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Finanzminister Olaf Scholz und Parteichefin Andrea Nahles bei der Klausurtagung der SPD-Bundestagsfraktion. Foto: Bernd von Jutrczenka/dpa
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Kindergrundsicherung: Was die SPD gegen Jugendarmut tun will

Die Sozialdemokraten schlagen eine Kindergrundsicherung vor. In der Union hat man dafür wenig Verständnis.

Die Linkspartei wittert schon eine neue Chance für Rot-Rot-Grün. Der SPD-Vorschlag zur Einführung einer Kindergrundsicherung erfreue sie „außerordentlich“, sagte Linken-Chefin Katja Kipping am Donnerstag: „Das kann ein Baustein für ein Fundament an Gemeinsamkeiten für einen Politik- und Regierungswechsel sein.“ Kipping will, dass SPD, Grüne und Linke nun einen „gemeinsamen Dialog“ über Kinderarmut führen – eine unmissverständliche Einladung an die Sozialdemokraten, außerhalb der großen Koalition nach Mehrheiten zu suchen. Auch die Grünen begrüßen den SPD-Vorschlag. „Eine Kindergrundsicherung ist überfällig“, sagte Parteichefin Annalena Baerbock dem Tagesspiegel.

"Mehr Nachteile als Vorteile"

Als Versuch der Abgrenzung gegenüber der Union lässt sich der Vorstoß aus der SPD durchaus verstehen. Bei CDU und CSU hält man wenig davon. Marcus Weinberg (CDU), familienpolitischer Sprecher der Unionsfraktion, sagte dem Tagesspiegel: „Die bislang vorliegenden Modelle für eine Kindergrundsicherung haben mehr Nachteile als Vorteile.“ Dass die SPD auf die Groko-Vereinbarungen zur Familienpolitik noch etwas draufsetzen will, dafür hat man bei CDU und CSU wenig Verständnis.

Die SPD will mit der Kindergrundsicherung ihr sozialdemokratisches Profil schärfen. „Wir wollen das kinderfreundlichste Land in Europa werden“, heißt es in einem Beschluss der SPD-Fraktion. Die SPD habe in dieser Legislaturperiode schon einiges zur Stärkung von Familien unternommen, sagte Parteichefin Andrea Nahles am Donnerstag in der ARD: „Wir wollen aber vor allem etwas gegen Kinderarmut tun.“ Obwohl Deutschland rund 200 Milliarden Euro pro Jahr für „familienbezogene Leistungen“ ausgebe, lebten rund drei Millionen Kinder in der Grundsicherung – ein „unhaltbarer Zustand“, wie Nahles findet.

Kosten? 22 bis 40 Milliarden Euro

Im Laufe des Jahres will die SPD-Fraktion deshalb ein „Modell“ für die soziale Absicherung von Kindern erarbeiten. Details über Inhalt oder Zeitplan gibt es bislang nicht – ebenso wenig konkrete Zahlen. Familienministerin Franziska Giffey und Arbeitsminister Hubertus Heil verstehen unter „Kindergrundsicherung“ etwas anderes als die Parteilinke.

Der Kinderschutzbund geht von Nettokosten in Höhe von 22 Milliarden aus, wenn bedürftige Kinder 619 Euro pro Monat erhalten. Das ist laut Finanzministerium die Höhe des Existenzminimums. Wohlhabende Familien würden weniger erhalten. Eine externe Studie des Familienministeriums geht nach Tagesspiel-Informationen allerdings von Kosten von rund 40 Milliarden Euro aus.

Viele offene Fragen

Unklar ist, was sich die SPD unter der „Absicherung von Kindern“ genau vorstellt. An der Idee arbeitet derzeit auch eine Arbeitsgruppe der Länder – im Auftrag der Landessozialminister. Geklärt werden soll, wie die Verwaltungen die Kindergrundsicherung umsetzen können. Was sind die rechtlichen Konsequenzen? Was wird aus BaföG? Viele offene Fragen.

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