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Der iranische Präsident Ruhani.
© dpa

Iran: Präsident Ruhani will das Land weiter öffnen

Seit knapp einem Jahr ist Hassan Ruhani Präsident des Iran. Er will das Land öffnen - doch mit seinen Gegnern führt er einen ideologischen Stellungskrieg.

Mal lässt sich Hassan Ruhani lächelnd im Lautenkonzert einer iranischen Sängerin fotografieren. Mal belehrt er öffentlich die Hardliner seines Landes, „wir können die Leute nicht mit Peitsche und Zwang zum Himmel führen“. Der Staat muss sich aus dem Privatleben seiner Bürger möglichst heraushalten, davon ist der 65-jährige gelernte Kleriker überzeugt. Und das hat ihn vor fast einem Jahr auf Anhieb und mit absoluter Mehrheit auf den Präsidentensessel Irans gebracht. „Lasst die Leute ihren eigenen Weg zum Himmel wählen“, forderte er.

Doch der Widerstand der konservativen Prediger und ihrer politischen Verbündeten ist zäh und tief gestaffelt. Ohne Ruhani beim Namen zu nennen, hagelte es scharfe Kritik. „Es gehört zur Verantwortung eines religiösen Staates, den Weg zum Himmel zu ebnen“, polterte der Freitagsprediger von Teheran, Ayatollah Ahmad Chatami. „Wir wollen die Leute nicht mit Gewalt in den Himmel prügeln, aber wir sollten sie mit solchen Äußerungen auch nicht in die Hölle schicken.“

Knapp ein Jahr ist Ruhani nun im Amt. Und der Kampf mit seinen ideologischen Gegnern ist ein täglicher und vertrackter Stellungskrieg. Zum Beispiel ließ der Chef des Staatsfernsehens die Liveübertragung einer Rede Ruhanis abbrechen, als dieser die „Ära der Diktatur“ für beendet erklärte. „Die Zeiten, in denen man einseitig und ohne Widerspruch Botschaften durch Megaphone und durch Predigtpulte herausposaunen konnte, sind vorbei“, sagte der Präsident – und schon war die Sendung abgeschaltet.

Auch beim Schicksal der politischen Gefangenen der Grünen Bewegung von 2009 gibt es bislang wenig Bewegung, allen voran bei den damaligen Präsidentschaftskandidaten Mir-Hossein Mussawi und Mehdi Karoubi. Ihr Hausarrest wurde zwar gelockert, doch die beiden freizulassen, dazu fühlt sich die Ruhani-Führung nicht fest genug im Sattel.

Der Präsident und seine Ministermannschaft, von denen die Hälfte im westlichen Ausland studiert hat, haben ein nahezu bankrottes Land übernommen. Die Plünderung des Staatshaushaltes durch die Gefolgsleute von Vorgänger Mahmud Ahmadinedschad war „unser zweiter Hunnensturm, nur dass es diesmal die Iraner selbst waren“, spottete ein Teheraner Industrieller. Der vom Parlament eingesetzte Untersuchungsausschuss, der die Korruption der „saubersten Regierung aller Zeiten“, wie Ahmadinedschad sich brüstete, aufdecken sollte, hält seinen Bericht unter Verschluss. Das Dokument werde im Volk „einen sozialen Schock“ auslösen, hieß es zur Begründung. In acht Jahren Ahmadinedschad ist die astronomische Summe von 200 Milliarden Dollar spurlos verschwunden, das entspricht einem Drittel der Öleinnahmen.

Inzwischen hat sich die ausgeplünderte Wirtschaft der Islamischen Republik etwas stabilisiert, auch weil es der neuen Führung gelang, die extreme Inflation ein gutes Stück zu senken. Das Wachstum hingegen bleibt gering, die Arbeitslosigkeit nach wie vor zweistellig – vor allem bei jungen Leuten. Und ohne eine spürbare Lockerung der Sanktionen wird der Präsident sein Land nicht aus der Wirtschaftsmisere und der internationalen Isolierung herausführen können. Und so liegt der Schlüssel für die Zukunft vor allem bei den Atomgesprächen, die vom 16. bis 20. Juni in Wien weitergehen und bis zum 22. Juli mit einem Gesamtvertrag abgeschlossen werden sollen.

Außenpolitik ist Innenpolitik – mit diesem Motto hatte Hassan Ruhani vor einem Jahr um die Wähler geworben. Denn gelingt eine Atomeinigung, könnte die Islamische Republik bald einen Investitionsboom erleben. „Iran wird ein Riesengeschäft“, sagte vor kurzem ein westlicher Wirtschaftsexperte in Teheran schmunzelnd.

Martin Gehlen

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