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US-Präsident Donald Trump ist der prominenteste Protagonist unter den neofeudalen Herrschern.
© Nicholas Kamm/AFP

Trump, Putin, Erdogan: Warum die neofeudale Prunksucht so gut ankommt

Herrscher wie Trump, Putin und Erdogan bedienen Sehnsüchte verunsicherter Bürger. Sie befördern mit ihrer Prunksucht die Entzivilisierung, zelebrieren sich aber als deren Gegner. Eine Kolumne.

Eine Kolumne von Caroline Fetscher

Ausgeschlossen! Herzlich lachen mussten die Russen in der spontan entstandenen Runde im Café in Berlin. Glaubt ihr wirklich, dass sich die Leute in eurer Regierung nirgends Prunkvillen bauen lassen? Ach was, das kommt noch raus. Eure Politiker haben auch ihre Datschen mit goldenen Wasserhähnen und Riesenlimousinen in der Garage und, und, und. Wer an der Macht sei, erläuterten die neuen Bekannten, der sorge nunmal für sich und die Seinen. Aber, wandten die Berliner ein, das sei doch Korruption, unredlich, Staatsbetrug.

„Das norrmal!“, sagten sie lachend. „Das ganz norrmal!“ Nicht bloßes Hinnehmen, sondern Bewunderung klang hier mit für politische Macht als Pfründe, und schierer Genuss beim Schildern der Marmorbäder und Fuhrparks der Mächtigen. Dekorierte Macht, Protz, Prunk, Glanz und leeren Luxus fanden die Gesprächspartner anziehend, fast berauschend. Sie haben Prunkismus. Ein neuer, alter Zustand, und ein Alarmsignal. Wenn feudale Phänomene faszinieren, die an Epochen vor der Demokratie erinnern, dann ist etwas aus dem Lot.

Trumps autokratische Lieblinge

Noch vor Sultan Erdogans Palastbau war Silvio Berlusconis offener Oligarchenstil Symptom für zunehmenden Prunkismus. Mit der Wahl von Donald Trump als Prachtexemplar der Gattung hat die „Sehnsucht nach einer anarchischen, unilateralen Deglobalisierung“ ihren prominentesten Protagonisten erhalten. So wird dieser Affekt in einem soeben bei Suhrkamp erschienen, überaus anregenden Sammelband mit dem Titel „Die große Regression. Eine internationale Debatte über die geistige Situation der Zeit“, genannt.

Im US-Radiosender NPR wurde diese Woche über Donald Trumps Lieblinge in der Weltpolitik diskutiert. NPR lässt sich übrigens seit einigen Jahren in Berlin auf 104,1 FM empfangen – ein Geschenk. Gemeint mit den Lieblingen waren „six strongmen“, sechs starke Staatschefs, Autokraten, Diktatoren oder solche, die es werden wollen: Rodrigo Duterte, Wladimir Putin, Kim Jong Un, Xi Jinpin, Recep Tayyip Erdogan, Abdel-Fattah el-Sisi. Jüngst äußerte Trump, es wäre ihm „eine Ehre“, würde er Nordkoreas Kim Jong Un treffen. Obgleich er ihm militärisch droht, bezeichnet er ihn als „smart cookie“, als cleveren Kerl.

Den philippinischen Präsidenten und bekennenden Mörder Duterte lud Trump nach einem „sehr freundlichen Gespräch“ am 29. April ins Weiße Haus ein. Trump habe „das Gespräch genossen“, verkündete die Pressemitteilung seines Stabs. In Manila, der Hauptstadt der Philippinnen, prangt der Name „Trump“ auf einem 150 Millionen Dollar schweren Hochhaus. Dem ägyptischen Herrscher Abdel-Fattah el-Sisi bescheinigte Trump, er habe „einen großen Freund in den USA und in mir!“

Den Ängsten stellt sich der neofeudale Herrschertypus entgegen

Einer der Diskutanten der Radiosendung sah in der Bereicherung als solcher das Kondensat von Trumps Strategien. Ein Milliardär, durch Geschick und Zufall ans Ruder des Staatsschiffs gelangt, steuert es ohne Rücksicht in die Häfen, an denen seinem Konzern der höchste Profit winkt. Dieselbe Fähigkeit, sich rücksichtslos durchzusetzen, bewundert Trump an den „strongmen“, während er sich über jeden wundert, der die Sache anders sieht – und seinerseits Bewunderung von Millionen erntet für vorgetäuschtes Durchgreifen, Durchregieren.

Den Boden bereitet für „die große Regression“ hat die Komplexität der Gegenwart samt Deregulierung, Finanzkrisen, Klimagefahr, Terror und Massenmigration. In mehreren Weltregionen schrumpfen die Gebiete, die reguläre Staatlichkeit aufweisen, gesetzlose Nischen dehnen sich aus. Den Ängsten, dem Empfinden von Ohnmacht stellt sich der neofeudale Herrschertypus entgegen. Seine erratischen Impulse, sein Montieren und Demontieren äußerer Feinde, überspringt die Analyse von Strukturen, in die er selbst verstrickt ist. Zwar befördert er so die Entzivilisierung, die Oliver Nachtwey im erwähnten Sammelband diagnostiziert, zelebriert sich aber als deren Gegner.

Und gerade die goldenen Wasserhähne, die schamlose Zurschaustellung märchenhaften Reichtums, erscheinen der verunsicherten Öffentlichkeit als Garanten des ganz Anderen, als neue Verheißung alter Stabilität. Notwendig, die Not wendend, wären, jenseits des täglichen Talkshow-Hickhacks, öffentliche Debatten, die der Herausforderung der Rattenfänger-Stimmung gewachsen sind. Der Band „Die große Regression“, in dem Denkende zu Wort kommen wie Zygmunt Bauman, Nancy Fraser, Eva Illouz, Bruno Latour, Pankaj Mishra und Wolfgang Streeck, ist dafür ein guter Ausgangspunkt.

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