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Windenergieanlagen vor dem Braunkohlekraftwerk Jänschwalde (Archivbild)
© Patrick Pleul dpa/lbn

CO2-Bepreisung, Wohnen, Verkehr: Was über das Klimapaket der Koalition schon bekannt ist

Am Abend werden die Koaltionsspitzen über eine neue Klimapolitik beraten. Einiges von den Plänen ist bereits durchgesickert. Eine Übersicht.

Was die Bundesregierung an Maßnahmen für den Klimaschutz plant und am morgigen Freitag vorstellen wird, ist zum Teil schon durchgesickert. Es ist Mischung von Förderprogrammen und Verboten, wobei erstere deutlich überwiegen. Inzwischen wurde auch eine komplette Version des „Klimaschutzprogramms 2030“ bekannt, die dem Tagesspiegel vorliegt. Sie datiert allerdings vom Montag.

An dem Plan kann sich noch einiges ändern. Denn einerseits reichen die Maßnahmen in den Bereichen Energie, Gebäude, Verkehr und Landwirtschaft noch nicht aus, um die Klimaziele zu erfüllen. In diese Lücke müsste dann ein CO2-Preis stoßen. Damit würden Öl, Gas Benzin und Diesel teurer. Wenn dieser Preis hoch ausfällt, könnten andererseits manche der Maßnahmen im Programm überflüssig werden und wegfallen.

Insgesamt erreicht das Klimapaket nur eine CO2-Minderung von 120 bis 150 Millionen Tonnen Kohlendioxid bis 2030. Deutschland müsste seinen CO2-Ausstoß aber um rund 350 Millionen Tonnen senken, um die Klimaziele für dieses Zieljahr zu erreichen. Das entspricht einer Minderung um 55 Prozent im Vergleich zu 1990.

Zur Einordnung: Der Weltklimarat IPCC empfiehlt eine Minderung um 45 Prozent gegenüber 2010. Das hieße für Deutschland eine Minderung um sogar 65 Prozent im Vergleich zu 1990.

Mischung aus CO2-Steuer und Emissionshandel

Wie die Lücke zu den Klimazielen geschlossen werden soll, beraten die Koalitionsspitzen am heutigen Donnerstagabend. Thema dürfte vor allem die Höhe des CO2-Preises sein. Wie er konkret ausgestaltet werden soll, ist im Maßnahmenprogramm ausgespart.

Diskutiert wird ein Mischsystem aus CO2-Steuer und Emissionshandel. Kritisch ist vor allem, wie hoch der CO2-Einstiegspreis sein muss. Die Koalitionsspitzen werden auch darüber sprechen, wie die Bürger entlastet werden können. Im Gespräch ist eine Senkung von Stromsteuer und der Umlage aus dem Erneuerbare-Energien-Gesetz. Strom könnte so um bis zu 25 Prozent billiger werden.

Unklar ist nach wie vor, was das Maßnahmenpaket kosten wird. Aus dem Entwurf des Klimaschutzprogramms geht lediglich hervor, dass es vor allem aus dem Energie- und Klimafonds bezahlt werden sollen. Zuletzt war von insgesamt 40 Milliarden Euro bis 2023 die Rede. Die Summe dürfte aber weit höher liegen, wie aus Regierungsreisen zu hören ist.

Folgende Maßnahmen zeichnen sich ab:

Energie: Raus aus der Kohle

Der schrittweise Kohleausstieg soll den größten Beitrag zu den Klimazielen für 2030 erbringen. Dicht dahinter folgt der Klimabeitrag durch den Ausbau der erneuerbaren Energien. Bis 2030 sollen 65 Prozent des Stroms aus erneuerbaren Energien kommen.

Ob das klappt, ist allerdings alles andere als sicher. Die große Koalition muss Lösungen finden, wie Bürger Windkraftanlagen in ihrer Nähe besser akzeptieren. Auch das Thema soll am heutigen Donnerstagabend in der Koalitionsrunde angesprochen werden.

Insgesamt erbringt der Energiesektor eine Minderung von 80 Millionen Tonnen CO2. Interessant ist, dass in dem Entwurf des Maßnahmenprogramms auch ein Mindestpreis im Europäischen Emissionshandel (EU ETS) angedacht wird. Ihn gibt es bisher nicht. So sollen die Ziele vor allem im Industriebereich, der dem Emissionshandel unterliegt, sicher erreicht werden. Einen Mindestpreis im EU ETS hatte das Wirtschaftsministerium von Peter Altmaier (CDU) bisher immer abgelehnt.

Wohnen: Steuerabschreibungen für Sanierungen

Wer sein Haus energetisch saniert, soll die Kosten künftig von der Steuer absetzen können. Das hat die Bunderegierung schon seit Jahren angekündigt, ein Gesetz ist aber immer wieder an der Finanzierung gescheitert. Die Förderung soll durch den Abzug von der Steuerschuld mit einem kurzen Abzugszeitraum von drei Jahren erfolgen. Die steuerliche Förderung soll sowohl Einzelmaßahmen als auch umfassende Sanierungen gelten.

Förderprogramme sollen entschlackt und besser an die Bedürfnisse der Hauseigentümer angepasst werden. Bisher wurden die Mittel oft nicht abgerufen. Bestehende Förderprogramme sollen so umgebaut werden, dass einkommensschwache Mieter von steigenden Brennstoffkosten nicht überfordert werden.

Neue Ölheizungen und andere ausschließlich fossile Heizungen sollen ab 2030 nicht mehr eingebaut werden. Das lässt eine Hintertür für Kombinationen von fossilen Heizungen mit erneuerbaren Energien offen, etwa mit Solarthermie auf dem Dach.

Beim geplanten Gebäudeenergiegesetz gibt es weiter eine Patt-Situation zwischen Umwelt- und Bauministerium. Das eine will höhere, das andere keine neuen Standards für energiesparendes Bauen.

Verkehr: Doppelte E-Auto-Prämie

Im Vergleich zu anderen Bereichen steht der Verkehrssektor, den Bundesminister Andreas Scheuer (CSU) verantwortet, schlecht da. Lediglich 50 Millionen Tonnen CO2-Einsparung erreichen die Vorschläge seines Hauses. Eigentlich müsste es mehr als das Doppelte sein. Als Maßnahme wird die Einführung einer Quote für E-Autos bei Neuzulassungen für Autohersteller genannt. Diese Quotenregelung soll über eine Änderung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes passieren. Ab wann, bleibt aber noch offen.

Außerdem soll – zusätzlich zur EU-Flottenregulierung – die Kaufprämie für Elektroautos („Umweltbonus“) zu einem Bonus-Malus-System ausgebaut werden. Wahrscheinlich ist damit eine Umstellung der Kfz-Steuer auf den CO2-Ausstoß gemeint. Konkret ist dies aber im Entwurf vom Montag noch nicht ausformuliert.

Die Prämie für E-Fahrzeuge mit einem Kaufpreis von unter 30.000 Euro will der Staat künftig von 2000 auf 4000 Euro verdoppeln, um den Markt für kleinere und günstigere Fahrzeuge zu stimulieren. Für Autos, die mehr als 30.000 Euro kosten, wird die staatliche Prämie von 2000 auf 3000 Euro erhöht. Bei der Förderung von Plug-in-Hybriden soll der Bundesanteil von 1500 auf 2500 Euro aufgestockt werden.

Für Autos, die als Taxen oder für gewerbliche Vielfahrer zum Einsatz kommen, ist eine erhöhte Kaufprämie von bis zu 8000 Euro vorgesehen. In die Förderung ist eine Degression eingebaut, sie soll aber bis mindestens 2025 verbindlich festgelegt werden.

Darüber hinaus ist geplant, mehr CO2-arme Lkw auf die Straße zu bringen. Laut Entwurf soll die bestehende Förderung von mautpflichtigen Lkw mit alternativen Antrieben deutlich erhöht und auf Fahrzeuge mit 3,5 bis 7,5 Tonnen ausgeweitet werden – in einer ersten Phase. Ab 2023 soll die Fahrzeugförderung dann in einen CO2-Aufschlag auf die Lkw-Maut in Höhe von 200 Euro pro Tonne CO2 übergehen. Hinzu kommt eine CO2-Differenzierung bei den Wegekosten innerhalb der Lkw-Maut zugunsten alternativer Antriebe. 

Kritik: Zu viel Klein-Klein, zu wenig Systemwandel

Alle diese und die vielen anderen Maßnahmen, die nicht direkt die Verbraucher betreffen, können die Klimaziele nicht erreichen. Der Rest müsste also von einem CO2-Preis geleistet werden. Das Dilemma: „Um die notwendige Lenkungswirkung zu entfalten, müsste er dann sofort so hoch sein, dass man soziale Verwerfungen riskiert. Das wird die Politik aus verständlichen Gründen nicht zulassen und in der Folge die Klimaziele reißen“, befürchtet die Umweltorganisation Germanwatch.

Der Ausweg wäre ein „insgesamt strukturveränderndes Klimapaket“. Das hieße beispielsweise, ein klares Ausstiegsdatum für Verbrennungsmotoren festzulegen sowie in der Landwirtschaft an die Massentierhaltung heranzugehen. Außerdem müsste der Bundesverkehrswegeplan reformiert werden, so Germanwatch weiter. Das würde bedeuten, nicht Schiene und Straße auszubauen, wie im Moment vorgesehen, sondern Mittel für den Straßenausbau auf die Schiene zu verlagern.

Wie es weitergeht

Aus Koalitionskreisen war zu erfahren, dass sich der Koalitionsausschuss in einer Nachtsitzung am Donnerstag Abend vor allem auf Eckpunkte einigen will. Das Papier soll nicht länger sein als 20 bis 30 Seiten. Das vorläufige Maßnahmenprogramm, das nach jetzigem Stand 130 Seiten hat, soll in den kommenden Wochen aktualisiert werden.

Knackpunkt ist nach wie vor das Klimaschutzgesetz, in dem Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) einen Kontrollmechanismus festschreiben will, ob die Kabinettskollegen in ihrem Bereich die Klimaziele erreichen. Die Union ist dagegen. Als möglicher Kompromiss zeichnet sich ab, dass die Hoheit zur Überwachung der Klimaziele vom Bundesumweltministerium ins Bundeskanzleramt wandert.

Am Freitag soll das Klimakabinett mit den zuständigen Fachministern die in der Nacht zuvor beschlossenen Eckpunkte offiziell abnicken. So fährt Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) zwar nicht mit leeren Händen zum UN-Klimagipfel an Montag nach New York. Echte Regierungsbeschlüsse kann sie mit den Eckpunkten aber nicht vorweisen.

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