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Großbritannien schließt Huawei vom 5G-Ausbau aus.
© Dado Ruvic/Reuters
Update

Nach Forderungen der USA: Warum Großbritannien Huawei vom 5G-Ausbau ausschließt

Der 5G-Ausbau auf der Insel soll ohne die chinesische Firma Huawei passieren. Das könnte den Plan um Jahre zurückwerfen – und den Druck auf Deutschland erhöhen.

Großbritannien verschärft seinen Abgrenzungskurs gegenüber dem kommunistischen Regime Chinas. Unter dem Vorsitz von Premier Boris Johnson beschloss der Nationale Sicherheitsrat am Dienstag den Ausschluss der chinesischen Telekomfirma Huawei vom 5G-Mobilfunknetz auf der Insel.

Von Anfang nächsten Jahres werde der Neukauf von Huawei-Ausrüstung verboten, erläuterte der für Digitales zuständige Medienminister Oliver Dowden im Unterhaus. Bis 2027 sollen sämtliche Komponenten des Unternehmens auch aus bereits bestehenden Netzwerken verschwinden.

Die konservative Regierung revidiert damit eine Entscheidung vom Januar. Ein damals zustande gekommener Kompromiss identifizierte den chinesischen Telekom-Giganten zwar als „Hochrisiko“-Anbieter und schloss Huawei vom Kern sicherheitsrelevanter Technik des neuen Netzwerkes aus. Erlaubt blieb aber bis zu 35 Prozent Marktanteil am Netzzugang, sowohl bei der Software als auch bei der physischen Infrastruktur wie Masten.

Im Vorfeld dieser Entscheidung war Premier Johnson offenbar intensiver, schlussendlich aber vergeblicher Lobby-Arbeit von US-Präsident Donald Trump ausgesetzt. Die US-Administration wie auch Australien, das Huawei bereits 2018 vom 5G-Netzwerk ausschloss, sehen die Firma seit längerem als Spionage-Risiko.

Britisches Umdenken setzt EU und Deutschland unter Druck

Dass Washington im Mai Huawei den Zugang zu amerikanischem High Tech erschwerte, nannte Dowden als entscheidenden Faktor: Dadurch habe sich die Situation fundamental verändert. Das britische Umschwenken dürfte den Druck auf die EU und insbesondere Deutschland erhöhen, ebenfalls die China-Politik zu überdenken.

Minister Dowden bezifferte die Kosten des Ausschlusses von Huawei – das von Peking stark geförderte Unternehmen gilt als Weltmarktführer – auf zwei Milliarden Pfund (rund 2,2 Milliarden Euro); für die Einführung des hochmodernen Netzwerkes werde sich eine Verzögerung von bis zu drei Jahren ergeben. Zu der Entscheidung hätten „breitere geo-strategische Überlegungen“ beigetragen, erläuterte Dowden – ein Hinweis auf die rapide Eintrübung des Verhältnisses zu Peking.

Oliver Dowden, Minister für Digital, Kultur, Medien und Sport in Großbritannien
Oliver Dowden, Minister für Digital, Kultur, Medien und Sport in Großbritannien
© dpa

Außenpolitiker aller Parteien in London geben sich in den vergangenen Monaten zunehmend alarmiert über die aggressive Wirtschafts- und Außenpolitik der kommunistischen Regierung Chinas. In Bezug auf die anfänglichen Verschleierung des Corona-Ausbruchs zu Jahresbeginn sprach Außenminister Dominic Raab von „schwierigen Fragen“ an die Pekinger Machthaber.

Die Einführung des neuen Sicherheitsgesetzes für Hongkong hat bei der früheren Kolonialmacht für Empörung gesorgt. Premier Johnson sprach von einem „eindeutigen und ernsten Verstoß“ gegen die Gemeinsame Erklärung von 1984 dar, in der die friedliche Übergabe aller Territorien am 1. Juli 1997 sowie Hongkongs politische und wirtschaftliche Autonomie bis 2047 garantiert wurden. Als Konsequenz bot die Regierung den Bewohnern der ehemaligen Kronkolonie die vereinfachte Einbürgerung an.

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Die früher weitverbreitete Hoffnung auf eine Demokratisierung des Pekinger Regimes habe sich nicht erfüllt, glaubt der frühere Tory-Parteichef und Außenminister Lord William Hague: „China spielt nicht nach unseren Regeln.“ Der Westen müsse sich deshalb von chinesischer Technik unabhängig machen.

Dabei denkt Hague ausdrücklich nicht nur an Huawei, sondern beispielsweise auch die Fortentwicklung von Batterien, für deren Produktion chinesische Staatsfirmen in großem Umfang Seltene Erden aufkaufen. Hague gehört zur zunehmenden Zahl von China-Skeptikern in der konservativen Partei, nicht zuletzt auf den Hinterbänken des Unterhauses; diese dürften zum Kurswechsel der Regierung beigetragen haben.

Konkurrenten sehen geplanten Huawei-Bann kritisch

Sollte Peking die Drohung mit „Gegenmaßnahmen“ wahrmachen, die der Londoner Botschafter Liu Xiaoming angekündigt hat, muss sich das Vereinigte Königreich warm anziehen. Einem Bericht des Thinktanks Niesr vom Montag zufolge stellt die Volksrepublik den sechstgrößten Exportmarkt Großbritanniens dar, steht bei Importen sogar an vierter Stelle. Allein im vergangenen Jahr wurde Telekom-Ausrüstung im Wert von rund 6,6 Milliarden Euro.

Chinesische Firmen haben Milliardenbeträge auf der Insel investiert; Pekings staatlicher Investmentfonds hält einen erheblichen Anteil am Wasserversorger Thames Water. Ein Viertel aller internationalen Studierenden, deren Gebühren in Milliardenhöhe britische Universitäten aufrechterhalten, kommen aus China.

Der Plan, Huawei binnen sieben Jahren aus der gesamten Telekom-Infrastruktur des Landes zu verbannen, wird von wichtigen Konkurrenten kritisch beurteilt. Der Vorstandschef von British Telecom sprach von möglichen Blackouts für seine 24 Millionen Kunden. „Ich glaube nicht, dass man das in weniger als zehn Jahren schaffen kann“, sagte Philip Jansen der BBC.

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