Vorstellung des SPD-Zukunftsplans: Von Macron lernen
Bei der Vorstellung des SPD-Zukunftsplans beruft sich Kanzlerkandidat Martin Schulz auf den französischen Wahlsieger Macron. Es gibt aber einiges, was beide trennt. Ein Kommentar.
Martin Schulz ist in Bewegung – „en marche“ sozusagen. Noch zu Jahresbeginn unterstützte der SPD-Kanzlerkandidat im französischen Präsidentschaftswahlkampf den chancenlosen Sozialisten Benoît Hamon. Bei der Vorstellung des SPD-„Zukunftsplans“ outete sich Schulz nun als glühender Anhänger des französischen Wahlsiegers Emmanuel Macron, der mit seiner Bewegung „En Marche“ das bestehende Parteiensystem in Frankreich aus den Angeln gehoben hat. Dabei fällt auf: Der Sound der Reden von Macron und Schulz mag derselbe sein – die Ausgangsvoraussetzungen sind es nicht.
Zunächst einmal gehört eine gewisse politische Wendigkeit, wie man sie bei Schulz in den zurückliegenden Monaten erlebt hat, durchaus zum Wahlkampf-Geschäft. So wie der SPD-Chef angesichts seiner Unterstützung für den Sozialisten Hamon erst einmal ganz links blinkte und nun in der heißen Wahlkampfphase seine Sympathie für den Sozialliberalen Macron erkennen lässt, so hat auch der Franzose seinerzeit einige Volten hingelegt. Das betraf etwa heikle Äußerungen zu Frankreichs Kolonialgeschichte in Algerien.
Schulz ruht nicht in sich selbst, Macron gibt den "Jupiter"
Auf den ersten Blick gibt es einiges, was Macron und Schulz voneinander trennt. Es fängt an bei dem Altersunterschied zwischen dem 61-jährigen Schulz und dem 39-jährigen Macron, der vor allem deshalb eine Chance bekam, weil die Sklerose des Systems in Frankreich unübersehbar war. Auch vom Typ her unterscheiden sich die beiden: Der SPD-Chef gibt unumwunden zu, dass er nicht in sich selbst ruhe, während das Idol aus Frankreich den abgehobenen „Jupiter“ gibt.
Der europapolitische Dreiklang des SPD-Chefs: Schutz, Solidarität, Kritik an Osteuropäern
Wer nun Schulz’ Rede zum „Zukunftsplan“ zuhörte, der konnte vieles entdecken, was auch von Macron hätte stammen können. Wie Frankreichs Staatschef fordert auch Schulz mehr Investitionen. Ähnlich wie Macron setzt der Kanzlerkandidat in der Europapolitik auf einen Dreiklang aus Schutz vor ungezügelter Globalisierung, Solidarität mit dem Süden der Euro-Zone und deutlichen Forderungen an die Adresse der Osteuropäer in der Flüchtlingspolitik.
Und jetzt wird Schulz am kommenden Donnerstag auch noch in den Elysée-Palast eingeladen. Allerdings ist der Vorgang an sich nicht ungewöhnlich. Macron geht ähnlich vor wie Merkel, die sich seinerzeit im französischen Präsidentschaftswahlkampf alle Optionen offen hielt und eine Einladung an Kandidaten aller Parteien – mit Ausnahme des Front National – ins Kanzleramt aussprach.
Ansagen zu Europa kamen in der SPD bislang von Gabriel
Zudem sollte der Besuch in Paris nicht darüber hinwegtäuschen, dass es einen weiteren entscheidenden Unterschied zwischen Macron und Schulz gibt: Bislang ist es in erster Linie Außenminister Sigmar Gabriel gewesen, der das europapolitische Programm der SPD verkauft hat. Das ist in etwa so, wie wenn es der Frontmann von „En Marche“ seinem Wahlkampf-Mitstreiter François Bayrou überlassen hätte, lauter als alle anderen Schuldenerleichterungen für Griechenland und höhere EU-Beitragszahlungen für das eigene Land zu fordern. Eine absurde Vorstellung für das Alphatier Macron.