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Markus Söder (CSU), Ministerpräsident von Bayern
© dpa/Matthias Balk

Markus Söder will Ernte einfahren: Warum dieser Mann Kanzler(kandidat) werden kann

CSU-Chef Söder mäßigt sich geschickt: immer grüner, immer sozialer, immer „cooler“. Denn AKK gilt immer weniger als Kanzlerkandidatin. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Stephan-Andreas Casdorff

Bayerisch gesagt: Passt scho’. Was passt? Das Programm der CSU zur Ambition ihres Vorsitzenden. Der heißt Markus Söder und ist Ministerpräsident in Bayern. Aber wer sagt denn, dass der nicht auch Bundeskanzler werden kann. Viele sagen das! Und umso mehr, je schlechter die Umfragewerte für Annegret Kramp-Karrenbauer, die Vorsitzende der Unionsschwesterpartei CDU, werden.

Die sind inzwischen sogar unterirdisch. Nicht einmal in ihren eigenen, den CDU-Reihen gilt AKK als kanzler(kandidaten)tauglich. Und wenn nun nicht der nordrhein-westfälische Landeschef Armin Laschet die Hand hebt, energisch, um deutlich zu machen, dass er das werden will, nämlich erst Kandidat und dann Kanzler – ja, dann ist da nicht nur Friedrich Merz oder Jens Spahn, sondern: Markus Söder.

Der macht, das muss man schon sagen, gegenwärtig vieles richtig, taktisch wie strategisch. Also er, nicht alle anderen Christsozialen in führenden Funktionen. Aber das ist eine andere G'schicht. Söder jedenfalls macht sich daran, seine Ernte in die Scheuer zu fahren.

Jüngstes Beispiel: Mit einem – wohlgemerkt – 75-Punkte-Programm will die CSU sowohl ihr Image polieren, als auch neue Wähler generieren. Sie will dafür nicht nur zur führenden Digitalpartei in ganz Deutschland werden, sondern auch jünger und weiblicher als alle anderen. Am Sonnabend soll, nein, wird der CSU-Parteitag die Reform beschließen, der Vorstand hat bereits zugestimmt.

40 Prozent Frauenquote

Der Antrag hat’s in sich. Vor allem für Jüngere hat er was: Die Partei will sich stärker um Klima-, Arten- und Umweltschutz bemühen, in einem eigenen Forum. Darüber hinaus soll die auf Landes- und Bezirksebene geltende 40-Prozent-Frauenquote auf die Kreisvorstände ausgeweitet werden. Die Posten im engeren Vorstand – Vorsitzende, Stellvertreter, Schriftführer und Schatzmeister – werden sogar paritätisch besetzt, heißt es im Entwurf. Überhaupt sollen die Parteivorstände künftig jünger werden: mit einem Vertreter unter 35 als Vize, im Landesvorstand im Alter unter 40.

Ortsungebundene Online-Parteimitgliedschaften, Digitalbeauftragte in Orts- und Kreisverbänden, virtuelle Vorstandssitzungen, vorherige Gewichtung von Anträgen zum Parteitag – die CSU hat wirklich den Anspruch, mit der Reform die „Volkspartei des 21. Jahrhunderts“ zu sein. Und ihr Vorsitzender? Für den erhebt sich so wie von selbst ein eigener Anspruch: zu schaffen, was Franz Josef Strauß und Edmund Stoiber, die CSU-Ikonen als Kandidaten, nicht schafften – Kanzler zu werden.

Verlockung nicht zu verleugnen

Den Anspruch bestreitet er, die Verlockung kann er nicht leugnen. Der Mann aus dem Freistaat versucht ja schon, sich frei zu machen von manch harten Urteilen über ihn. Dass er zu „Schmutzeleien“ neige, wie sein Vorgänger, Horst Seehofer, einmal abschätzig gesagt hat. Heute würde Seehofer das nicht mehr so wiederholen. Immerhin hält ihn Söder in Berlin im Innenministeramt. Da ist er verlässlich. Und Söder versucht, sich zu mäßigen. Das macht er ziemlich geschickt: immer grüner, immer sozialer, immer „cooler“, wie er selbst sagt, und in Fragen der Sicherheit Law and Order.

Hier haben die CSUler wohl über den Tellerrand hinausschaut. Was sie wollen, klingt spannender als bei den Grünen, und im Übrigen ein bisschen wie bei den dänischen Sozialdemokraten. Die sind das Erfolgsmodell für Volksparteien dieser Tage. Was wiederum an das Erfolgskonzept von Angela Merkel erinnert. Von der kann Mann lernen, wie er beliebt(er) wird: Bleib ruhig im Ton, spiel dich nicht auf – und nimm derweil, ehe die anderen sich's versehen, von allen Parteien das, was dir am besten nutzt.

Zumal das alles eine Lehre aus den jüngsten Wahlergebnissen ist. Die Union insgesamt verliert, sogar die CSU. In der Landtagswahl kam sie bei den Erstwähler nur knapp auf Rang eins, bei der Europawahl sogar deutlich hinter den Grünen. Schau’n mer mal, ob’s dem Wähler passt.

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