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Die Zentralmoschee der Ditib in Köln wird vermutlich am 29. September von Erdogan eröffnet.
© Rolf Vennenbernd/dpa

Vor Besuch des türkischen Präsidenten: Erdogan-Partei nennt Deutschtürken "Machtbastion" Ankaras

In einer Woche kommt der türkische Präsident Erdogan nach Berlin. Ein AKP-Politiker fordert zuvor Deutschtürken zur Lobbyarbeit für ihre Heimat auf.

Eine Woche vor dem Staatsbesuch des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan in Deutschland kommt das sensible Thema der Integration der Türken in der Bundesrepublik auf die Tagesordnung. Cevdet Yilmaz, der für Außenbeziehungen zuständige Vizechef von Erdogans Regierungspartei AKP, bezeichnete die Auslandstürken am Donnerstag als „große Machtbastion“ für die Türkei. Von dieser Macht solle insbesondere bei der Lobbyarbeit für die Türkei im Ausland mehr Gebrauch gemacht werden. Kritiker halten der Regierung in Ankara vor, die Türken in der Bundesrepublik für ihre Interessen einsetzen zu wollen.

Yilmaz bekräftigte in einem Gespräch mit der Nachrichtenagentur Anadolu, die Türkei unterstütze die Integration von Türken in die Gesellschaften anderer Länder, sei aber gegen eine „Assimilierung“. Es gehe darum, dass sich Türken in den verschiedenen Ländern aktiv am dortigen gesellschaftlichen Leben beteiligen sollten, „ohne die Verbindung zu ihrem Land und ihrer Identität zu kappen“.

Erster Deutschland-Besuch seit vier Jahren

Türken in Deutschland und anderen Ländern sollten sich dort stärker politisch engagieren, in Parteien eintreten und für Ämter kandidieren – „für welche Partei auch immer“, sagte Yilmaz.

Erdogan wird am 28. und 29. September in Deutschland erwartet. Nach politischen Gesprächen mit Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, Bundeskanzlerin Angela Merkel und Wirtschaftsvertretern in Berlin will Erdogan die lange umstrittene Zentralmoschee in Köln offiziell einweihen. Es ist Erdogans erster Deutschland-Besuch seit vier Jahren, bei dem es um die deutsch-türkischen Beziehungen geht. Im vergangenen Jahr hatte er am G20-Gipfel in Hamburg teilgenommen.

Bei den politischen Gesprächen dürfte es um den türkischen Wunsch nach wirtschaftlicher Unterstützung angesichts der Finanzkrise am Bosporus, die Lage in Syrien und um die Inhaftierung von Bundesbürgern in der Türkei gehen.

Ob Erdogan eine große Rede halten wird, ist noch offen

Die Türkei bemüht sich zudem um eine engere Zusammenarbeit mit Europa gegen die USA. Mit Deutschland, Japan, Schweden und der EU will die Regierung in Ankara das finanzielle Loch stopfen, das durch die Einstellung der US-Zahlungen für die UN-Flüchtlingshilfe für die Palästinenser entstanden ist; noch im vergangenen Jahr hatte Washington mehr als 350 Millionen Dollar an die UN-Agentur überwiesen.

Offen ist noch, ob und wie sich Erdogan während des Besuchs an das türkische Publikum in Deutschland wenden will. Erdogans Sprecher Ibrahim Kalin hatte vorige Woche gesagt, der Präsident wolle in der Bundesrepublik auch mit türkischstämmigen Bürgern sprechen. Nach Angaben der türkischen Botschaft in Berlin ist jedoch anders als bei früheren Besuchen keine große Ansprache vor tausenden Zuhörern geplant.

Sowohl in Berlin als auch in Köln wollen Erdogan-Gegner gegen den Besuch des türkischen Präsidenten auf die Straße gehen. Ein Bündnis aus kurdischen Gruppen, den Jusos, der Linken und andere Organisationen plant für den 28. September eine Kundgebung am Potsdamer Platz. Am selben Tag wollen auch Amnesty International sowie mehrere Journalistenverbände bei einer eigenen Veranstaltung gegen Erdogan protestieren.

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