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Wolfgang Schmidt, designierter Chef des Bundeskanzleramtes, am Montag in Berlin.
© Florian Gärtner/ imago images/photothek

Neuer Chef des Bundeskanzleramts: Was wird aus dem Strafverfahren gegen Wolfgang Schmidt?

Noch wird gegen den SPD-Politiker wegen eines Twitter-Posts ermittelt. Der ist offenbar bemüht, das Verfahren bis zu seiner Ernennung aus der Welt zu schaffen.

Es war erwartet worden, dass Olaf Scholz den Posten des Kanzleramtschefs mit seinem Vertrauten Wolfgang Schmidt besetzen wird. Schmidt ist ein langjähriger Vertrauter des künftigen Kanzlers und hat als Staatssekretär im Bundesfinanzministerium eng mit Scholz zusammengearbeitet.

Ungewöhnlich ist die Personalie in anderer Hinsicht: Derzeit laufen noch strafrechtliche Ermittlungen gegen den Spitzenbeamten, wie die Staatsanwaltschaft Berlin am Montag auf Anfrage bestätigt hat. Nach Tagesspiegel-Informationen soll Schmidt aber derzeit bemüht sein, das Verfahren bis zu seiner offiziellen Ernennung einstellen zu lassen. Weder die Staatsanwaltschaft noch das Bundesfinanzministerium wollten dies bestätigen.

Läuft das Verfahren bis zur Ernennung weiter, würde wohl zum ersten Mal in der Geschichte der Bundesrepublik jemand Mitglied einer Bundesregierung, gegen den parallel ermittelt wird. „Dem Bundeskanzleramt sind keine entsprechenden Fälle bekannt“, heißt es dazu aus der Regierungszentrale.

Eingehandelt hat sich Schmidt das Verfahren durch einen Post im sozialen Netzwerk Twitter. Im Zuge staatsanwaltschaftlicher Durchsuchungen des Bundesfinanzministeriums kurz vor den Bundestagswahlen veröffentlichte er dort Auszüge aus dem gerichtlichen Durchsuchungsbeschluss im Wortlaut.

Amtliche Dokumente aus laufenden Strafverfahren dürfen nicht publiziert werden. Darin liegt eine „Verbotene Mitteilung über Gerichtsverhandlungen“ nach Paragraf 353d Strafgesetzbuch, die mit Haft bis zu einem Jahr bestraft werden kann.

Ob ein Minister in dieser Situation ernannt werden kann, sei eine politische Frage, sagt das Kanzleramt

Wie sein Vorgänger Helge Braun (CDU) soll Schmidt offenbar den Posten als „Bundesminister für besondere Aufgaben“ besetzen. Er gehört damit zum Kabinett, steht in einem öffentlich-rechtlichen Amtsverhältnis und hat dieselben Rechte und Pflichten wie die anderen Ministerinnen und Minister.

[Lesen Sie auch: Der neue Kanzleramtschef – was treibt Wolfgang Schmidt an? (T+)]

Zugangsvoraussetzungen für den Job regelt weder das Bundesministergesetz noch das Grundgesetz. Olaf Scholz ist daher frei darin, sich als Kanzler seine Regierungsmitglieder zusammenzusuchen. Auch der Bundespräsident, der die Minister ernennt, kann sich hier nicht querstellen. „Ob ein Ermittlungsverfahren wegen eines Delikts nach dem Strafgesetzbuch einer Ernennung zur Bundesministerin oder zum Bundesminister entgegensteht, ist keine rechtliche, sondern eine vornehmlich politische Frage“, heißt es aus dem Kanzleramt.

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Schmidt, der via Twitter und über seine Journalistenkontakte als „Spindoktor“ für Scholz gewirkt hat, hielt seine Publikation bisher für gerechtfertigt. Nach Bekanntwerden der Ermittlungen verbreitete der Politiker ebenfalls via Twitter, dass in Medienberichten zu der Razzia aufgrund einer staatsanwaltschaftlichen Pressemitteilung ein „falscher Eindruck“ entstanden sei.

Deshalb sei die Twitter-Veröffentlichung „nötig“ gewesen. Ob die Staatsanwaltschaft sich davon überzeugen lassen würde, war aber zweifelhaft. Möglich erscheint nun, dass Schmidt sich mit der Zahlung einer Geldauflage einverstanden erklärt hat, um das Verfahren zu beenden.

Offen ist, ob Schmidt den ganzen Durchsuchungsbeschluss Journalisten zugespielt hat

Offen ist zudem, ob Schmidt den gesamten Text des Durchsuchungsbeschlusses möglicherweise Journalistinnen und Journalisten durchgesteckt hat. Vertraulich, um nicht als Quelle zu erscheinen. Auch dies könnte eine Straftat nach Paragraf 353d sein. Das Berliner Verwaltungsgericht hat das Finanzministerium nach einem Antrag des Tagesspiegels zu Auskünften verpflichtet, die bislang nicht erteilt wurden (Az.: VG 27 L 298/21). Das Ministerium hat gegen den Beschluss Beschwerde eingelegt.

Unklar ist auch, welche weiteren Dokumente oder amtliche Stellungnahmen Schmidt vertraulich Medien zugespielt hat, um den Noch-Bundesfinanzminister in gutem Licht erscheinen zu lassen, insbesondere in den Diskussionen um Cum-Ex-Geschäfte der Hamburger Warburg-Bank sowie dem Wirecard-Skandal.

In einem weiteren auskunftsrechtlichen Verfahren vor dem Verwaltungsgericht erklärte das Ministerium gegenüber dem Tagesspiegel, Schmidt könne seinen vielfachen Austausch mit Journalisten „nicht rekonstruieren“. Auch auf seinen elektronischen Geräten werde dieser nicht nachgehalten. Das Gericht wies den Informationsantrag des Tagesspiegels daraufhin ab, da diese Angaben als Antwort genügen müssten (Az.: VG 27 L 342/21).

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