Kämpferische EU: Vera Jourova spricht Klartext
Die tschechische EU-Vizepräsidentin meint es ernst mit Rechtstaatlichkeit und Medienfreiheit. Dafür legt sie sich auch mit Victor Orban an. Ein Porträt.
Für Vera Jourová dürfte es kaum eine Überraschung sein, dass sie hart vom ungarischen Regierungschef Viktor Orbán angegangen wird. Seit Jahren tritt sie in der EU-Kommission als Verteidigerin der Rechtsstaatlichkeit auf. Da ist es eine Zwangsläufigkeit, dass die Tschechin regelmäßig die Einschränkungen für die Justiz oder die mangelnde Pressefreiheit in osteuropäischen Staaten aufgreift.
Zuletzt hatte Jourová in einem Interview mit dem „Spiegel“ dem ungarischen Regierungschef angesichts der fehlenden Medienfreiheit vorgeworfen, in seinem Land eine „kranke Demokratie“ aufzubauen. Die anschließende Forderung Orbáns, dass Jourová zurücktreten solle, fiel zusammen mit der Präsentation der Rechtsstaatsberichte in sämtlichen 27 EU-Staaten. Für diesen neuartigen Rechtsstaats-TÜV ist die Vize-Chefin der EU-Kommission zuständig.
Das neuartige Instrument, mit dem alle europäischen Mitgliedstaaten unter die Lupe genommen werden, soll den Vorwurf aus Budapest und Warschau entkräften, dass die Brüsseler Kritik am Zustand der Demokratie in einzelnen Ländern stets eine antiosteuropäische Schlagseite habe.
Dass der Termin für die Präsentation des Berichts in Brüssel mehrmals hin- und hergeschoben wurde, zeigt allerdings, dass die Kommission angesichts der absehbaren Widerworte aus Polen und Ungarn durchaus nervös ist.
Jourova ist auch als Facebook-Kritikerin aufgefallen
Jourová kennt die Zustände in den EU-Mitgliedstaaten, die seit 2004 Mitglied der Gemeinschaft sind, gut. Die 56-Jährige wuchs hinter dem Eisernen Vorhang in der Kleinstadt Trebíc in der damaligen Tschechoslowakei auf. Zwei Jahrzehnte nach der Wende schloss sie sich der Partei ANO an, die sich selbst im liberalen Spektrum einordnet, aber häufig auch als populistisch beschrieben wird.
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Der tschechische Regierungschef und Multimilliardär Andrej Babis verdankte seinen politischen Aufstieg der ANO. Babis tut sich nicht schwer damit, entschieden gegen die EU auszuteilen. Gleichzeitig lässt es in Brüssel regelmäßig aufhorchen, dass Babis’ ehemaliger Konzern Agrofert im großen Stil von EU-Subventionen profitiert. Neben ihrem Einsatz für die Rechtsstaatlichkeit ist Jourova in der Kommission zudem als Facebook-Kritikerin aufgefallen. Im März 2019 rief sie Bürger dazu auf, die Plattform zu verlassen. „Ich wünschte, dass andere meinem Beispiel folgen würden", sagte die Tschechin damals und verwies auf die zunehmende Zahl der Hassparolen in der Plattform.
Die Tschechin will Fake News bekämpfen
Damals war Jourova als EU-Kommissarin für Justiz. Nach ihrem Aufstieg zur Vize-Chefin der Kommission in Brüssel vor einem knappen Jahr bleibt sie weiterhin für Fake News zuständig.
In diesem Amt bleibt sie weiterhin für die Frage der Rechtsstaatlichkeit und zudem auch weiterhin für den Kampf gegen Fake News zuständig. Gleichzeitig gehört es mehr denn je zu ihren Aufgaben, Desinformation und der gerade in Corona-Zeiten zunehmenden Verbreitung von Fake News EU-weit etwas entgegenzusetzen.
Mehr als 25 Millionen Euro will die Kommission in den nächsten Jahren zur Verfügung stellen stellen, um der in Corona-Zeiten zunehmenden Desinformation etwas entgegen zu setzen.