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Hohe Bevölkerungsdichte. Für den Düsseldorfer Virologen Timm ist das ein Grund für den Inzidenzsprung in NRW.
© Imago/Ralph Peters
Update

Steigende Infektionszahlen: Warum liegt die Inzidenz in NRW wieder über 100? Das sagt ein Virologe dazu

Nordrhein-Westfalen ist das erste Bundesland, in dem die Corona-Inzidenz wieder über 100 liegt. Grund zur Sorge ist das für den Virologen Timm aber nicht.

Nordrhein-Westfalen ist das erste deutsche Bundesland seit Monaten, in dem die Sieben-Tage-Inzidenz wieder über 100 gestiegen ist. Ein Wert, der bis Ende Juni noch bedeutet hätte, dass die Bundesnotbremse greift.

Am Dienstag lag sie mit 109,9 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner deutlich über dem Bundesdurchschnitt (58,0). Zwar steigt die Inzidenz auch in den anderen Bundesländern, nur schnellt der Wert in NRW momentan besonders in die Höhe. Seit einer Woche hat er sich nahezu verdoppelt, am letzten Montag lag die Inzidenz noch bei 58,8.

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Zwar wird zurecht angemerkt, dass die Neuinfektionen an Bedeutung verlieren und die Zahl der Krankenhausaufenthalte in den Fokus rückt. So forderte Bundesgesundheitsminister Jens Spahn am Montag sogar, die 50er-Inzidenz aus dem Infektionsschutzgesetz zu streichen.

Nur sind im bevölkerungsreichsten Bundesland inzwischen auch die Krankenhausaufenthalte deutlich gestiegen. Mitte Juli lagen in NRW noch 205 Menschen mit einer Corona-Infektion im Krankenhaus, am Montag waren es bereits 845.

Dass die Zahl der Neuinfektionen gerade akut in NRW steigen, erklärt der Leiter des Instituts für Virologie in Düsseldorf, Jörg Timm, vor allem mit der hohen Bevölkerungsdichte. „Es gibt hier viele Metropolen und einen erheblichen Austausch zwischen den Städten“, sagt er dem Tagesspiegel. „Besonders junge Leute gehen zum Feiern gerne mal nach Köln, Düsseldorf oder Bochum.“

Und das können sie trotz der hohen Inzidenz auch wieder. Denn laut der neuen Corona-Schutzverordnung in NRW dürfen Clubs auch unabhängig von Fallzahlen wieder öffnen. Seit Freitag dürfen geimpfte, genesene und PCR-getestete Partygänger wieder ohne Maske in Innenräumen tanzen.

SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach kritisiert die Vorgehensweise der Landesregierung von NRW. "Die steigenden Fallzahlen waren absehbar und überraschen mich nicht", sagt er gegenüber dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. "Die Landesregierung hat signalisiert, dass die gefährlichen Krankheitsverläufe nicht mehr zu befürchten seien. Außerdem wurde die Einhaltung der bestehenden Regeln kaum kontrolliert."

Ministerpräsident Armin Laschet ist bekannt für eine eher lockere Corona-Politik. Aktuell rutscht der Kanzlerkandidat in Umfragen zur Bundestagswahl immer weiter ab. Ob ihm die hohen Fallzahlen in NRW noch zum Verhängnis werden, bleibt abzuwarten. Klar ist: Mit steigenden Inzidenzen werden auch die Krankenhausaufenthalte nicht weniger.

Der Epidemiologe Karl Lauterbach fordert, trotz der aufkommenden Bundestagswahl pandemische Entscheidungen zu treffen. Er schlägt vor, in Innenräumen die 2G-Regel durchzusetzen. Demnach dürften nur Geimpfte und Genesene in die Innenräume von Clubs oder Restaurants. „Einschränkungen für Ungeimpfte sind im Wahlkampf eine sehr unbeliebte Forderung. Aber aus meiner Sicht ist es nur konsequent, wenn an Orten mit hohem Infektionsrisiko die 2G-Regel gilt", sagt Lauterbach.

Während die Politik über Maßnahmen diskutiert, betont Virologe Jörg Timm, dass nicht die Landesregierung schuld sei an den hohen Fallzahlen: „In NRW gelten ähnliche Maßnahmen wie in vielen anderen Bundesländern“, sagt er. Timm geht davon aus, dass die Sieben-Tage-Inzidenz auch im Rest von Deutschland bald deutlich steigen wird. Denn die Impfquoten würden noch in keinem Bundesland ausreichen, um Infektionsketten wirklich aufzuhalten.

Impfung als bester Weg aus der Pandemie

Der effizienteste Weg, um dem Ende der Pandemie ein Stück näher zu kommen, sei die Impfung, sagt Timm: „Die Menschen müssen sich darüber im Klaren sein, wie wichtig diese Impfung ist.“ Das helfe nicht nur der Gesellschaft, sondern schütze auch jeden einzelnen selbst. Nicht zuletzt auch junge Leute – denn die meisten Menschen, die gerade mit einer Corona-Infektion im Krankenhaus liegen, sind zwischen 35 und 39 Jahre alt, gefolgt von der Gruppe der 15- bis 34-Jährigen.

Der reine Inzidenzwert des Landes Nordrhein-Westfalen sei trotzdem kein allzu großer Grund zur Sorge, denn der Blick in die Krankenhäuser sei deutlich wichtiger geworden. „Und die Hospitalisierungen sind immer noch relativ niedrig“, sagt der Virologe.

Auch deshalb fordere er noch keine akuten Handlungen von der Landesregierung. Außerdem komme vor der Politik der individuelle Umgang mit der Pandemie: „Ich würde an die Verantwortung der Menschen appellieren, dass wir uns nicht so verhalten, als wäre die Pandemie schon vorbei.“

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