Fünf weitere Treffen zur Pkw-Maut: Verkehrsminister Scheuer gerät zunehmend unter Druck
Hat Andreas Scheuer in der Maut-Affäre gelogen? Sein Ministerium bekräftigt: Es gab keine Falschaussage. Die Opposition beklagt ein „Katz-und-Maus-Spiel“.
In der Affäre um die gescheiterte Pkw-Maut gerät Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) zunehmend unter Druck. Wie die „Süddeutsche Zeitung“ berichtet, musste sein Haus fünf bisher nicht bekannte Gespräche der Ministeriumsspitze mit Vertretern der Mautfirmen CTS Eventim und Kapsch TrafficCom eingestehen. Sie sollen zwischen dem 3. Oktober 2018 und dem 23. Mai 2019 stattgefunden haben. Dem Bericht zufolge war Scheuer persönlich bei drei Terminen zugegen, zu einem erschien auch Kanzleramtschef Helge Braun (CDU). Brisant sind diese Treffen auch deshalb, weil Scheuer dem Bundestag „maximal mögliche Transparenz“ zugesichert hatte.
Ein zentraler Punkt des Streits ist, ob Scheuer die Betreiber für die geplante Pkw-Maut aufgefordert hat, öffentlich zu erklären, dass sie die Verträge unbedingt vor einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) abschließen wollten. Angesichts von Lügen-Vorwürfen der Opposition beharrt der Minister darauf, dass niemals getan zu haben.
In einer dem Tagesspiegel vorliegenden Antwort des Parlamentarischen Verkehrsstaatssekretärs Steffen Bilger wird auf FDP-Anfrage betont, dass Scheuers Aussage Bestand habe, wonach er bei einem weiteren Treffen am 19. Juni 2019 keineswegs gefordert habe, sie mögen erklären, dass auch sie den Mautvertrag unbedingt bis Ende 2018 besiegelt haben wollten. Es werde hier auf die Beantwortung von Bundesminister Andreas Scheuer im Bundestag am 25. September verwiesen, betont Bilger.
Nach seinen Angaben nahmen an dem brisanten Treffen Scheuer, ein Staatssekretär und der Leiter der Leitungsabteilung teil, sowie André Laux vom mit der Maut-Kontrolle beauftragten Unternehmen Kapsch TrafficCom, Klaus-Peter Schulenberg und Alexander Ruoff von CTS Eventim, die sich um die Maut-.Erhebung per Vignette kümmern sollten, sowie Michael Blum und Volker Schneble von autoTicket.
Luksic, verkehrspolitischer Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, sagte dem Tagesspiegel: „Verkehrsminister Scheuer wiederholt nun schriftlich seine falschen Aussagen aus der Fragestunde im Bundestag.“ Gesprächsteilnehmer würden seiner Behauptung aber klar widersprechen. „Bis heute hat der Minister die Unterlagen zu den Treffen nicht an den Bundestag übermittelt, das ist vielsagend und ein Skandal.“
Stattdessen behaupte er, dass dazu keine Vermerke erstellt wurden. „Dieses Katz-und-Maus-Spiel zieht sich durch die bisherige Aufklärung der gescheiterten Pkw-Maut und wird von einem Untersuchungsausschuss detailliert aufgearbeitet werden müssen.“
Opposition: Firmen wollten EuGH-Urteil abwarten
Sollte Scheuers Antwort nicht stimmen, könnte dies den Minister das Amt kosten. Denn es gibt laut Opposition vertrauliche Hinweise, dass die Unternehmensseite angeboten haben, mit der Vertragsunterzeichnung bis zu einem EuGH-Urteil zu warten.
Sie gingen in Vorleistung, das Scheitern der Maut-Pläne könnte zu Schadenersatzforderungen im dreistelligen Millionenbereich, sprich einem teuren Schaden für die Steuerzahler führen. Die Fraktionen von Grünen, FDP und Linken wollen wahrscheinlich nächste Woche im Bundestag einen Beschluss zur Einsetzung eines Untersuchungsausschuss fassen, sie haben zusammen genug Stimmen dafür.
Auch der Rechnungshof kritisiert das Ministerium
Unter Druck gerät Scheuer auch von anderer Seite. Einem Bericht der „Welt“ zufolge, moniert der Bundesrechnungshof die Umsetzung der Korruptionsbekämpfung im Verkehrsministerium. Dort seien „die vorgesehenen Gefährdungs- und Risikoanalysen teilweise nicht turnusgemäß durchgeführt oder nicht anlassbezogen aktualisiert“ worden, zitierte das Medium aus einem Bericht der Rechnungsprüfer an den Haushaltsausschuss des Bundestags. So habe das Ministerium unter anderem die Frage nach der „Verwendungsdauer von Beschäftigten in besonders korruptionsgefährdeten Arbeitsgebieten“ vernachlässigt.
Wie die „Welt“ weiter berichtet, kritisiert der Rechnungshof zudem, dass das Verkehrsministerium dem Rechnungsprüfungsausschuss des Bundestags Daten zur Korruptionsprävention gemeldet habe, die teilweise fehlerhaft und überholt seien. Die Rechnungsprüfer verlangten demnach „eine deutlich verbesserte Umsetzung“ der maßgeblichen Richtlinien zur Korruptionsbekämpfung im Verkehrsministerium. Denn gerade in diesem Ministerium mit seinem hohen Investitionsaufkommen komme „der Vorbeugung gegen Korruption besondere Bedeutung zu“.
Der Grünen-Politiker Sven-Christian Kindler kritisierte mit Blick auf den Bericht den Verkehrsminister: „Andreas Scheuer macht vor der Korruptionsgefahr im eigenen Haus die Augen zu“, sagte er der „Welt“. (mit dpa)