Untersuchungsausschuss geplant: Verkehrsminister Scheuer soll in die Maut-Mangel
Die CSU wollte mit der Maut triumphieren. Doch nun drohen dem zuständigen Minister wohl bald monatelange Untersuchungen mit politischen Risiken. Ein Überblick.
Für Andreas Scheuer nimmt der Ärger um die Pkw-Maut so bald kein Ende – ganz im Gegenteil. Nach dem krachenden Scheitern des Prestigeprojekts seiner CSU am Europäischen Gerichtshof (EuGH) wird es für den Verkehrsminister gleich an zwei Fronten ungemütlich: Die Oppositionsfraktionen von Grünen, Linken und FDP wollen am Dienstag die Weichen für einen Untersuchungsausschuss im Bundestag stellen. Und erwartet wird außerdem, dass die gekündigten Maut-Betreiber bald noch millionenschwere Forderungen an den Bund auf den Tisch legen.
Worum geht es überhaupt?
Scheuer wollte eigentlich im Oktober 2020 mit dem Kassieren starten. Doch Mitte Juni kippte der EuGH das ganze Vorhaben nach einer Klage Österreichs – wie von vielen Kritikern prophezeit. Neue Gefechte um das eigentliche Maut-Modell, das unter dem Strich nur Fahrer aus dem Ausland extra belasten sollte, soll es nicht nochmal geben.
Akut unter Druck steht der Minister vor allem wegen der Vorgeschichte: Im Oktober 2018 vergab er den Auftrag zur Kontrolle der Maut an die österreichische Firma Kapsch, Ende 2018 ging dann der Zuschlag zur Erhebung an ein Konsortium aus Kapsch und der deutschen Firma CTS Eventim – also alles, bevor endgültige Rechtssicherheit bestand.
Was sind Kernvorwürfe gegen Scheuer?
Fachpolitiker der Opposition haben schon diverse Vorwürfe aufgetürmt. Scheuer habe milliardenschwere Verträge mit nachteiligen Konditionen für den Bund besiegelt. Das Risiko eines Maut-Stopps durch den EuGH sei zu wenig berücksichtigt worden. In der Kritik steht auch, dass er einige Treffen mit den Betreibern einräumen musste, die nicht in Akten dokumentiert wurden.
„Mit seinem Verhalten hat uns Scheuer die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses regelrecht aufgedrängt“, sagt Grünen-Experte Stephan Kühn. Jörg Cezanne (Linke) betont: „Wenn ein Minister erheblichen finanziellen Schaden anrichtet und dann weder die politische Verantwortung übernimmt, noch für wirkliche Transparenz sorgt, ist ein Untersuchungsausschuss unumgänglich.“
Was sagt der Minister?
Der CSU-Politiker hat auf Verteidigungsmodus geschaltet und versichert, er habe nichts zu verbergen. Die erklärte Linie lautet „maximal mögliche Transparenz“ bei der Aufarbeitung und Abwicklung der Maut. Das Ministerium ließ schon demonstrativ kleine Wagen mit Aktenordnern gen Parlament rollen und veröffentlichte inzwischen zahlreiche Unterlagen im Internet. Zur Frage, warum die Verträge vor dem EuGH-Urteil geschlossen wurden, heißt es etwa, es habe einen „klaren Auftrag“ des Gesetzgebers gegeben, die Pkw-Maut baldmöglichst umzusetzen, um Einnahmen für bessere Verkehrswege abzusichern. Und auch die EU-Kommission habe doch grünes Licht für die Maut gegeben. Über die ganze Projektlaufzeit habe es ein Risikomanagement gegeben.
Wozu ein Untersuchungsausschuss?
Ein U-Ausschuss ist traditionell ein Instrument der Opposition, um die Bundesregierung in die Mangel zu nehmen. Das Gremium kann dafür Zeugen vorladen und Akten anfordern – oft in ziemlicher Kleinarbeit. Dabei kommt es auch auf den genauen Untersuchungsauftrag an.
Schon in der vergangenen Wahlperiode stand das CSU-geführte Verkehrsressort im Fokus eines U-Ausschusses. Es ging um Kontrollen und Lobby-Einflüsse im Abgasskandal und die Frage, warum dieser nicht von deutschen Behörden aufgedeckt wurde. Zumindest eine Erklärung wurde klar: Weil sie schlicht nicht danach suchten. Vom VW-Skandal an sich erfuhr die Regierung samt Kanzlerin nach eigener Darstellung aus den Medien.
Wie geht es weiter?
Damit ein U-Ausschuss kommen kann, muss laut Grundgesetz ein Viertel aller Abgeordneten einen entsprechenden Antrag dafür unterstützen – derzeit sind das 178 Parlamentarier. Darum geht es am Dienstag in den Fraktionen von FDP, Grünen und Linken, die zusammen insgesamt 216 Abgeordnete stellen. Die Einsetzung des Gremiums muss dann der Bundestag beschließen. Die AfD als größte Oppositionsfraktion hat deutlich gemacht, dass sie einen solchen Ausschuss nicht für nötig hält.
Gespannt auf die parlamentarischen Untersuchungen dürften dann auch die verhinderten Maut-Betreiber sein. Noch ist offen, wann sie ihre Forderungen vorlegen – es droht ein juristisches Tauziehen. (dpa)