Atomstreit mit dem Iran: Verhandeln Richtung Abkommen
Am 31. März soll ein Abkommen über Irans Atomprogramm unter Dach und Fach sein. Jetzt beginnt die entscheidende Gesprächsrunde. Doch in Teheran machen die Konservativen Front gegen eine Vereinbarung.
In einem sind sich alle Seiten einig: Eine nochmalige Verlängerung der Atomgespräche wird es nicht geben. Entweder es gelingt bis zum 31. März ein Kompromiss zwischen der Islamischen Republik und der 5-plus-1-Gruppe (die UN-Vetomächte und Deutschland). Oder der bisher ernsthafteste Versuch, eines der heikelsten Probleme der internationalen Diplomatie zu entschärfen, wird wohl scheitern. US-Außenminister John Kerry reiste am Wochenende erneut nach Genf, um am Montag mit seinem iranischen Amtskollegen Mohammad Dschawad Sarif zu sprechen, während Israels Premier Benjamin Netanjahu zu seiner umstrittenen Kongressrede nach Washington eilte.
In der Substanz gab es in den vergangenen Wochen offenbar weitere Annäherungen, auch wenn die Hürden vor einem Abkommen weiter hoch sind. Aus amerikanischen Diplomatenkreisen wurden Konturen einer möglichen Einigung gestreut. Danach ist die 5-plus1Gruppe bereit, eine eigene iranische Urananreicherung unter bestimmten Bedingungen zu akzeptieren. Teheran muss sich verpflichten, die unter 15 Meter Fels liegende kleinere Anlage in Fordo stillzulegen und künftig nur noch den bestehenden, oberirdischen Betrieb in Natanz zu nutzen.
Unangekündigte Inspektionen
Seine Uranvorräte, die Zahl der 19 000 Zentrifugen sowie den Grad der Anreicherung soll die Islamische Republik so stark reduzieren, dass der technische Weg bis zu einer Atombombe mindestens ein Jahr in Anspruch nimmt. Der Schwerwasserreaktor in Arak soll so umgebaut werden, dass er praktisch kein Plutonium mehr erzeugen kann. Denn mit Plutonium lässt sich genauso wie mit hochangereichertem Uran eine Atombombe herstellen. Obendrein muss sich der Iran verpflichten, unangekündigte Inspektionen der Wiener Atomkontrollbehörde IAEO zu akzeptieren, wie sie das IAEO-Zusatzprotokoll von 2010 vorsieht.
Als Laufzeit dieses rigiden Kontrollregimes sind zehn Jahre im Gespräch, danach kann ein Teil der Einschränkungen schrittweise gelockert werden. Mit diesem Zeitrahmen gehen die westlichen Unterhändler davon aus, dass in einer Dekade die gesamte Gründergeneration der Islamischen Republik aus der aktiven Politik ausgeschieden sein wird. Ihre jüngeren Nachfolger dagegen könnten, so das strategische Kalkül, das Atomthema nicht mehr länger als Kernfrage des iranischen Nationalstolzes einstufen.
Hardliner im Parlament
Doch noch ist im Iran der Streit um den künftigen Kurs gegenüber den USA und dem Westen in vollem Gange. Hardliner in Parlament und Revolutionären Garden, die an den westlichen Sanktionen kräftig verdienen, lehnen Kompromisse ab. Gleichzeitig wächst der Druck auf die Nation, weil der Ölpreis im vergangenen halben Jahr um fast die Hälfte auf rund 60 Dollar pro Barrel gefallen ist.
"Unsere politische Erfahrung zeigt, dass unser Land kein kontinuierliches Wirtschaftswachstum aufbauen kann, wenn es isoliert ist", warb der moderate Präsident Hassan Ruhani kürzlich wieder für einen Kurswechsel in der bisherigen Außenpolitik. Zudem brachte er ein Referendum über einen möglichen Atomvertrag ins Spiel, um den Hardlinern den Wind aus den Segeln zu nehmen.
Denn nach einer repräsentativen Gallup-Telefonumfrage vom November hoffen 70 Prozent der 78 Millionen Iraner auf einen erfolgreichen Atomabschluss. "Unsere Ideale sind nicht an Zentrifugen gekoppelt, unsere Ideale sind verbunden mit unseren Herzen, unseren Köpfen und unserer Hingabe", erklärte Ruhani. Der Kommandeur der mächtigen Basij-Milizen, Mohammad Reza Naqdi, konterte sofort. Die Ideale des Landes seien "die Beseitigung der Tyrannen, des Weißen Hauses und der Zionisten", polterte der General und nannte Präsident Ruhani einen "falschen Revolutionär".