch die südkoreanische Regierung um Präsident Moon Jae In vor den Kopf, die neben Abschreckung ebenfalls auf Dialog setzt. Und er verstärkte die Befürchtungen Seouls, dass Südkorea in der Nordkorea-Krise nur eine Nebenrolle spielen könnte. Und das, obwohl eine militärische Auseinandersetzung vor allem auf der koreanischen Halbinsel ausgetragen werden würde. Mit wohl katastrophalen Folgen.

China mit den besten Kontakten

Den traditionell besten Kontakt zu Nordkorea besitzt China. Der politische Verbündete ist auch wirtschaftlich wichtigster Handelspartner. 2015 stammten 85 Prozent aller Importe Nordkoreas aus China, 83 Prozent der nordkoreanischen Waren nahmen den entgegengesetzten Weg. Zwar sind die alten politischen Allianzen noch intakt, China und Russland stimmten zuletzt im UN-Sicherheitsrat nur abgeschwächten Sanktionen gegen Nordkorea zu.

Donald Trump setzt auf einen harten Kurs gegenüber dem Regime in Pjöngjang.
Donald Trump setzt auf einen harten Kurs gegenüber dem Regime in Pjöngjang.
© Brendon Smialowski/AFP

Doch die Beziehungen zu Peking haben sich unter Kim Jong Un deutlich verschlechtert. Schon kurz nach seinem Amtsantritt ließ der junge Diktator seinen Onkel Jang Song Thaek hinrichten, der beste Kontakte nach Peking besessen hatte. Ihm wurde unter anderem der Ausverkauf von Rohstoffen nach China vorgeworfen. Im Gegensatz zu seinem Vater und Großvater hat Kim Jong Un China auch noch nie offiziell besucht.

Deutschland bietet Hilfe an

Auch die deutsche Bundesregierung bietet Hilfe an. Zwar ist sie in diesen Konflikt nicht unmittelbar involviert, doch Deutschland ist eines von nur 24 Ländern, die in Pjöngjang mit einer Botschaft diplomatisch vertreten sind.

Und dann gibt es noch einen US-Amerikaner, der ein hervorragendes Verhältnis zum Diktator besitzt: Dennis Rodman. Der exzentrische ehemalige US-Basketballstar, der auch mal in Frauenkleidern aufgetreten ist, hat Kim Jong Un schon fünfmal besucht. Und hat ihm das Buch „The Art of the Deal“ von Donald Trump überreicht.

Könnte Rodman vielleicht diplomatisch helfen? Moon Chung In, Sonderberater des südkoreanischen Präsidenten, schüttelt den Kopf und verzieht das Gesicht. Er wirkt ein wenig verzweifelt.

Zur Startseite