Unheilvolle Erinnerungen: Warum die Spannungen in Nordirland so gefährlich sind
Im Nordirland-Konflikt ist immer wieder die Geschichte instrumentalisiert worden. Der Tod der Journalistin Lyra McKee kurz vor Ostern erinnert daran.
In Nordirland droht eine Rückkehr des Terrors, der die Region bis in die Neunzigerjahre erschüttert hat. Der Tod der Journalistin Lyra McKee in Londonderry erinnert an die dunkle Zeit des Nordirland-Konflikts zwischen Katholiken und Protestanten. Über drei Jahrzehnte hinweg verbreiteten Paramilitärs Terror in der Bevölkerung - entweder auf Seiten der pro-irischen Katholiken unter Führung der Untergrundorganisation IRA oder auf Seiten der pro-britischen Loyalisten. Erst das Karfreitagsabkommen von 1998 setzte dem Terror, dem mehr als 3000 Menschen zum Opfer fielen, ein Ende.
Dabei ist es kein Zufall, dass die Ausschreitungen pro-irischer Extremisten, die der Journalistin McKee zum Verhängnis wurden, kurz vor den Osterfeiertagen stattfanden. Der Osteraufstand von 1916 gilt als der Beginn des bewaffneten Kampfes zur Loslösung Irlands von Großbritannien. Sechs Jahre später, im Jahr 1922, wurde Irland unabhängig.
Mit einer Hausdurchsuchung in Creggan, einem Stadtteil von Londonderry, wollte die Polizei den Einsatz von Waffen durch pro-irische Extremisten während des Osterwochenendes verhindern. Die Untergrundorganisation „New IRA“, auf deren Konto nach Angaben der Polizei wahrscheinlich die tödlichen Schüsse auf die Journalistin gehen, hat ihre Gewaltbereitschaft bereits im vergangenen Januar dokumentiert. Damals explodierte eine Autobombe, ebenfalls in Londonderry.
Protestanten feiern bis heute siegreiche Schlacht von 1690
Aber nicht nur bei den katholischen Nationalisten, sondern auch bei den pro-britischen Loyalisten ist die Geschichte im jahrzehntelangen Nordirland-Konflikt immer wieder instrumentalisiert worden. Bei den Protestanten ist es die „Schlacht am Boyne“, die jedes Jahr am 12. Juli bei den Oranier-Märschen wieder wachgerufen wird. Im Juli 1690 besiegte der protestantische König Wilhelm III. von Oranien den katholischen König Jakob II. bei der Schlacht nördlich von Dublin.
Die Erinnerung an dieses historische Datum führte zuletzt 2001 im nordirischen Portadown zu Gewaltexzessen. Bei Ausschreitungen protestantischer Randalierer wurden damals 21 Polizisten und zwei Zivilisten verletzt. Zu diesem Zeitpunkt, drei Jahre nach dem Friedensabkommen von 1998, war der nordirische Bürgerkrieg eigentlich schon beendet.
Derweil ist die Politik in London, Dublin und Belfast entschlossen, ein Abgleiten in die Jahre des Bürgerkriegs in jedem Fall zu verhindern. Die britische Regierungschefin Theresa May sprach nach den Schüssen auf Lyra McKee von einer „schockierenden und wahrlich sinnlosen“ Tat. Auch der irische Regierungschef Leo Varadkar zeigte sich überzeugt, dass sich die Gemeinschaft in Nordirland „nicht in die Vergangenheit zurückdrängen“ lasse.
Und die Vorsitzende der nordirischen Protestanten-Partei DUP, Arlene Foster, erklärte: „Diejenigen, die in den Siebziger-, Achtziger- und Neunzigerjahren mit Waffen auf der Straße herumliefen, irrten sich. Und auch 2019 ist es ein Irrtum.“
Beim Brexit wird eine harte Grenze zunehmend unwahrscheinlich
Die Erinnerung an den blutigen Bürgerkrieg in Nordirland spielt auch beim Brexit eine entscheidende Rolle. Sowohl die britische Regierungschefin May als auch die verbleibenden 27 EU-Staaten wollen ein Wiederaufflammen des Terrors verhindern, auch wenn die Republik Irland und Großbritannien inner- und außerhalb der EU demnächst getrennte Wege gehen sollten.
Allerdings könnte ein ungeregeltes Ausscheiden Großbritanniens neue Grenzkontrollen unumgänglich machen und damit zu neuen Spannungen zwischen Protestanten und Katholiken führen. Ein "harter Brexit" gilt indes zunehmend als unwahrscheinlich, zumal die EU den Briten inzwischen eine Fristverlängerung bis zum 31. Oktober gewährt hat. Auch über Ende Oktober hinaus könnte die Brexit-Frist ein weiteres Mal verlängert werden.
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