Sondierungsgespräche in Berlin: Verhaltene Reaktionen nach erster Jamaika-Runde
Nach fünf Stunden gehen CDU, CSU, FDP und Grünen auseinander. Union sieht bei Sicherheit und Zuwanderung Differenzen.
CDU, CSU, FDP und Grünen haben am Freitagabend ihre erste große Sondierungsrunde schneller als gedacht abgeschlossen. Das Fazit fiel verhalten aus. CDU und CSU sehen Differenzen besonders bei den Themen innere Sicherheit und Zuwanderung. Am kommenden Dienstag sollen nun - nach der konstituierenden Sitzung des neuen Bundestages - die schwierigen Themen Steuern, Finanzen und Haushalt sowie Europa intensiver beraten werden, wie aus Teilnehmerkreisen zu erfahren war.
Es gebe eine Fülle von Themen, "wo es noch ein gutes Stück des Weges ist", sagte CDU-Generalsekretär Peter Tauber am Freitagabend. "Zum Beispiel, wenn wir über das Thema Sicherheitsgesetze reden." Das erste Zusammentreffen der Parteien in großer Runde dauerte rund fünf Stunden.
CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer sagte nach Beratungen, die Gespräche seien sachlich, aufgeräumt und sehr konzentriert gewesen. Es sehe aber noch "große Abstände" etwa bei dem Thema Zuwanderung. Es gehe aus Sicht der CSU darum, die Zuwanderung nachhaltig zu begrenzen.
Nach Angaben der FDP gibt es keine nennenswerten Fortschritte. Das sagte FDP-Chef Christian Lindner nach Ende der Gespräche am Freitagabend in Berlin. FDP-Generalsekretärin Nicola Beer sagte, die Gespräche hätten gezeigt, dass "es Schnittmengen gibt, dass es aber auch große Unterschiede gibt". Auch sie nannte mit der von der FDP abgelehnten Vorratsdatenspeicherung ein strittiges Thema aus dem Bereich Sicherheitspolitik. Alles in allem, sei die Runde aber "ein guter Auftakt gewesen".
Grünen-Geschäftsführer: "Der große Donner ist ausgeblieben"
"Der große Donner ist ausgeblieben", beschrieb Grünen-Bundesgeschäftsführer Michael Kellner die Beratungen. Nun müsse vertieft in die Themen eingestiegen werden. Die Grünen wollten beim Thema Haushalt und Finanzen darauf pochen, dass in Gerechtigkeit investiert werde, sagte Kellner. Eine gute Nachricht sei, dass alle Parteien hinter den Zielen des Pariser Klimaabkommens festhalten wollten.
Grünen-Chef Cem Özdemir hat in der Sondierungsrunde den Klima- und Umweltschutz nach vorn gestellt. Nach dpa-Informationen mahnte er in seinem Eingangsstatement vor den mehr als 50 Politikern von CDU, CSU, FDP und Grünen Tempo beim Klimaschutz an und wies auf das Problem des Insektensterbens hin. Auch die am Freitag veröffentlichte Studie, nach der Umweltverschmutzung im Jahr 2015 weltweit etwa neun Millionen vorzeitige Todesfälle verursacht hat, erwähnte Özdemir. Zudem betonte der Grünen-Chef mehr Gerechtigkeit sei „wichtig für den Zusammenhalt in unserem Land“ und sprach sich für ein starkes Europa aus
Bei den Treffen sei ein guter Wille spürbar gewesen, die Gespräche fortzuführen, hieß es aus Teilnehmerkreisen. In der Runde der mehr als 50 Unterhändler habe eine offene, konstruktive und konzentrierte Atmosphäre geherrscht. Kanzlerin und CDU-Chefin Angela Merkel übernahm demnach die Leitung der Sitzung.
Wie angekündigt ging die Runde die zwölf Themenblöcke für die Sondierungen in einer Art Generalaussprache durch. Als erstes hatten die Verhandler über Finanzen, den Haushalt und die Steuerpolitik gesprochen, gefolgt von den Themen Europa, Klima, Energie, Umwelt sowie Flucht, Asyl, Migration und Integration. Details zu Inhalten wurden zunächst nicht bekannt.
Die Runde war die erste, an denen Vertreter aller Parteien teilnehmen. In den vergangenen Tagen hatten CDU, CSU, FDP und Grünen bereits in kleineren Runden die Chancen auf die Bildung eines Jamaika-Bündnisses ausgelotet. (dpa, AFP)