Münchner Sicherheitskonferenz: Vier Kilo neue deutsche Verantwortung
US-Milliardär Bill Gates und Entwicklungsminister Gerd Müller sind sich einig: Entwicklungszusammenarbeit ist die beste Friedenspolitik. Vor allem in Afrika.
Vier Kilo wiegt sie, „Deutschlands neue Verantwortung“, und sie hat die Signalfarbe Pink. Ob das nun viel oder wenig und der Lage angemessen ist, darüber lässt sich trefflich streiten – und genau das soll auf der Sicherheitskonferenz passieren. Schon vor Beginn des offiziellen Programms wollten die deutschen Bundesminister Ursula von der Leyen und Gerd Müller zusammen mit Microsoftgründer Bill Gates bei der Vorstellung des Coffeetable Books gleichen Namens, in dem kluge Köpfe ihre Gedanken zum Thema aufgeschrieben haben, ein positives Zeichen setzen, das sie als Weckruf verstanden. Der stolze Preis: 68 Euro.
Trotz aller Irritationen, ist die „America-First“-Devise von US-Präsident Donald Trump nach Ansicht des Milliardärs und Stiftungschefs Bill Gates keine Absage an gemeinsames Handeln. Sie biete vielmehr die Möglichkeit, darüber nachzudenken, wer künftig welche Lasten tragen sollte, inklusive des privaten Sektors und der Akademiker von Großbritannien bis nach China. „Afrika ist der Testfall“, sagte Gates am Freitag in München. Und: Er rechnet mit der Erneuerung der Verpflichtungen Deutschlands und der USA.
Für Entwicklungsminister Müller ist Gates wohl so etwas wie sein stiller Held. Er habe „seit Jahrzehnten verstanden, was viele in Deutschland noch nicht begriffen haben“. Nämlich dass Entwicklungszusammenarbeit „die beste Friedenspolitik ist“. Müller beklagte, weltweit würden noch immer 1700 Milliarden Dollar für Rüstung und Militär, aber nur 160 Milliarden für Entwicklung, Stabilität und Prävention ausgegeben. „Militärs können Feuer löschen, aber es gibt nicht so viele Feuerlöscher, wie neue Brände entstehen“, mahnte er nicht zuletzt mit Blick auf die Forderung, zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts für Verteidigung auszugeben. Insofern sei eine moderne Stabilitäts- und Friedenspolitik mit dem Dreiklang Stärkung öffentlicher Entwicklungsarbeit „in Europa und mit den Amerikanern“, mehr private Investitionen („von 400 000 deutschen Firmen im Ausland sind nur 1000 in Afrika“) und fairem Handel („Wir müssen zu Partnerschaft statt Ausbeutung kommen“) nötig. Es dürfe nicht sein, dass ein Kaffeebauer in Kenia 50 Cent fürs Kilo bekomme, wenn der deutsche Verbraucher zehn Euro zahle – die Veredelungsdividende müsse anders verteilt werden. Neben afrikanischen Eliten hat Müller auch internationale Ölkonzerne wie Shell und Aral auf seiner Transparenzagenda gegen Korruption.
U2-Sänger Bono fordert einen "neuen Deal"
Afrika werde sich bei gegenwärtiger Geburtenrate „verdoppeln“, es sei im eigenen Interesse für die jungen Leute dort Jobs und Perspektiven zu bieten, sonst werde „das, was wir heute diskutieren, ein laues Lüftchen sein“, sagte Müller mit Blick auf die Flüchtlingspolitik. Den Anfang sollte die Weltgemeinschaft machen, indem sie endlich den UN den Zehn-Milliarden- Fonds für humanitäre Hilfe im Krisenbogen rund um Syrien und Irak finanziere. Bei aller Übereinstimmung mit Verteidigungsministerin Leyen für den parallelen Ansatz von Entwicklung und Militär, sagte Müller auch, dass „ich mich schon freuen würde, wenn unsere Flugzeuge, deutsche Truppentransporter und Hubschrauber auch funktionieren würden“.
Auch Leyen warb für diese Art neuen Verteidigungsbegriff, der wohl am Ende ein Ausweg aus der Zwei-Prozent-Finanzfalle sein könnte. Sie mahnte, nicht „zurück in die alten Gräben, ins Silodenken“ zu fallen, sondern ein Paket aus innerer wie äußerer Sicherheit und Entwicklungshilfe zu schnüren. Aber: „Bei allen drei Themen bleibt Deutschland unter seinen Möglichkeiten“, stellte Leyen fest.
Bono, U2-Sänger und Mitgründer der Organisation One, nahm auf die bei US-Präsidenten so beliebte Politik der „Deals“ Bezug. Er forderte einen „neuen Deal“, der Sicherheits- mit Entwicklungspolitik verknüpfe und höhere Investitionen mit dem Kampf gegen Korruption, Armut und die Ursachen des Extremismus verbinde.