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Ein armenischer Soldat beobachtet vor einigen Wochen im Grenzgebiet die Aserbaidschaner.
© Armenian Defense Ministry Press Service/PAN Photo/AP/dpa

Streit zwischen Armenien und Aserbaidschan: Was Deutschland im Kaukasus-Konflikt tun könnte

Das Auswärtige Amt sieht „erhöhte Gesprächsbereitschaft“ zwischen Armenien und Aserbaidschan - dabei machen aktuelle Ankündigungen die Lage gefährlich.

Die Bundesregierung bewertet den Kaukasus-Konflikt vorsichtig optimistisch - dabei starben im Juli Soldaten beider Länder an der armenisch-aserbaidschanischen Grenze.

"Seit 2018 und bis zum Juli 2020 ist es nur zu wenigen Waffenstillstandsverletzungen gekommen, immer seltener unter Einsatz schwerer und großkalibriger Waffen. Die Zahl der Todesopfer und Verletzten ist ebenfalls zurückgegangen", schreibt der Staatssekretär im Auswärtigen Amt, Miguel Berger, in einer Antwort auf Anfrage der Linken-Bundestagsfraktion, die dem Tagesspiegel vorliegt.

Bis zu den Juli-Kämpfen setzte sich der "spürbar gewordene und durch erhöhte Gesprächsbereitschaft gekennzeichnete Entspannungsprozess fort".

"Deutschland könnte Entwicklungshilfe mit Anreizen kombinieren"

Armenien und Aserbaidschan befinden sich seit dem Zerfall der Sowjetunion im Streit um Berg-Karabach. Die Region gehört völkerrechtlich zu Aserbaidschan, wird aber von Armeniern kontrolliert. Im Juli 2020 schossen Armenier und Aserbaidschaner nördlich von Berg-Karabach aufeinander.

Nach Auskunft der Bundesregierung wurden vom 12. bis 15. Juli 2020 fünf armenische und zwölf aserbaidschanische Soldaten und auf jeder Seite ein Zivilist getötet.

Deutschland ist eines der wichtigsten Förderländer Armeniens, seit 1992 hat die Bundesrepublik mehr als 750 Millionen Euro Entwicklungshilfe gezahlt. Für Armenien – mit drei Millionen Einwohnern – ist das nach den USA die höchste Pro-Kopf-Hilfe.

"Die Bundesregierung bleibt weit unter ihren Möglichkeiten, was den Friedensprozess betrifft", sagt Heiko Langner, der Fachautor arbeitet für die Linke-Fraktion zum Südkaukasus. "Deutschland könnte die Vergabe seiner Entwicklungsgelder an Armenien stärker mit friedenspolitischen Anreizen konditionieren."

Armenier aus dem Libanon nach Berg-Karabach?

Dabei sollten die Konfliktparteien auch die 2007 ausgehandelten Madrider Basisprinzipien umsetzen: Armenien müsste demnach aus den Orten um Berg-Karabach abziehen, damit aserbaidschanische Vertriebene zurückkehren können. Für das Kerngebiet Berg-Karabach selbst ist ein Interimsstatus und ein Referendum vorgesehen.

Unter Aserbaidschanern gilt auch die angekündigte Ansiedlung von Armeniern aus dem Libanon als Provokation. Armenische Regierungsvertreter hatten örtlichen Medien zufolge nach der Explosionskatastrophe von Beirut dort lebende Armenier in das besetzte Berg-Karabach eingeladen. Referent Langner spricht von einer „Verletzung des Völkerrechts, die nach allen bisherigen Erfahrungen auch unfriedliche Reaktionen Aserbaidschans provozieren dürfte“.

Armenische Minderheiten gibt es überall in der Region - insbesondere in Libanon, aber auch in Syrien, Irak, Georgien und Russland. Nach dem Völkermord an den Armeniern im Osmanischen Reich 1915 flohen Hunderttausende, viele in die USA. Die Türkei gilt als Schutzmacht Aserbaidschans, Russland als Helfer Armeniens.

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