Neuer Befangenheitsantrag gegen Richter: Verteidiger-Plädoyers im NSU-Prozess verzögern sich weiter
Die Verteidiger-Plädoyers im NSU-Prozess verzögern sich weiter. Grund ist ein neuer Befangenheitsantrag gegen den Vorsitzenden Richter Manfred Götzl.
Am Dienstag war es im NSU-Prozess am Oberlandesgericht München wieder nicht möglich, die Plädoyers der Verteidiger von Beate Zschäpe und der vier Mitangeklagten beginnen zu lassen.
Der erstmals anwesende neue Anwalt von André E. führte sich gleich mit einem Befangenheitsantrag gegen den Vorsitzenden Richter Manfred Götzl ein. Daniel Sprafke will vom Strafsenat als dritter Pflichtverteidiger für E. beigeordnet werden, das lehnten die Richter ab. Nach längerem Hickhack mit Götzl kündigte der Anwalt drei Befangenheitsanträge an und stellte einen in der Mittagspause. So musste auch an diesem Verhandlungstag Zschäpes Anwalt Hermann Borchert, der die Verteidigerplädoyers starten sollte, sein Manuskript wieder einpacken.
Die Hängepartei im NSU-Prozess dauert schon zwei Monate
Die Hängepartei dauert schon zwei Monate. Im Februar endeten die Schlussvorträge der Nebenkläger und ihrer Anwälte. Dann folgten Beweisanträge der Verteidiger des Angeklagten Ralf Wohlleben, obwohl die Beweisaufnahme im Juli 2017 abgeschlossen war. Die Richter lehnten die Anträge ab – und fingen sich Befangenheitsanträge ein.
Im März riss Götzls Geduld. Er warf Wohllebens Verteidigerin erstmals „Prozessverschleppung“ vor, ihre Beweisanträge wurden abgewiesen. Als dann Zschäpes Anwalt Borchert das Plädoyer vortragen wollte, war der Angeklagten plötzlich schlecht. Und sie wurde vor der Osterpause nicht mehr gesund.
Der Strafsenat gibt den Versuch nicht auf, das Tempo im größten Prozess zu rechtsextremem Terror seit der Wiedervereinigung doch zu erhöhen.
Zschäpes Verteidiger beantragt Ausschluss der Öffentlichkeit
Am Dienstag sollte schon gleich nach der Hauptverhandlung die dienstliche Stellungnahme Götzls zum Befangenheitsantrag gehört werden. Die Journalisten wollten dabei sein und blieben sitzen.
Götzls Richterkollegen in München hatten damit kein Problem, Zschäpes Verteidiger Wolfgang Heer beantragte jedoch den Ausschluss der Öffentlichkeit. Nach einer Pause verkündete Richter Konstantin Kuchenbauer, die Anhörung könne auch schriftlich geregelt werden. An diesem Mittwoch soll der NSU-Prozess weitergehen. Ob das auch für die Plädoyers gilt, ist fraglich.