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Bundeskanzler Olaf Scholz sagt auch gerne mal Nichtssagendes.
© imago images/Chris Emil Janßen

Der Kanzler agiert wie immer: Warum sich Scholz bei der Impfpflicht durchsetzen wird

Wenn Führung darin besteht, zu sagen, was man will – na, dann hat Scholz geführt. Über seinen Stil dürfte sich jetzt niemand mehr wundern. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Stephan-Andreas Casdorff

Alle Welt scheint sich über den neuen Bundeskanzler zu wundern – aber warum wundert sich hierzulande eigentlich noch einer? Olaf Scholz ist so lange in der Politik, in führenden Funktionen bis hin zum Vizekanzler. Und immer war der gebürtige Osnabrücker, aufgewachsen in Hamburg, wie heute: der Kühle aus dem Norden. Mehr als alles andere.

Weshalb ja auch „hanseatisch“ als Begriff nicht zu ihm passt, gerechterweise „Apparatschik“ oder „Technokrat“ ebenso wenig. So ist er nicht. Scholz ist einfach nur: er selbst. Ihm kann keiner was, was durchaus nicht nur negativ gemeint ist. Eher so: Lass die anderen reden, wie und was sie wollen – ich entscheide, wie und was und wann ich es will.

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Beispiel G 20. Das war eine große Niederlage für Scholz, der doch immer den Eindruck vermitteln will, alles unter Kontrolle zu haben. Und dann brennt es in seiner Stadt während des Gipfels.

Eine Entschuldigung des „BGM I“, wie das amtliche Kürzel für den Chef lautet? Darauf konnten die Abgeordneten lange warten; sie kam, aber später. Zu einem selbst gesetzten Zeitpunkt. Will sagen: Scholz kann warten, aushalten, übrigens auch, dass nichts gesprochen wird. Was man erst einmal können muss.

So erklärt sich dann, warum er in den großen Krisen dieser Tage handelt, wie er handelt. Auch nach außen hin nichts zu tun (was nach innen gar nicht stimmt), ist ja Handeln. Und was geschieht, wenn nichts geschieht, überlegt sich Scholz schon. Übrigens nicht allein, sondern immer mit seinem Getreuen Wolfgang Schmidt, jetzt Kanzleramtschef Wolfgang Schmidt.

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Bei der Impfpflicht wird es darum wohl so kommen, wie es der Kanzler will. Was er will, hat er ganz zu Anfang der Debatte gesagt: die Impfpflicht. Aber demokratisch im Parlament legitimiert; dafür braucht Scholz die FDP als Stichwortgeber nicht. Wer also meint, dass Führung darin besteht, dass der, der sie ausübt, klar sagt, was er wie will – na, dann hat Scholz geführt.

Oder die Ukraine-Krise. Da geht es nicht darum, sich aufzuspielen, großzutun, sondern eine heikle Situation zu beherrschen.

Scholz als der nächste Helmut Schmidt?

Scholz ist im Wesentlichen klar: Die Pipeline Nord Stream 2 ist so lange eine privatwirtschaftliche Angelegenheit, wie sie nicht politisch wird. Wenn Wladimir Putin so weitermacht, wird sie das.

Scholz signalisiert: Ich grenze nicht aus – es sei denn, ich muss Grenzen setzen. Dann kann es am Ende auch sein, dass „Verteidigungswaffen“ an die Ukraine geliefert werden.

Olaf Scholz als der nächste Helmut Schmidt? Das wäre er sicher gerne. Deswegen leiht er sich eine Idee von ihm, der die G 7 erfunden hat: die G 7 als „Klima-Club“. Das passt zu Scholz. Er schreibt eine große Geschichte fort, ohne sie mit Grünen oder Liberalen teilen zu müssen; eine Erzählung, die nicht nach „Agenda“, aber nach SPD klingt. Und nach ihm. Verwunderlich ist das nicht.

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