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AfD-Fraktionschefin Alice Weidel spricht im Bundestag.
© dpa

Parteispenden: Was bedeutet die AfD-Spendenaffäre für Alice Weidel?

Zwei dubiose Großspenden bringen AfD-Fraktionschefin Weidel in Bedrängnis. Ihre Gegner in der Partei halten sich noch bedeckt - das könnte sich ändern.

130.000 Euro aus der Schweiz, überwiesen in mehreren Tranchen, als Spende möglicherweise illegal. Eine weitere Spende, 150.000 Euro, nach drei Monaten zurücküberwiesen, aber nicht der Bundestagsverwaltung angezeigt. So lautet die Zusammenfassung der Affäre, die derzeit der AfD zu schaffen macht und in deren Fokus AfD-Fraktionschefin Alice Weidel steht. Die Staatsanwaltschaft will ermitteln, der Bundestag verlangt Aufklärung und auch ihren Parteifreunden muss Weidel sich nun erklären. Was bedeutet die Affäre für die Fraktionschefin? Und was für die Partei insgesamt?

Kaum war die Nachricht über die dubiose Spende aus der Schweiz im Umlauf, meldete sich Baden-Württembergs Landeschef Ralf Özkara zu Wort und verlangte, Weidel müsse zurücktreten, falls sich die Spende als illegal herausstellte. Özkara gilt als innerparteilicher Gegner Weidels. Er hatte sich im Frühjahr vergangenen Jahres gegen sie als Landeschef in Baden-Württemberg durchgesetzt, mit der Unterstützung des heutigen Parteichefs Jörg Meuthen. Andere Gegner Weidels halten derzeit noch still, das könnte sich aber bald ändern.

Scharfe Reden, heikle Lage

Weidel ist momentan innerhalb der AfD-Fraktion im Bundestag in einer heiklen Lage. In den vergangenen Monaten konnte sie zwar mit ihrem harten Auftreten und scharfen Reden („Kopftuchmädchen, alimentierte Messermänner und sonstige Taugenichtse“) im Bundestag bei den Fraktionskollegen punkten. Zwei Vorgänge schwächten ihre Position aber.

Zum einen gab es Unregelmäßigkeiten bei den Fraktionsfinanzen. Es wurde ein unabhängiger Wirtschaftsprüfer beauftragt, wegen massiver Defizite verlor schließlich der kommissarische Fraktionsgeschäftsführer, Frank Kral, seinen Posten. Diese Entscheidung wurde vor allem Weidel zugerechnet und stieß in der Fraktion auf Missfallen, besonders in der Landesgruppe Baden-Württemberg. Kral ist nämlich gleichzeitig Schatzmeister in Baden-Württemberg, ihn hat Weidel nun zum Feind. Seither heißt es, dass sich in Weidels Landesgruppe etwas gegen sie zusammenbraut.

Zum anderen hat vielen Vertretern des rechten Flügels Weidels Rolle in puncto Verfassungsschutz nicht gefallen. Weidel hatte eine Arbeitsgruppe angeregt, die präventiv gegen eine Beobachtung vorgehen soll. Die Gruppe unter der Leitung von Parteichef Meuthen ist intern aber bereits als „Stasi“ verschrien, ihre Mitglieder als „Inquisitoren“. Viele radikalere Mitglieder prangern angesichts des Vorgehens der Parteispitze angebliche „Sprechverbote“ an. Rechtsaußen Björn Höcke sprach von „politischer Bettnässerei“. Seine Anhänger nehmen es Weidel außerdem immer noch übel, dass sie seiner Zeit für einen Parteiausschluss des Thüringer Landeschefs stimmte. Auch ihre in Wirtschaftsfragen sehr liberale Haltung gefällt in diesem Flügel einigen nicht.

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 Gauland stellte sich zunächst hinter Weidel

In der Spendenaffäre versucht Weidel nun im Bezug auf den Betrag aus der Schweiz, den Schwarzen Peter weiterzugeben – an eben jenen Schatzmeister Kral aus Baden-Württemberg. An diesen wandte sich die Schatzmeisterin des Kreisverbandes Bodensee, nachdem die zweifelhaften Parteispenden auf dem dortigen Konto eingegangen waren – mit dem Verwendungszweck „Parteispende Alice Weidel“. Sie wollte wissen, wie mit den Zuwendungen eines „Gönners aus der Schweiz“ umzugehen sei.

Doch Kral soll kein großes Problem gesehen haben. Dabei hätte die Spende nach dem Parteienrecht unverzüglich zurücküberwiesen werden müssen, da sie aus dem EU-Ausland kam und nicht erkennbar war, ob ein deutscher Staatsbürger dahinter steckte. Weidel sagt: „Wenn ich zu dem damaligen Zeitpunkt geahnt hätte, dass die Einschätzung des Landesschatzmeisters falsch war, hätte ich natürlich interveniert.“ So veranlasste sie erst im April 2018 die Rücküberweisung des Geldes.

Auch Parteichef Alexander Gauland stellte sich Anfang der Woche noch hinter Weidel. „Ich glaube nicht, dass sie sich Vorwürfe machen muss“, sagte Gauland der „Bild“-Zeitung. „Hier hat offensichtlich der Schatzmeister falsch gehandelt. Das Geld ist zu spät zurückgezahlt worden, das will ich gerne zugeben.“ Daraus könne Weidel aber kein Vorwurf gemacht werden. Die Unterstützung Gaulands ist für Weidel wichtig. Solange er zu ihr hält, hat sie in der Fraktion erst einmal wenig zu befürchten – auch wenn es andere gibt, die ihren Posten gerne hätten.

Noch unklar ist, wie sich die zweite nun aufgetauchte Spende auf Weidels Standing und Gaulands Unterstützung für sie auswirkt. Vorbeugend hatte die Partei am Mittwochabend darüber informiert und angegeben, dass Weidels Kreisverband drei Monate nach Erhalt der 150.000 Euro eine Rücküberweisung angewiesen habe – weil Spenderidentität und Spendermotivation nicht zweifelsfrei feststellbar gewesen seien. Die AfD gab an, dass das Geld von einer belgischen Stiftung gekommen sei - im Impressum der fraglichen Stiftung steht allerdings eine niederländische Adresse. Auffällig ist in diesem Fall, dass sowohl die Stiftungsspende als auch die Spende aus der Schweiz auf das Konto von Weidels Kreisverband am Bodensee gegangen waren. Das dürfte auch innerhalb der Partei Fragen aufwerfen.

Schlecht fürs Image

Doch nicht nur für Weidel selbst auch für ihre Partei insgesamt ist die Spendenaffäre unangenehm. Sie sei schlecht für das Image als Rechtsstaatspartei, sagt ein Funktionär hinter vorgehaltener Hand. Zudem ist die Partei eigentlich gerade damit beschäftigt, eine Strategie für die Zeit nach Merkel zu entwickeln. In einem Argumentationspapier zum möglichen Merkel-Nachfolger Friedrich Merz heißt es, der jüngste Skandal um Merz’ Arbeitgeber, den Vermögensverwalter Blackrock, habe ihn in Bedrängnis gebracht. Aber es wäre einfacher so zu argumentieren, wenn man selbst nicht gerade eine Finanzaffäre zu bewältigen hätte.

Zudem könnte sich das Problem noch ausweiten. Immer noch ist ungeklärt, welche Verbindung es zwischen der AfD und dem „Verein zur Erhaltung der Rechtsstaatlichkeit und der bürgerlichen Freiheiten“ gibt. Dieser aus undurchsichtigen Quellen finanzierte Verein hat die AfD bei vergangenen Wahlen massiv mit Werbemaßnahmen unterstützt. Die Organisation Lobbycontrol schätzt deren Wert auf mehr als zehn Millionen Euro. Schon mehrfach wiesen Medien enge Verbindungen zwischen Partei und Verein nach, die von der AfD stets bestritten wurden. Offenbar um sich vor dem Vorwurf der illegalen Parteienfinanzierung zu schützen, forderte die Partei den Verein zur Unterlassung auf. Auch das Unternehmen Goal AG, das die Werbemaßnahmen steuerte, erhielt eine Unterlassungsaufforderung. Es sitzt ebenfalls in der Schweiz. Aus der Bundestagsverwaltung hieß es dazu, man prüfe weiterhin, ob es sich bei den Werbemaßnahmen um sogenannte „Parallelaktionen handelt oder ob der Gegenwert der Maßnahmen von der Partei als Zuwendung verbucht werden musste“.

Es könnte also auch enorm teuer werden für die AfD. Schon allein die Schweizer Spende könnte eine hohe Strafzahlung verursachen: Laut Parteiengesetz droht einer Partei, die unrechtmäßig Spenden angenommen und nicht an den Bundestagspräsidenten weitergeleitet hat, eine Strafe in Höhe des dreifachen Betrags.

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