Politologin Ursula Münch über Armin Laschet: „Wenn er nicht Kandidat wird, ist er sehr beschädigt“
Laschets Umfragewerte sind derzeit katastrophal. Wird er nicht Kanzlerkandidat, ist er dann noch als CDU-Chef zu halten? Ein Interview mit Politologin Münch.
Ursula Münch ist Direktorin der Akademie für Politische Bildung in Tutzing.
Ist Armin Laschet als Kanzlerkandidat bereits irreparabel beschädigt?
Beschädigt ja, irreparabel bin ich mir noch nicht sicher. Das hängt davon ab, wer von den beiden die besseren Nerven hat. Natürlich hat Söder jetzt einen großen Vorteil und Laschet ist in der Defensive und hat die schlechteren Karten. Aber ganz abschreiben würde ich Laschet nicht. Er könnte noch aus der Nummer rauskommen.
Wie denn?
Er hat das CDU-Präsidium und den Vorstand hinter sich. Was soll die CSU machen, wenn er es selbstbewusst auf einen Machtkampf ankommen lässt? Dieses Szenario wird in der CSU durchaus erwogen.
Laschets Umfragewerte sind aber katastrophal.
Die Umfragen sind katastrophal, aber verschlechtern könnten sie sich für einen Kanzlerkandidaten Söder ab kommende Woche womöglich auch. Die Leute werden von den Medien darauf gestoßen werden, wie er und die CSU mit Laschet und der CDU umgegangen sind, und die Grünen werden ihren Kanzlerkandidaten vorstellen. Da ist viel Dynamik drin.
Wäre Laschet, wenn er als Kanzlerkandidat scheitert, als CDU-Chef und Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen noch zu halten?
Wenn er nicht Kandidat wird, wäre er sehr beschädigt. Aber die CDU wird wohl kaum kurz vor der Bundestagswahl noch ihren Parteivorsitzenden zurücktreten lassen. Noch ein größeres Geschenk könnte man den Grünen ja nicht machen. Da halte ich Laschet für zu pflichtbewusst, der schmeißt nicht gleich alles hin. Er würde vermutlich während des Wahlkampfes gute Miene zu bösem Spiel machen. Vielleicht rettet ihn das auch am Ende. Auch als Ministerpräsident wird er erstmal bleiben, auch wenn alle anfangen, an seinem Stuhl rumzusägen.
Was bedeutet dieser Konkurrenzkampf für die Union?
Dieser wird auch deshalb als Debakel wahrgenommen, weil die Prozesse nicht klar sind. Welche Rolle spielen die Parteigremien und Hierarchien noch? Oder geht es nur noch um Meinungsumfragen? Das stellt die CDU/CSU vor Grundsatzfragen.
Wenn die Union die Zeit zurückdrehen könnte, wie hätte es besser laufen können zwischen den Schwesterparteien?
Laschet war nie der ideale Kandidat und damit von Anfang an ein tendenziell schwacher Vorsitzender. Andere formale Regelungen für diesen Konkurrenzkampf sind schwierig. Wie soll man sowas schon regeln? Mitgliederentscheide haben sich nicht bewährt.
Das Problem liegt hier hauptsächlich im persönlichen Konflikt zwischen den beiden und an Söder als so von sich überzeugter und überzeugend auftretender Gegenkandidat aus Bayern. Er ist raffinierter als Seehofer oder Strauß. Er ist intelligent, schnell und rhetorisch gewandt. Er schafft es, Leute in die Enge zu treiben und sich selbst ein Hintertürchen aufzuhalten. Da ist Laschet meilenweit unterlegen.
Ist die Situation denn mit historischen Ereignissen in der Union zu vergleichen?
1979 mit Strauß gab es auch viel Kraftmeierei. Aber jetzt gibt es diese Kraftmeierei in vergifteten Söder-Charme gekleidet. Und es gibt durch die Relativierung der Parteigremien auch eine populistische Wendung.
Hat sich die Union mit dieser Situation vor der Bundestagswahl selbst ins Aus gespielt?
Die Union könnte es noch schaffen, die öffentliche Darstellung zu einem positiven Wettbewerb zwischen den besten Kandidaten zu drehen. Da ist noch viel offen.
Was für Auswirkungen könnten die Landtagswahlen in Sachsen-Anhalt haben?
Für die Union in Ostdeutschland wäre Söder der bessere Kanzlerkandidat. Gerade mit Blick auf die Pandemie und die Flüchtlingspolitik und den Wunsch nach einem handlungsfähigen Staat kann er die Sehnsüchte der Konservativen dort besser befriedigen als Laschet.