Pläne des Innenministers: Was Ellwangen für Seehofers Asyl-Ankerzentren bedeutet
Bis zu 200 Asylbewerber greifen in Ellwangen die Polizei an – für die Opposition ist das ein Vorbote der geplanten Ankerzentren. Nun präzisiert Seehofer sein Konzept.
Für die Grünen-Innenexpertin Irene Mihalic wirkt der Krawall unter Asylbewerbern in Ellwangen gegen die Abschiebung eines Togolesen wie ein Vorbote der Probleme, die in den geplanten Aufnahme- und Rückführungszentren drohen. Gewalt und Drohungen gegen Polizisten seien natürlich nicht akzeptabel. Aber in Ellwangen zeige sich das Grundproblem großer Sammelunterkünfte: „Da entsteht eine Dynamik und ein Gewaltpotenzial“, warnte Mihalic. Die Bundesregierung müsse ihre Pläne für die so genannten Anker-Zentren grundsätzlich noch einmal überdenken.
Für Bundesinnenminister Seehofer kommt das nicht in Frage. Ob er im Detail Schlüsse aus den Ellwanger Vorfällen schließt, ließ Seehofer am Donnerstag in Berlin unbeantwortet. Aber grundsätzlich sind die Zentren für Ankunft, Entscheidung und Rückführung, wie das Kunstwort Anker voll ausgeschrieben heißt, das operative Kernstück in der Strategie des CSU-Politikers zur Begrenzung der Flüchtlingszahlen. „Wir müssen da Wort halten“, sagt er.
Außerdem sei es auch den Flüchtlingen gegenüber humaner, schnell über ihren Status zu entscheiden statt womöglich nach Jahren bereits gut integrierte Menschen mit einer Ablehnung zu konfrontieren.
Bis zum Herbst ein halbes Dutzend Pilot-Zentren
Erste Umrisse des Konzepts sind inzwischen erkennbar. Man wolle keine Riesenzentren, erläutern der Minister und sein Staatssekretär Helmut Teichmann, sondern Einrichtungen im ganzen Land für je etwa 1000 bis 1500 Personen.
Um schnell anfangen zu können, sollen bis zum Herbst ein halbes Dutzend Pilot-Zentren eingerichtet werden – Pilotversuche erfordern keine Rechtsänderung. Bayern, Hessen und NRW haben von sich aus angeboten mitzumachen, Niedersachsen und ein Standort in Ostdeutschland stehen auf der Wunschliste des Ministers. Aber Seehofer betont: „Wir stülpen die (den Ländern) nicht über.“
Diese Zentren sollen etwa ein halbes Jahr lang Erfahrungen sammeln. Danach, sagt Teichmann, brauche es möglicherweise Änderungen im Bundes- und Landesrecht für die volle Ausbaustufe.
Der Bund wird in jedem Zentrum mit dem Asyl-Bundesamt präsent sein; Seehofer bietet den Ländern zudem ausdrücklich an, ihre Polizeikräfte durch die Bundespolizei zu unterstützen. Die Länder sollen selbst entscheiden, ob sie Außenstellen von Jugendämtern oder Verwaltungsgerichten in den Zentren einrichten.
Für die Schutzsuchenden soll es nach Seehofers Vorstellungen eine Residenzpflicht geben, die aber, betont er, kein „einsperren“ bedeute. Alleinstehende sollen bis zu 18 Monaten in den Einrichtungen leben müssen, Familien dürfen nach einem halben Jahr ausziehen.
Robert Birnbaum