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Israel ist beim Thema Impfen deutlich schneller als Deutschland.
© Sven Hoppe/dpa

Die Israelis machen es uns vor: Warum Deutschland seine Impfstrategie überdenken muss

Herdenimmunität werden wir frühestens im Spätsommer erreichen – sofern wir unsere Taktik nicht ändern. Wie jetzt nachgebessert werden könnte. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Stephan-Andreas Casdorff

Die Taktik der Israelis ist richtig. Bis März sollen 60 Prozent der Bevölkerung geimpft sein. Damit haben sie sehr bald Herdenimmunität erreicht. In Deutschland wird nach gegenwärtigen Planungen dieser Wert frühestens im Spätsommer erreicht werden. Es ist darum auch hierzulande dringend wichtig, die Impfplanungen zu überdenken.

Ein herausragend wichtiger Faktor für mehr Schnelligkeit ist der Impfstoff. Aktuell wird Israel wohl bis Ende Januar vier bis 5,6 Millionen Dosen von Biontech/Pfizer bekommen. Deutschland kommt laut Bundesgesundheitsministerium in diesem Zeitraum auf drei bis vier Millionen. Da muss also von Regierungsseite entschlossen nachgesteuert werden.

Zur geänderten Planung gehört dann, möglichst schnell möglichst viele Menschen zu impfen. Die Regierung sollte jetzt, möglichst sofort, in den bisherigen gefährdeten Gruppen 1 bis 3 jedem, der und die will, die Impfung ermöglichen.

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Warum? Vor dem Hintergrund der Angst vor einer Verknappung des Impfstoffs und als Gegensatz zu einer demütigenden Priorisierung, die trotzig macht, wäre das die wirksamste Werbung.

Wenn man das dann noch kombiniert mit einem Quasi-Ultimatum, dann ist die Hoffnung, dass einem die Willigen die Tür einrennen. Also müsste man sagen Bis Ende April erhält jeder aus Gruppe 1 bis 3 die Impfung, muss dafür nur zum Arzt oder ins Impfzentrum kommen. Aber dann sind bis Ende August andere dran. Bedeutet: Wer nicht will, muss warten.

Impfen rund um die Uhr – so macht es Israel

Wenn es dann gen Herbst aufs Neue eng wird, werden es sich die, die vorher gezögert haben, vermutlich sehr genau überlegen, ob sie die zweite Chance verpassen wollen. Das heißt, dass man wirklich die notwendigen Leute auch genau zur richtigen Zeit impft.

Zu einer geänderte Impfstrategie gehört darüber hinaus, mehr Ärzte zu gewinnen und die gezielt einzusetzen. Die Hausärzte beispielsweise sind als Impfärzte ausgebildet, und fast alle Fachärzte verfügen auch über einen Impfschein.

Wenn man dieses Potenzial nutzen würde, wäre Deutschland in einem Quartal mit den Impfungen durch. Die Regierung müsste allerdings mit den Ärztevereinigungen die Verteilung organisieren. Die Kassenärzte wissen im Moment aber noch nicht einmal, wo und wann sie sich selbst und ihr Personal impfen lassen können.

Als Letztes: In Israel planen die Zuständigen Impfstationen, die rund um die Uhr geöffnet haben, sieben Tage die Woche. Das ist mehr als eine Taktik - das ist Strategie.

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