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Sicherheitsrat berät: Vereinte Ratlosigkeit in Syrien

Seit elf Monaten bekämpft das Regime in Syrien das eigene Volk. Es muss etwas geschehen, das steht für die UN fest. Was, das soll nun endlich ermittelt werden.

Seit elf Monaten bekämpft das Regime in Syrien das eigene Volk. Tausende Zivilisten fielen den Schergen von Präsident Baschar al Assad zum Opfer, immer mehr Soldaten sterben. So viele Menschen sind inzwischen umgekommen, dass das UN-Hochkommissariat für Menschenrechte verkündete, es werde nun aufhören, die Toten und Verletzten zu zählen. „Wir können wegen der chaotischen Lage nicht mehr sagen, wie viele Menschen bei dem Volksaufstand umgekommen sind“, sagte der Sprecher des Kommissariats, Rupert Colville, am Dienstag. „Wir fordern die Regierung auf, sofort das Töten zu stoppen.“ Doch Appelle an Damaskus nutzen nichts – die Zahl der Opfer steigt weiter.

Seit dem Wochenende waren bei den Kämpfen in Syrien 300 Menschen umgekommen. Allein am Montag wurden nach Angaben von Menschenrechtsorganisationen rund einhundert Menschen getötet, darunter 55 Zivilisten.

Die syrische Opposition wie auch viele Diplomaten hoffen nun auf den UN-Sicherheitsrat. Das Gremium hat die Macht und die Legitimation, in dem arabischen Land einzuschreiten. Am Dienstagabend wollten sich die 15 Rats-Mitglieder in New York treffen, Gesandte der Arabischen Liga sollten während der Sitzung ihren Friedensplan vorstellen.

„Entweder trägt der Rat dazu bei, die Gewalt zu stoppen und einen politischen Prozess zu starten, oder Syrien könnte in einen offenen Bürgerkrieg rutschen“, sagte der deutsche UN-Botschafter Peter Wittig einem arabischen Sender.

Die UN hätte in der Tat viele Möglichkeiten, gegen Assad vorzugehen: von Finanzsanktionen wie dem Einfrieren aller Guthaben über ein Waffenembargo bis zur Autorisierung einer militärischen Intervention. „Wenn sich die wichtigsten UN-Mächte einig wären, stünde innerhalb weniger Tage eine klare Front“, sagte ein UN-Mitarbeiter. Doch genau an dieser Einigkeit hapert es: Russland würgt bislang im Sicherheitsrat jeden Versuch ab, den Konflikt zu lösen.

Moskau stützt offensichtlich eine Terrorherrschaft. Das wirft kein gutes Licht auf die Veto-Macht im UN-Sicherheitsrat.

Moskau und Damaskus verbindet eine lange politische und militärische Partnerschaft. Russland liefert Waffen an die Syrer, im Gegenzug darf die russische Marine einen Stützpunkt in dem Mittelmeerland unterhalten. Einen Machtverzicht Assads, so wie der Westen es fordert, lehnt Moskau bislang rundweg ab. Dennoch bleibe sein Land weiterhin gesprächsbereit, sagte Russlands UN-Botschafter Witali Tschurkin und verwies noch einmal auf einen eigenen, bereits im Dezember eingebrachten Resolutionsentwurf, der nach wie vor Diskussionspapier ist. Er sieht unter anderem Direktverhandlungen zwischen der Regierung in Damaskus und den Rebellen vor. Laut russischen Medien erteilten Letztere der Regierung eine Absage. Der Westen, so glauben Diplomaten in Russland, werde sich, anders als in Libyen, in Syrien nicht auf militärisches Engagement einlassen, weil der Konflikt dann auf die gesamte Region übergreifen könnte. Aus Sicht anderer Nato-Mitglieder und der Arabischen Liga machen Verhandlungen jedoch keinen Sinn.

Je länger diese russisch-syrische Allianz andauert, desto mehr gerät auch der größere Partner in ein schiefes Licht. Denn Moskau stützt offensichtlich eine Terrorherrschaft. Im Windschatten Russlands bewegt sich die UN-Vetomacht China: Auch Peking sperrt sich gegen eine klare Verurteilung des Assad-Regimes im Sicherheitsrat. Die Chinesen verfolgen weniger wirtschaftliche Interessen, sie lehnen grundsätzlich die „Einmischung“ der UN in innere Angelegenheiten der Mitgliedsländer ab.

Aber auch die großen westlichen Staaten im Sicherheitsrat, die USA, Großbritannien, Frankreich und Deutschland geben kein allzu gutes Bild ab. Seit Monaten bemühen sich Amerikaner und Europäer zwar um ein Ende des Blutvergießens. Gleichzeitig lehnen sie aber jede militärische Intervention in Syrien ab. Ein zweiter Gewalt-Eingriff in einem Land des Arabischen Frühlings nach Libyen komme nicht infrage, betonen Politiker in Washington, London, Paris und Berlin.

Außenminister Guido Westerwelle (FDP) hat am Dienstag in Kairo alle Spekulationen über einen Militärschlag gegen Syrien zurückgewiesen. „Es gibt keinerlei Diskussion im Sicherheitsrat in New York oder zwischen uns und unseren Partnern über irgendeine militärische Intervention“, sagte er. Gleichzeitig rief er den UN-Sicherheitsrat erneut zu schnellem und entschlossenem Handeln auf. „Die Gewalt des Assad-Regimes, sie muss unmissverständlich verurteilt werden“, sagte er. „Die Lage in Syrien, sie wird immer schlimmer, sie spitzt sich zu. Es ist eine Tragödie, ein Drama.“

Abseits von jeder zähen UN-Bürokratie regt sich im Westen nun auch eine neue Hoffnung: dass die bewaffnete Opposition den Sieg gegen das Assad-Regime davontragen wird – und dass bis dahin nicht mehr zu viele Syrer ihr Leben verlieren. (mit dpa)

Elke Windisch

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