Merz, Laschet oder Röttgen: Welche Hoffnungen die Grünen mit dem neuen CDU-Chef verbinden
Wer CDU-Chef wird, scheint den Grünen relativ egal. Trotzdem erwartet man sich von der Wahl am Samstag einen entscheidenden Vorteil.
Für die Grünen ist die Wahl des neuen CDU-Vorsitzenden mit Hoffnungen verbunden. Einen Favoriten scheint die Parteispitze zwar nicht zu haben, doch der Samstag markiert den entscheidenden Schritt für die Neuaufstellung der Konservativen in der Post-Merkel-Ära. Dass die Kanzlerin nicht mehr zur Wahl antritt, so der Eindruck vieler führender Grünen, ist bei der Bevölkerung noch gar nicht angekommen. Zu sehr bindet die Bekämpfung der Corona-Krise zu Beginn des Wahljahrs die Aufmerksamkeit des Wahlvolks – und davon profitieren vor allem die krisengestählte Regierungschefin und ihre Union.
Doch mit dem Samstag, so das Kalkül, beginnt sich das zu ändern. „Die Union ist überbewertet und weiß das auch“, sagte Parteichef Robert Habeck unlängst. Entscheidend sei für die Grünen, ob die Frage, wer wie die Zukunft gestalte, irgendwann die Frage verdränge, wie man über die nächsten Wochen komme.
In der Parteizentrale erwartet man, dass die Erkenntnis, dass Merkel nicht mehr antritt bis zum Wahltermin steigen und immer spürbarer wird. Je näher die Wahl rückt, desto mehr werde man sich mit dem Spitzenpersonal der Parteien beschäftigen. Der neue CDU-Chef, der auch ein möglicher Kanzlerkandidat ist, werde im medialen Fokus stehen, sich bewähren müssen und dürfe keine Fehler machen. Für die Grünen eine Chance, den Wahlkampf aufzunehmen und sich dabei nicht an Angela Merkel abzuarbeiten, die bis tief ins eigene Lager hinein respektiert wird.
„Ich erwarte, dass unter einem neuen CDU-Vorsitzenden die Tore nach Rechtsaußen geschlossen bleiben“, sagt der Politische Bundesgeschäftsführer der Grünen, Michael Kellner, dem Tagesspiegel. Er ist für den Wahlkampf der Partei verantwortlich. Je nach Wahlausgang wird man sich strategisch auf einen der drei Männer aus Nordrhein-Westfalen einstellen. Dass man mit Parteichefin Annalena Baerbock eine Frau als mögliche Kanzlerkandidatin hat, ist dabei sicher kein Nachteil.
Gleichwohl, Präferenzen gibt es nicht. Ein Friedrich Merz könne im Wahlkampf zwar mehr polarisieren und so bei der Mobilisierung helfen, als beispielsweise ein Armin Laschet. Doch sollte es am Ende auf Schwarz-Grün herauslaufen, will man dann wirklich als Juniorpartner mit ihm koalieren? „Eine CDU unter Friedrich Merz würde sicherlich stärker von einer Politik geprägt werden, die sich weit von uns weg und weit von der gesellschaftlichen Mitte dieses Landes wegbewegt“, sagte Habeck Anfang der Woche, ergänzte aber: „Die Auseinandersetzung würde inhaltlich geführt werden.“
Mit Röttgen beschäftigt man sich noch nicht
Mit Norbert Röttgen beschäftigt man sich derweil noch gar nicht. Ein strategisches Dossier über ihn habe man nicht in der Schublade, heißt es aus Parteikreisen. Dabei wirkt der frühere Umweltminister Röttgen auf den ersten Blick als natürlicherer Vermittler für ein Bündnis zwischen Konservativen und der Öko-Partei.
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Im Wahlkampf heiße es Schwarz gegen Grün, betonen Grüne im Hintergrund. Man will den Eindruck vermeiden, man wolle unbedingt mit der CDU koalieren. Schließlich haben die Grünen in den vergangenen Tagen klargemacht, dass sie – wenn auch als „Underdog“ – ums Kanzleramt kämpfen werden. Der von der Basis bevorzugte, wenngleich rechnerisch unwahrscheinlicher, Weg dafür wäre dann ein Bündnis mit SPD und Linken. Das sozialpolitisch fokussierte Strategiepapier, das der Bundesvorstand auf seiner Neujahrsklausur verabschiedet hat, ist dafür ein erster Aufschlag.
Man will links blinken, um nicht zu sehr als Union-Fans wahrgenommen zu werden. Tatsächlich reagierte der Generalsekretär der CDU, Paul Ziemiak, prompt: "Kinder können nicht auf Schuldenbergen spielen", twitterte und wetterte weiter: Die Grünen "wollen die Schuldenbremse schleifen und legen die Axt an Generationengerechtigkeit und Nachhaltigkeit an".
2021 soll es für die Grünen endlich wieder in die Regierung gehen. Von Roten Linien oder Wunschkoalitionen will deswegen momentan niemand öffentlich sprechen. Die Grünen wollen sich alle Optionen offenhalten – egal, wer CDU-Chef wird.