Kampf gegen den Iran: Warum Israel und Saudi-Arabien gemeinsame Sache machen
Israel sieht ebenso wie Saudi-Arabien im Iran eine ernsthafte Bedrohung. Das macht beide zu Verbündeten. Was bedeutet das? Eine Analyse.
Wer Vertreter der israelischen Regierung fragt, wie es denn um das Verhältnis zu Saudi-Arabien bestellt ist, der bekommt als Antwort oft ein süffisantes Lächeln. Was wohl heißen soll: Klar, es gibt Kontakte. Aber die andere Seite möchte nicht, dass diese einen amtlichen Anstrich bekommen.
Denn in arabischen und muslimischen Ländern ist es offiziell verpönt, mit dem jüdischen Staat, also den „Zionisten“, gemeinsame Sache zu machen. Doch dass man sich – ungeachtet aller propagandistischen Schlachten – gerade in Sicherheitsfragen austauscht, wird von Beobachtern kaum bezweifelt.
Geheimhaltung war gestern
Nun scheint sogar die Geheimhaltung derartiger Gespräche der Vergangenheit anzugehören. Das Diskrete wird öffentlich. Im konkreten Fall sind es die Kontakte zu Saudi-Arabien. Und das kommt nicht von ungefähr.
Israel und das Herrscherhaus in Riad verbindet die Feindschaft mit dem Iran. Beide fürchten Teherans ständig wachsenden Einfluss. Das macht sogar eine bis vor Kurzem undenkbare Allianz möglich. Vor wenigen Tagen machte Energieminister Yuval Steinitz publik, dass israelische und saudische Behörden in bestimmten Bereichen zusammenarbeiten. Er begründete dies mit gemeinsamen Interessen und verwies namentlich auf den Iran.
Das hatte jüngst auch Gadi Eisenkot getan, seines Zeichens Generalstabschef des jüdischen Staats – bezeichnenderweise in einem Interview mit einer saudischen Zeitung. Teherans Führung sei die größte Gefahr für die Region, wurde er zitiert. In dieser Einschätzung stimmten Saudi-Arabien und Israel völlig überein.
Und der Armeechef nutzte die günstige Gelegenheit, um gut Wind zu machen: Beide Länder hätten sich nie bekriegt. Mit anderen Worten: Einer Kooperation steht im Grunde nichts entgegen.
Diplomatische Offensive
In den vergangenen Monaten hat es anscheinend sogar so etwas wie Absprachen gegeben – vor allem mit Blick auf die Libanon-Krise. Als Ministerpräsident Saad Hariri Anfang November überraschend zurücktrat, drohte nicht nur Saudi-Arabien der mit Iran verbündeten Hisbollah, sondern auch Israel.
So twitterte Verteidigungsminister Avigdor Lieberman: „Libanon = Hisbollah. Hisbollah = Iran. Libanon = Iran. Iran ist für die ganze Welt gefährlich.“ Das hätten auch saudische Diplomaten so scharf formulieren können.
Kurz darauf wurde zudem bekannt, dass Israels Außenamt seine Vertreter in aller Welt angewiesen hat, für das riskante Vorpreschen Saudi-Arabiens zu werben und gleichzeitig Irans Vorgehen in der Region mit deutlichen Worten anzuprangern.
Der forsche Prinz
Als treibende Kraft für ein geostrategisches Einvernehmen mit Israel gilt der saudische Kronprinz. Mohammed bin Salman will, so wirkt sein rigider außenpolitischer Kurs, eine neue Ordnung im Nahen Osten schaffen – nach seinen Vorstellungen. Also mit einer Führungsmacht namens Saudi-Arabien. Dafür ist er bereit, sich mit dem mächtigen Erzrivalen Iran anzulegen.
Allerdings will der designierte Thronfolger nicht allein in den Kampf ziehen. Folglich sucht der 32-Jährige Verbündete wie Israel, die seine Überzeugung teilen, dass Teheran eine Bedrohung darstellt.
Es gibt aber in Jerusalem sehr wohl auch Stimmen, die vor den saudischen Avancen warnen. Womöglich wolle die Golfmonarchie Israel die „Drecksarbeit“ erledigen lassen. Gemeint ist damit: Riad könnte die Regierung von Benjamin Netanjahu gezielt in einen Krieg gegen die Hisbollah im Libanon treiben, um dem Iran seine Grenze aufzuzeigen.
100.000 Raketen im Arsenal
In der Tat gilt die hochgerüstete Schiitenmiliz in israelischen Sicherheitskreisen als ernsthafte Gefahr für den jüdischen Staat. Bis zu 100.000 Raketen mit zum Teil großer Reichweite seien auf Israel gerichtet, heißt es. Kein Wunder, dass Israel Anfang September an seiner nördlichen Grenze das größte Manöver seit 20 Jahren organisierte.
Dass sich Jerusalem aber tatsächlich von Saudi-Arabien zu einer schwer kalkulierbaren militärischen Konfrontation mit der Hisbollah drängen lässt, ist recht unwahrscheinlich. Israel verfolgt gerade in Sicherheitsfragen stets seine eigene Agenda.
Das heißt: Wann und gegen wen man in den Krieg zieht, entscheiden allein die Verantwortlichen in Jerusalem. Was allerdings nichts daran ändert, dass Israel bei jeder sich bietenden Gelegenheit weiter versuchen wird, den Iran in die Schranken zu weisen.
Hier kommen die USA ins Spiel. Denn auch Donald Trump sieht in der Islamischen Republik eine Gefahr. Um Teheran Einhalt zu gebieten, gibt der US-Präsident Israel und Saudi-Arabien als seinen Lieblingsverbündeten denn auch weitgehend freie Hand. Als etwa bin Salman jüngst potenzielle Widersacher aus dem Weg räumte, lobte der Chef im Weißen Haus das Vorgehen des Prinzen.
Ein Plan für Frieden?
Möglicherweise, weil er ihn noch in einer anderen brisanten Angelegenheit braucht. Seit Wochen reist Trumps Schwiegersohn Jared Kushner durch den Nahen Osten – im Gepäck dem Vernehmen nach den Entwurf eines Friedensplans für Palästinenser und Israelis.
Doch der muss nicht nur den beiden Kontrahenten schmackhaft gemacht werden, sondern nicht zuletzt der arabischen Welt. Da kann ein einflussreicher Fürsprecher wie Saudi-Arabien sehr wohl von Nutzen sein.