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Wladimir Putin und Donald Trump trafen sich in Helsinki.
© Evan Vucci, dpa

Vor dem Gipfel in Helsinki: Was verbindet Putin und Trump?

Die Staatschefs Russlands und der USA treffen sich am Montag in Helsinki zu ihrem ersten Gipfel. Stationen einer bemerkenswerten Beziehung.

Donald Trump hat kein Problem damit, selbst engste Verbündete vor den Kopf zu stoßen. Allerdings gibt es einen Staatschef, über den der US-Präsident noch kein negatives Wort gesagt hat: Wladimir Putin. Am Montag treffen sich die beiden zu ihrem ersten Gipfel in Helsinki. Der russische Präsident sei ein Konkurrent, aber kein Feind, betonte Trump. Er kenne Putin nicht gut genug, um ihn als seinen Freund zu bezeichnen. „Hoffentlich wird er eines Tages vielleicht ein Freund sein. Es könnte passieren.“ Stationen einer bemerkenswerten Beziehung:

Dezember 2015, Kreml, Moskau

Was Wladimir Putin in seiner jährlichen Pressekonferenz sagt, wird im russischen Staatsfernsehen live übertragen und findet weltweit Beachtung. Dieses Mal äußert sich Putin auch über Donald Trump, der zu diesem Zeitpunkt noch die Präsidentschaftskandidatur der US-Republikaner anstrebt. Kaum jemand glaubt, dass sich dieser Mann ein halbes Jahr später die Kandidatur sichern wird. Dass Trump tatsächlich Präsident werden könnte, scheint politischen Beobachtern in den USA unvorstellbar. Umso bemerkenswerter ist es, dass Putin in dieser Situation lobende Worte für Trump findet. Dieser sei eine sehr markante Person und „sehr talentiert“, sagt der russische Präsident. „Er ist der absolute Favorit im Rennen um die Präsidentschaft.“

Von diesem Lob wird Trump im Wahlkampf lange zehren. Später sagt er: „Putin nannte mich ein Genie.“ Ein solches Zitat sucht man allerdings vergeblich. Es handelt sich um ein Missverständnis, das auf einem Übersetzungsproblem beruht. Putin bezeichnet Trump mit dem russischen Wort „jarkij“, was hell, auffällig oder markant bedeutet. In US-Medien wird der Begriff mit dem englischen Wort „bright“ übersetzt, was auch „klug“ heißen kann – eine Bedeutung, die das russische Wort nicht hat. In der für Trump typischen Übertreibung wird daraus der Satz, Putin habe ihn „brilliant“ genannt und als Genie bezeichnet. Für den nicht uneitlen Trump ist dieses Lob offenbar von großer Bedeutung.

Januar bis November 2016, USA

Im Wahlkampf sagt Trump immer wieder, er werde gut mit Putin klarkommen. Der Kandidat lobt den russischen Staatschef als echte Führungspersönlichkeit – und baut so einen Kontrast zum US-Präsidenten Barack Obama auf, dem Trump jegliche Führungsqualitäten abspricht. Auch auf Nachfragen sagt Trump kein kritisches Wort über Putin, dessen autoritären Regierungsstil oder die Menschenrechtslage in Russland. Für einen Kandidaten der Republikanischen Partei, die traditionell gegenüber dem Kreml einen schärferen Ton anschlägt als die Demokraten, ist das ungewöhnlich. Zugleich streitet Trump im Wahlkampf persönliche Kontakte nach Russland kategorisch ab. Dabei hat er in den Jahren zuvor mehrfach behauptet, er habe beim Miss-UniversumWettbewerb in Moskau im Jahr 2013 „indirekt und direkt“ mit Putin gesprochen.

9. November 2016, Kreml

Putin ist einer der ersten Staatschefs, die Trump zu seinem überraschenden Wahlsieg gratulieren. Der russische Präsident bringt in dem Glückwunschtelegramm zugleich die Hoffnung zum Ausdruck, die Beziehungen zwischen beiden Ländern könnten aus dem Zustand der Krise herausgeführt werden. Wenige Wochen nach der Wahl sagt Putin über Trump: „Niemand außer uns hat geglaubt, dass er gewinnen würde.“ Der designierte Präsident sei ein „erfahrener Geschäftsmann“. Die folgenden Sätze klingen fast, als würde ein Lehrer seinen Schüler bewerten: Zwar sei Trump noch nicht lange in der Politik, aber „er lernt schnell“. Putin bringt bei dieser Gelegenheit auch eine Idee für einen bilateralen Vertrag ins Gespräch – ausgerechnet zum Thema Cybersicherheit. Hackerangriffe auf Server der US-Demokraten sind in diesen Wochen eines der wichtigsten Themen in den USA, die Spur führt nach Russland.

6. Januar 2017, Washington

Zwei Wochen vor Trumps Amtseinführung veröffentlichen die US-Nachrichtendienste einen aufsehenerregenden Bericht über die Einflussnahme des Kremls im amerikanischen Wahlkampf. Darin heißt es: „Wir stellen fest, dass der russische Präsident Wladimir Putin 2016 eine Einflusskampagne angeordnet hat, die auf die US-Präsidentenwahl abzielte.“ Russlands Ziele seien es gewesen, das Vertrauen der amerikanischen Öffentlichkeit in den demokratischen Prozess zu unterminieren und die Kandidatin Hillary Clinton schlechtzumachen. „Wir stellen außerdem fest, dass Putin und die russische Regierung eine klare Präferenz für den designierten Präsidenten Trump entwickelten.“ Putin und die russische Regierung seien bestrebt gewesen, Trumps Wahlchancen wenn möglich zu verbessern, indem Clinton diskreditiert wurde. Trump, der vorab über die Ergebnisse informiert wurde, greift später vor allem einen Aspekt heraus: Der Bericht kommt zu dem Schluss, dass die Wahlmaschinen nicht von Hackern kontrolliert wurden. Es gebe also „absolut keine Beweise“ dafür, dass die Hackerangriffe einen Einfluss auf das Wahlergebnis hatten, twittert Trump. Einen Tag später betont er, ein gutes Verhältnis zu Russland sei „eine gute Sache, keine schlechte Sache“. Nur „Dummköpfe“ würden denken, das sei schlecht.

10. Mai 2017, Weißes Haus

Trump empfängt den russischen Außenminister Sergej Lawrow und Moskaus Botschafter Sergej Kisljak im Weißen Haus. Das Gespräch findet im Oval Office statt, was für einen solchen Besuch keineswegs selbstverständlich ist. Fotografen von US-Medien sind bei dem Treffen nicht zugelassen, die einzigen Fotos kommen von der russischen Nachrichtenagentur Tass, deren Fotograf Lawrow begleitet. Später wird bekannt, dass Trump seinen Gästen detailliert über eine israelische Geheimdienstoperation in Syrien berichtet hat – ohne vorherige Rücksprache mit Israel, wie das in einem solchen Fall üblich wäre. Trump habe den Russen mehr verraten als die USA ihren eigenen Verbündeten, sagt ein US-Regierungsvertreter Medienberichten zufolge. Nur einen Tag vor dem Treffen hat Trump den FBI-Chef James Comey gefeuert, der wegen Kontakten von Trumps Wahlkampfteam nach Russland ermittelt hatte. Auch einer von Trumps Gästen spielt in der Ermittlung eine Rolle: Botschafter Kisljak sprach nach Trumps Wahlsieg mehrmals mit dessen Berater für nationale Sicherheit, Michael Flynn. Weil Flynn die Unwahrheit über die Gespräche gesagt hatte, musste er gehen. Im Mai 2017 nimmt der Sonderermittler Robert Mueller offiziell Ermittlungen wegen der russischen Einflussnahme im Wahlkampf auf. Gegenstand der Ermittlungen sind auch Kontakte von Trumps Team nach Russland.

7./8. Juli 2017, Hamburg

Am Rande des G-20-Gipfels treffen die Staatschefs Putin und Trump erstmals zusammen. „Es ist eine Ehre, hier mit Ihnen zu sein“, sagt der US-Präsident zur Begrüßung. Sein russischer Amtskollege antwortet deutlich distanzierter: Er sei „erfreut“, Trump zu treffen. Als sich die Staats- und Regierungschefs der G20 am Abend zum Essen treffen, gibt es ein zweites Gespräch der beiden, das nicht geplant war. Putin sitzt neben Trumps Frau Melania, der US-Präsident ist weiter weg platziert. Noch während des Abendessens verlässt Trump seinen Platz und setzt sich zu Putin. Ein informelles Gespräch zweier Staatschefs ist bei einem Gipfel nichts Ungewöhnliches, doch hier ist Medienberichten zufolge von einem etwa einstündigen Gespräch die Rede. Andere Anwesende seien befremdet gewesen. Kein Berater Trumps ist zugegen, nicht einmal ein Dolmetscher. Nur ein Kreml-Übersetzer wird Zeuge der Unterredung.

10. November 2017, Da Nang, Vietnam

Wieder treffen Putin und Trump am Rande eines Gipfels zusammen, diesmal beim Treffen der Asiatisch-Pazifischen Wirtschaftsgemeinschaft (APEC) in Vietnam. Wegen Terminschwierigkeiten, wie eine Sprecherin des US-Präsidenten mitteilt, ist kein Gespräch der Staatschefs am Rande des Gipfels geplant. Allerdings treffen sich die beiden zu informellen Gesprächen. Trump fragt Putin nach eigenen Angaben auch nach der Einmischung in den US-Wahlkampf. „Er hat gesagt, er hat sich nicht eingemischt.“ Das Dementi hält Trump offenbar für aufrichtig. Putin habe nicht das getan, was ihm vorgeworfen werde. Außerdem sei das Ganze für Putin „beleidigend“, warnt Trump.

Beantworten Sie die Fragen und machen Sie mit bei der Aktion "Deutschland spricht":

Dezember 2017, Washington

Mehr als sechs Jahre lang war James Clapper Direktor der US-Nachrichtendienste, bis er im Januar 2017 zurücktrat. In einem CNN-Interview äußert er sich nun über das Verhältnis von Putin und Trump. In Anspielung auf Putins Vergangenheit im sowjetischen Geheimdienst KGB sagt Clapper, Putin sei ein großartiger Führungsoffizier. „Er weiß, wie man einen Agenten führt. Und das ist es, was er mit dem Präsidenten macht.“ Hat also einer der wichtigsten Geheimdienstexperten den Präsidenten der USA als russischen Agenten bezeichnet? Auf Nachfrage präzisiert Clapper, er habe bildhaft gesprochen. Putin nutze im Kontakt mit Trump seine Erfahrung und seinen Instinkt.

20. März 2018, Weißes Haus/Kreml

Trumps Berater haben es ihrem Präsidenten zur Sicherheit in Großbuchstaben aufgeschrieben: „NICHT GRATULIEREN“ steht in dem Briefing, das Trump vor seinem Anruf im Kreml bekommt. Zwei Tage zuvor hat sich Putin ein weiteres Mal im Amt bestätigen lassen. Trump gratuliert Putin dennoch – und sieht sich daraufhin mit offener Kritik aus seiner eigenen Partei konfrontiert. Ein amerikanischer Präsident führe die freie Welt nicht an, indem er einem Diktator zu einem Sieg bei Scheinwahlen gratuliere, erklärt der republikanische Senator John McCain. Das alles beeindruckt Trump nicht. Schon im Telefonat mit Putin soll er diejenigen Berater, die zur Zurückhaltung gemahnt hatten, als „dumme Menschen“ bezeichnet haben. In solchen Gesprächen versteht es der russische Präsident offenbar, bei Trump den richtigen Ton zu treffen. So berichtet die „Washington Post“, Putin habe ebenfalls die Medien als „Fake News“ kritisiert und sich bei Trump darüber beschwert, dass sich das politische Establishment der USA gegen sie verschworen habe. Ein Regierungsvertreter erinnert sich, Putin habe zu Trump gesagt: „Es sind die Untergebenen, die gegen unsere Freundschaft ankämpfen.“ Wenn er mit Putin telefoniert, gibt sich Trump demnach versöhnlich – anders als in Gesprächen mit anderen Staats- und Regierungschefs. Er behandele den russischen Präsidenten als „Vertrauten“.

Juli 2018, Washington

Vor dem Abflug aus Washington sagt Trump mit Blick auf die bevorstehenden Treffen während seiner Europa-Reise – den Nato-Gipfel, die Gespräche in Großbritannien, die Begegnung mit dem russischen Präsidenten in Helsinki –, das Treffen mit Putin „könnte das leichteste von allen sein“. Kurz zuvor hat er sich in einer Rede vor Anhängern darüber empört, dass „unehrliche“ Journalisten die Frage stellten, ob er vorbereitet sei auf das Treffen mit dem russischen Präsidenten, schließlich sei Putin ein ehemaliger KGB-Mann. Trump ruft seinen Anhängern zu: „Putin ist in Ordnung. Er ist in Ordnung. Wir sind alle in Ordnung. Wir sind Menschen. Ob ich vorbereitet sein werde? Total vorbereitet. Ich habe mich mein ganzes Leben auf diese Sachen vorbereitet.“

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