Moscheeverband: Verfassungsschutz prüft Beobachtung von Ditib
Medienberichten zufolge soll das Bundesamt für Verfassungsschutz eine Überwachung des Moscheeverband Ditib prüfen. Nicht alle Bundesländer wollen mitziehen.
Das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) prüft eine Beobachtung der Zentrale der Türkisch-Islamischen Union Ditib. Das geht nach Berichten von "Süddeutscher Zeitung", NDR und WDR aus einem als vertraulich eingestuften Dossier des Verfassungsschutzes hervor, das an die Bundesländer versandt worden sei. Diese wurden demnach aufgefordert, bis Mitte Oktober Material und eine Stellungnahme zu übermitteln.
In Kreisen des Verfassungsschutzes wird den Berichten zufolge eine kontroverse Debatte darüber erwartet, ob Ditib offiziell als Verdachtsfall oder sogar als Beobachtungsobjekt eingestuft werden soll. Von einigen Bundesländern würden Vorbehalte gegen eine Beobachtung erwartet. Nur beim BfV werde der größte Moscheeverband in Deutschland bereits jetzt als Prüffall geführt.
Das Bundesinnenministerium wollte sich auf Anfrage demnach nicht dazu äußern, sondern erklärte nur, dass "einzelnen Ditib-Moschee-Gemeinden zurechenbare Personen verfassungsfeindliche nationalistisch-religiöse Aktivitäten entwickelten und entsprechende Äußerungen tätigten".
Ditib koordiniert als Dachverband etwa 900 Moscheen in Deutschland. Die Organisation ist formal ein unabhängiger deutscher Verein. Allerdings werden die Imame in den Ditib-Moscheen in der Regel von der türkischen Religionsbehörde Diyanet entsandt, die direkt der Regierung in Ankara untersteht. Kritiker werfen Ditib daher vor, der verlängerte Arm des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan zu sein.
Im vergangenen Jahr waren Ditib-Imame in Deutschland beschuldigt worden, im Auftrag von Diyanet Informationen über Regierungsgegner an die türkischen Konsulate geliefert zu haben. Der Moscheeverband hatte dies zurückgewiesen. Vorwürfe gab es auch, weil in Verbindung mit dem türkischen Einmarsch in das nordsyrische Kurdengebiet Afrin in Ditib-Moscheen für den Sieg der türkischen Soldaten gebetet wurde.
Aus Sicht des BfV belegt all dies den Berichten zufolge, dass die türkische Staatsführung Ditib als Instrument nutzt, um ihre Ziele auch auf deutschem Boden durchzusetzen. Das Bundesinnenministerium hatte bereits Ende August mitgeteilt, von der Bundesregierung würden bis auf weiteres keine Ditib-Projekte mehr gefördert. Ansonsten ist die Zusammenarbeit mit den Moscheegemeinden in Deutschland in erster Linie Sache der Bundesländer.
Die aktuelle Veröffentlichung erfolgte rund eine Woche vor dem Deutschland-Besuch Erdogans, der am Samstag kommender Woche auch an der Eröffnung der neuen Ditib-Zentralmoschee in Köln teilnehmen will. (AFP)