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Francois Bayrou ist als französischer Justizminister zurückgetreten. Einen Grund nannte er nicht.
© Charles Platiou, Reuter

Rücktritte in Frankreich: Macron verliert vier Minister

Frankreichs Präsident hat sich die "Moralisierung der Politik" auf die Fahnen geschrieben. Einige Minister passen deshalb nicht mehr in sein Kabinett.

Kaum stand die französische Regierung, wird auch schon wieder ausgewechselt – und das gleich auf mehreren Positionen. Vier Minister warfen innerhalb von wenigen Stunden das Handtuch. Es wurde bis zum Mittwochabend damit gerechnet, dass weitere Veränderungen und Neubesetzungen bekannt werden. Nach Parlamentswahlen sind solche Veränderungen in der Regierung üblich, doch diesmal fällt der Wechsel turbulent aus. Die Abgänge sind ein erster Dämpfer für den Präsidenten Emmanuel Macron.

Wahlkampfmanager muss gehen

Sie stehen in Verbindung um Scheinbeschäftigungen und anderen Skandalen. Da Macron mit seinem neuen Gesetz zur „Moralisierung in der Politik“ solche Affären beenden will, passten die Minister nicht mehr ins Kabinett. Eine praktische Lösung fand sich für Wohnungsbauminister Richard Ferrand, den Wahlkampfmanager von Macron und eines der Gründungsmitglieder von „La République en marche“ (LREM). Er soll in Zukunft der starken Fraktion der Bewegung im Parlament vorstehen. Kritiker auch aus den eigenen Reihen hatten seinen Rücktritt gefordert, weil er in eine undurchsichtige Immobiliengeschichte verwickelt ist, in der die französische Justiz Vorermittlungen eingeleitet hat.

Außer Ferrand verabschiedeten sich auch drei Mitglieder der mit LREM verbündeten Zentrumspartei MoDem, die in eine Scheinbeschäftigungsaffäre im EU-Parlament verwickelt sind. Die französische Justiz prüft, ob Assistenten, die von der EU bezahlt wurden, nicht in Wirklichkeit für die Partei gearbeitet haben.

Auf neuen Posten

Zuerst trat Verteidigungsministerin Sylvie Goulard zurück. Als Grund gab sie die EU-Affäre an. Dann gab auch Justizminister François Bayrou, der Chef von MoDem, seinen Posten auf. Er nannte keinen Grund. Fast gleichzeitig kündigte Europaministerin Marielle de Sarnez an, dass sie die Regierung verlässt. Gegen die beiden Letzteren gab es schon länger Vorwürfe. De Sarnez hat zwar das Kabinett verlassen, wird aber weiterhin eine wichtige Rolle spielen. Sie soll die Fraktionschefin der MoDem-Partei im Parlament werden.

Damit ist Macron gleich vier Problemkandidaten los, diese Affären können seine Regierungsarbeit nicht mehr behindern. Macrons Bewegung ist mit MoDem zwar verbündet, kommt aber mit 308 von 577 Parlamentsabgeordneten auch allein auf genügend Stimmen für die Mehrheit im Parlament. Eigentlich braucht er Bayrou nicht mehr. Doch der könnte es dem Präsidenten sehr übel nehmen. wenn er fallengelassen wird, könnte er möglicherweise zur Opposition überlaufen, wird vermutet.

Kritik am Ausnahmezustand

Aber nicht nur personelle Veränderung gibt es in der Regierung, auch inhaltliche. Zunächst soll einmal das Terrorgesetz verändert werden. Seit den Attentaten vom November 2015 herrscht in Frankreich der Ausnahmezustand. Er wird inzwischen vielfach als zu umfassend und zu lang kritisiert. Ein neues Terrorgesetz soll Abhilfe schaffen. Es räumt den Sicherheitsbehörden wesentlich mehr Befugnisse ein als bisher, allerdings weniger als im Ausnahmezustand. Kritiker bemängeln dennoch, dass die freiheitlichen Grundrechte der Bürger durch die Reform zu sehr beschnitten würden.

Innenminister Gérard Collomb erklärte die wichtigsten Maßnahmen: Überwachung von Personen, Einschränkung der Bewegungsfreiheit von Verdächtigen und die Schließung von Gebetsräumen sollen auf Dauer möglich sein. Darüber hinaus sollen Hausdurchsuchungen erleichtert werden. Großereignisse, Grenzen, Bahnhöfe und Busbahnhöfe würden schärfer überwacht. An diesem Donnerstag wird das Projekt im Ministerrat vorgestellt, im Juli dann im Parlament diskutiert.

Diskussionen um Reform des Arbeitsrechts

Der Präsident hat in den letzten Tagen gezeigt, dass er schnell vorangeht. Erst das Gesetz zur Moralisierung der Politik, dann das Terrorgesetz. Gleichzeitig wird derzeit mit den Sozialpartnern über die Arbeitsrechtsreform diskutiert, die die Arbeitswelt flexibler gestalten soll. Von langwierigen Parlamentsdebatten will sich Macron in seinem Eifer nicht abhalten lassen.

Um seine Pläne schnell zu realisieren, will sich der Präsident vom Parlament eine Art Bevollmächtigung ausstellen lassen. Das ist im französischen Recht möglich. Die Regierung kann mit Hilfe dieser Bevollmächtigung Reformen per Verordnung beschließen. Schon Ende Juni hofft Macron auf die Freigabe für die Arbeitsrechtsreform, damit diese schon im September in Kraft treten kann. Der Präsident weiß, dass er schnell liefern muss, um nicht nur seine Wähler zu überzeugen, sondern auch die, die ihn nicht gewählt haben.

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